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FriedensBibel

FriedensBibel

Viele Texte der Bibel erzählen vom Frieden stiften. Wir haben Christinnen und Christen, kirchlich Verantwortliche und Kulturschaffende um ihre Gedanken zu Friedenstexten aus der Bibel gebeten. Hier finden Sie über 20 Beiträge – in Textform und gesprochen als Audio.

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Archiv der bisherigen Beiträge

  • Petra Bahr, Landessuperintendentin in Hannover

    Die Weisheit der Greisin

    „Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen“. 
    Epheser 4, Vers 26

    Mit diesem Satz könnte man Kriege verhindern, sagt die Greisin. „Zorn ist ein schnellwachsendes Geschwür. Es zieht Bitterkeit, Wut und Verachtung hinterher.“ Die bald Hundertjährige muss es wissen. Ein Krieg, eine Flucht, der Verlust von zwei Kindern, einem Mann und der Heimat, die Erfahrung der eigenen ideologischen Verblendung und der Schrecken über die Anfälligkeit für Kriegstreiberei im eigenen Herzen. Wie viel besser der Schlaf, wie viel schöner die Träume – morgens ohne Groll aufwachen, ohne Kränkungsstolz und dem pflegeintensiven Verletzungsgedächtnis. Wieviel friedlicher wäre es, weil die eigene Seele „zu Frieden“ gekommen wäre. Den Zorn des Tages ablegen wie die dreckige Jeans, das erhitzte Gemüt kühlen wie das verschwitzte Gesicht – vielleicht hat die alte Dame recht. Das Friedensreich beginnt an jedem Abend neu, mit einem Gebet, einer Übung in Großzügigkeit und der Bitte, dass der alte Zorn den neuen Tag nicht beschweren möge.

    Petra Bahr, Landessuperintendentin in Hannover


     

  • Johanna Haberer, Pfarrerin und Professorin für Christliche Publizistik

    Die Engel singen vom Frieden

    Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.
    Lukas 2, Vers 14

    Bei diesem Gesang der Engel in der Nacht der Geburt Gottes fallen alle Schranken.
    Gott und sein kleiner Sohn, der dieser Welt Gottes Gesicht zeigt, sie sind nicht für eine Gruppe da, für ein Volk oder eine Rasse oder für die Kirchgänger oder die Gläubigen.
    Der menschenfreundliche Gott ist nicht nur da für die, die ihn spüren und zu ihm beten, die fasten und pilgern und meditieren.
    Nein. Gott und sein kleiner Sohn, sie sind für alle da. Für die ganze Schöpfung mit ihrer ewig ungestillten Sehnsucht nach Frieden.
    Der Junge, der im Stall von Bethlehem geboren wird, wird als Erwachsener alle selig preisen, die sich wehrlos machen und ohnmächtig, die liebevoll sind und einfühlsam, hilfsbereit und barmherzig.
    All denen gehört der Himmel. All denen, die die Höllen dieser Welt verwandeln wollen. 
    All denen, die diese Welt zu einem sicheren und vertrauenswürdigen Ort machen wollen.
    All denen, die den Willen haben und keine Anstrengung scheuen, um am Frieden zu arbeiten – statt am Krieg.
    Das ist eine Richtungsentscheidung für jeden einzelnen Menschen, für Mächtige und ihre Völker. 

    Pfarrerin Johanna Haberer, Professorin für Christliche Publizistik 

  • Johann Hinrich Claussen, Kulturbeauftragter der EKD

    Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. (Matthäus 10,34)

    Als Pastor werde ich oft gefragt, welches mein Lieblingssatz in der Bibel ist. Die Antwort fällt mir schwer, weil die Auswahl zu groß ist. Dieser Vers aber ist einer meiner biblischen Nichtlieblingssätze. Er ist schwer zu verstehen. Er ist leicht, falsch zu verstehen. Als wäre Jesus ein militanter Fanatiker gewesen. Dabei wollte er gerade kein Kriegstreiber, sondern ein Friedensstifter sein. Doch wer Frieden will, darf Konflikte nicht scheuen. Er muss für die eintreten, die Gewalt leiden, und er muss denen entgegentreten, die über Leichen gehen. Dabei jedoch darf er ihnen nicht ähnlich werden. Das ist ja eine Versuchung für die, die das Gute wollen: dass sie im Gefühl moralischer Überlegenheit anderen die Anerkennung verweigern oder sogar selbst die Grenze zur Gewalt überschreiten. Davor bewahre uns dieser schwierig-paradoxe Vers!

    Pastor Johann Hinrich Claussen ist Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
     

  • Ratsvorsitzender der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

    Kurzer Impuls zu Mt 5,6

    „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen“. Starke Worte Jesu aus dem Matthäusevangelium, die mich schon als Jugendlicher fasziniert haben. Frieden stiften, Feinde lie-ben! Das Provokante, das Engagierte, Leidenschaftliche, das habe ich gemocht und das mag ich bis heute an diesen Texten. Sie verlieren ja nicht an Aktualität. Sie sind die stärkste Lebensgrundlage, die ich mir vorstellen kann. An diesem Satz Jesu bedeuten mir vor allem die alten Worte „selig“ und „stiften“ viel. Frieden „stiften“ heißt für mich, jemand geht aktiv in die Friedensarbeit hinein. Nicht nur Frieden wahren oder schützen, sondern ihn aufbauen, wo er noch nicht ist. Im Englischen heißt es daher viel treffender „peace-maker“. Der Auftrag Jesu an uns lautet also, aktiv am Entstehen des Friedens zu arbeiten – auch und gerade dort, wo er noch nicht ist. 

    Gerade am 1. September erweist sich die Wahrheit von Jesu Worten aus der Bergpredigt. Wieviel Leid ist mit dem deutschen Angriff auf Polen vor nun 80 Jahren über Europa gekommen! Wie viele unselige Gefühle von Verzweiflung, Bitterkeit und Wut über die Folgen sind damit verbunden ge-wesen. Und wieviel Glück hat es umgekehrt bedeutet, wo Deutsche und Polen Wege der Versöh-nung gegangen sind. Selig sind, die Frieden stiften! Ja, das haben wir erfahren. Und diese Erfahrung wünsche ich uns in der Begegnung zwischen Deutschen und Polen noch viel mehr in der Zukunft!
     

  • Pastorin Birgit Mattausch, Referentin am Michaeliskloster Hildesheim

    Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.
    Jesaja 2, 4

    Jesaja 2,4. Remix. 

    Da werden wir Schwerter zu Pflugscharen machen
    und Spieße zu Sicheln.
    Aus Revolvern machen wir Blumenvasen.
    Aus Maschinengewehren Toaster.
    Panzer sind ja ganz leicht umzubauen zu Kartoffelerntemaschinen.
    Oder zu Kinderkarussells. Wir brauchen nur genug Phantasie, Glitter und rosa Farbe.

    Wir zerlegen Hatespeech-Kommentare in ihre einzelnen Buchstaben und machen daraus Dada-Gedichte.
    Böse Briefe falten wir zu Schiffchen, Papierfliegern und Kranichen (manche von uns sind richtig gut darin, die helfen den anderen).
    Am störrischsten sind die Sätze, die wir zu oft gehört haben, 
    die wir uns selbst immerzu sagen:
    Nicht klug genug bin ich, nicht dünn genug, zu wenig liebevoll, geduldig, durchsetzungsstark, fromm, sexy, whatever.
    Wofür wir uns so schämen.
    Wir halten die Sätze Gott hin.
    Lange.
    Golden schmelzen sie im Licht.
    Werden sie eine Tonspur in uns: 
    Gottes Kraft ist in der Schwachheit mächtig.

    Da werden wir wohnen unter Feigenbäumen.
    Und in Baumhäusern mit Balkons, auf denen Tomaten wachsen, Schafgarbe und Frieden.

    Kommt nun. Lasst uns wandeln im Licht des EWIGEN.


    Pastorin Birgit Mattausch, Referentin am Michaeliskloster Hildesheim

  • Fabian Vogt, Schriftsteller, Künstler und Theologe

    Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens. 
    1. Korinther 14,33


    Verwegene These, oder? Das Gegenteil von Frieden wäre demnach nämlich vor allem die Unordnung. Das Durcheinander. Das Chaos. „Tohuwabohu“, wie es schon in der Bibel heißt. Tumult, Willkür und Konfusion. Kein Wunder, dass der griechische Name für den Teufel, Di-abolos, „Durcheinanderbringer“ bedeutet. 
        Da, wo Menschen nicht wissen, worauf sie sich verlassen können und wem sie ver-trauen dürfen, ist der Frieden in Gefahr. Im Großen wie im Kleinen. Denn Paulus hat diesen Satz für eine Kirchengemeinde geschrieben: Die Gemeinschaft von Glaubenden soll sich dadurch auszeichnen, dass sie mit Konflikten anders umgeht als andere; liebevoll und mit einem Geist der Versöhnung. 
        Darin steckt die Botschaft: Wenn Christinnen und Christen sich streiten, dann können sie sicher sein, dass Gott sich dagegen verwehrt. Leidenschaftlich diskutieren und argumen-tieren: gerne! Aber das Durcheinander fördern: bitte nicht! Die Gegenwart Gottes wird da spürbar, wo Menschen zu Friedensstiftern werden. Egal, wo … 


    Fabian Vogt ist Schriftsteller, Künstler und Theologe 

  • Dr. h.c. Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und stellvertretende Vorsitzende des Rates der EKD

    Randvoll Schalom

    Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden
    mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. (Römer 5,1)

    „Wir haben Frieden!“ Haben wir? Es sind große Worte, die Paulus hier in die Welt setzt: Wir haben Frieden. Leben im vollen Genug. Für dich und mich. Für uns. Für alle. Leben randvoll Schalom, heißt es. 
    In unseren Tagen ist „Frieden“ wieder zurückhaltend kleinlaut – angesichts der Krisen und Kriege weltweit, angesichts von Klima-Not und Hunger, angesichts der wackligen Fundamente Europas. Da tun wir uns schwer mit den großen Worten. Was aber wären wir ohne sie? Ohne die Kraft, die in ihnen steckt? Ohne die Verheißung, die weit über unsere Wirklichkeit hinausgeht? Ohne die Hoffnung, die größer ist als unser kleiner Glaube? Ohne die Liebe, die weiter ist als unser enges Herz?
    Wohlgemerkt: Nicht die Welt ist es, der Paulus „Frieden“ nachsagt. Wir sind es. Wir haben Frieden, weil Gott es so will, und zwar Frieden mit ihm. Gott stellt klar, wie er zu uns steht: freundlich, aufmerksam, wohlgesonnen, liebevoll-versöhnt. Endgültig. Ohne jedes Könnte oder Sollte. Auf diesem Fundament stehen wir. Aus dieser Gewissheit leben wir. Aus dieser
    Hoffnung handeln wir Christen in unserer Welt, die vielerorts so wenig vom Frieden spürt und ihn so schmerzlich vermisst.
    Wir haben Frieden mit Gott. „Frieden mit Gott ist das Gegenteil von aller berauschten Sicherheit“, sagte Johannes Calvin. Frieden mit Gott, das ist wartendes Verlangen, das ist engagierte Ungeduld, das ist tatkräftige Liebe und handfeste Aufgabe: damit endlich sichtbar wird, was wir verlangen und erwarten, Leben im vollen Genüge, randvoll Schalom. Für dich und mich. Für uns. Für alle. Ohne Hätte-Wenn-und-Aber.

    Dr. h.c. Annette Kurschus,
    Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und
    stellvertretende Vorsitzende des Rates der EKD

  • Johannes Block, Wittenberger Stadtkirchenprediger

    Der HERR segne dich und behüte dich;
    der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
    der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
    4. Mose 6,24-26

    Am Ende kommt das Schönste
    Am Ende kommt das Schönste! Am Ende eines Gottesdienstes kommt der Segen. Unter dem Zuspruch des Segens gehen Menschen wieder in den Alltag und an die Arbeit. Es ist ein beglückender Moment im Pfarrerleben, Segen zuzusprechen. Jemanden segnen heißt, einem Menschen etwas zuzutrauen – auch wider allen Augenschein und gegen jede Prognose. Der zugesprochene Segen öffnet das Leben über sich selbst hinaus – über das eigene Tun und Machen, Planen und Sorgen, Scheitern und Verzweifeln. Am Ende schenkt der Segen großen Frieden: Niemand muss sich das Leben selbst bewahren; es ist ein überbordendes Geschenk, das wie von Gottes Hand reichlich ausgeteilt wird. Jetzt findet man einen inneren Frieden, der sich auf das Miteinander in der Welt auswirkt. In den politischen Debatten wird ein entscheidender Zusammenhang häufig übersehen: Der äußere Frieden der Welt wurzelt im inneren Frieden des Herzens. Im Gottesdienst endet der zugesprochene Segen mit dem Wort Frieden. Am Ende kommt das Schönste!


    Dr. Johannes Block ist Pfarrer an der Stadtkirche in Lutherstadt Wittenberg
     

  • Sandra Bils, Pfarrerin und Referentin der ökumenischen Bewegung „Kirchehoch2“.

    Fürchte dich nicht, Schatz! Frieden sei mit dir! Sei stark und nochmals stark! Als er so mit mir redete, wurde ich gestärkt und sagte: Möge mein Herr reden! Ja, du hast mich gestärkt.) 
    Daniel 10,19
    (Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache)


    Im Friedensgruß geht es nicht nur um mein Gegenüber, sondern auch um mich selbst. Ähnlich wie bei „Liebe deinen Nächsten und Deine Nächste wie dich selbst“ rutsche ich mir nur oft selbst aus dem Fokus. Der Friede, den ich anderen wünsche, fängt jedoch bei mir an. 

    Selbstcheck: Bin ich mit mir im Reinen und Einklang? Habe ich meinen Frieden geschlossen mit meinen nervigen Seiten und Fehlern?

    Ich merke, um ganz tief innerlich mit mir selbst im Frieden zu sein, so sehr, dass es auch für Andere reicht, muss ich mir diesen Frieden auch zusprechen lassen und lernen, ihn anzunehmen. Denn diesen Frieden kann ich nicht selbst machen. 

    Fürchte dich nicht, Schatz! 
    Frieden sei mit dir! Sei stark und nochmals stark! 


    Gott spricht uns Frieden zu. 
    Ein Schalom nicht nur als Abwesenheit von Unheil, Unglück und Krieg, sondern auch als Heilsein und Wohlergehen.

    So viel Gnade, Liebe, Angenommensein, dass ich aus dieser Zu-Friedenheit auch die Anderen in den Blick nehmen kann, um dann von Herzen zu sagen: Friede sei mit dir. 

    Pfarrerin Sandra Bils ist Referentin der ökumenischen Bewegung „Kirchehoch2“.

    Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
     

  • Hinrich C. G. Westphal Pastor i. R., Gründer von „7 Wochen ohne“ und „Andere Zeiten e.V.

    Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.
    Philipper 4, 7

    Der Begriff „Frieden“ ist in aller Munde, sehnsuchtsvoll, theoretisch, propagandistisch. Ich fürchte, dass er bei inflationärem Gebrauch zu einer leeren Hülle wird.
    Wohin das führen kann, zeigte Heinrich Böll in einer satirischen Kurzgeschichte, in der eine psychisch gestörte Frau zwei Jahre lang jeden Abend Weihnachten feiern muss. Ihre Familie inszeniert eine überbordende Tannenbaumtherapie, und eine silbrig gekleidete Engelsfigur flüstert – von einer Schallplatte gefüttert — wieder und wieder „Frieden“, „Frieden“. Doch die Familienmitglieder halten diesen „Frieden“ auf Dauer nicht aus, sie lassen sich am Ende von Schauspielern ersetzen.
    Gottes Frieden ist mehr als eine sinnentleerte Phrase, auch mehr als die Abwesenheit von Krieg. Er ist eine verwandelnde Kraft, die unser Denken, Fühlen und Handeln bewahren will, ganz im Sinne Jesu. Wer von Gottes Frieden und seiner Vergebung lebt, kann das glaubwürdig an unsere zerrissene Gesellschaft weitergeben … und selbst Friedensstifter werden. 

    Hinrich C. G. Westphal
    Pastor i. R., Gründer von „7 Wochen ohne“ und „Andere Zeiten e.V.
     

  • Nora Steen, Pfarrerin und Geschäftsführerin und theologische Leiterin des Christian Jensen-Kollegs in Breklum

    „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ 
    Johannes 14,27

    Ich mag das Johannes-Evangelium. Ich schätze die klare Sprache. Kein Wort zu viel. Und keins zu wenig. Johannes redet nicht um den heißen Brei herum. Schon gleich am Anfang nicht, wenn es heißt: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Baff. Das rutscht gleich ins Herz.
    So ähnlich ist es auch, wenn es um Frieden geht. Glasklar, ohne groß drum herum zu reden, steht da: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ 
    Für mich persönlich heißt das: Frieden, der von Gott kommt, ist anders, als ich es erwarte. Er kommt durch die Hintertüren und gerade dann, wenn kein normal denkender Mensch mehr von Frieden sprechen würde. Wo sich ehemals verfeindete Menschen neu begegnen können. Ich habe das bei einer palästinensisch-israelischen Jugendbegegnung in Bethlehem erlebt. Feindbilder brachen auf, weil alle ihre Geschichte miteinander geteilt haben. Gott schenkt Frieden. Oft durch die Hintertür. Die Hoffnung daran, dass das immer und jeden Tag in unserer Welt passiert, will ich niemals aufgeben.

    Pfarrerin Nora Steen ist Geschäftsführerin und theologische Leiterin des Christian Jensen-Kollegs in Breklum.

     

  • Clemens Bittlinger, Pfarrer und Liedermacher

    Wer festen Herzens ist, dem bewahrst du Frieden; denn er verlässt sich auf dich.
    Jesaja 26,3

     

    „Der ist nicht auf den Kopf gefallen!“ sagen wir manchmal und meinen damit, dass jemand in der Lage ist, schnell und klar zu denken und zu handeln. Und wenn uns etwas „auf den Magen schlägt“, dann steht das Organ „Magen“ für unsere Gefühle und unser Empfindungsvermögen. In der hebräischen Sprache wird es noch spannender: Dort ist mit dem Wort „Herz“ nicht nur einfach das entsprechende Organ, sondern auch ein tiefes Verstehen und Erkennen gemeint. „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an.“ (1. Samuel 16,7) lesen wir an anderer Stelle im Alten Testament. „Herz“ steht hier für die Qualität eines Menschen. Unsere Welt braucht Menschen mit einem „festen Herzen“, in sich stabile und mutige Persönlichkeiten, die den kalten Winden der Fremdenfeindlichkeit und der um sich greifenden Gleichgültigkeit standhalten, ohne dabei selbst zu verzweifeln. Wer sich im Vertrauen auf Gott dem Unfrieden dieser Welt entgegenstellt, dem hilft der Schöpfer mit seinem Schalom, innere Ruhe zu bewahren.

     

    Clemens Bittlinger
    Pfarrer und Liedermacher  

  • Christina Brudereck, Theologin und Schriftstellerin

    Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit. Und der Friede Christi, zu dem ihr berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen.

    Kolosser 3,14-15

     

    Heilige Klamotten

     

    Eine Idee der Bibel:
    Wir könnten diese besonderen Kleider anziehen.
    Erbarmen von Herzen.
    Gütekraft.
    Dienemut.
    Menschenfreundlichkeit.
    Ausdauer.
    Nachsicht miteinander.
    Verzeihen.
    Über allem, wie ein warmer Mantel die Liebe.
    Das Herz eingehüllt in Frieden.
    Heilige, alltagstaugliche Klamotten:
    Wir könnten uns anziehen lassen von Gott.
    Dem großen Modeschöpfer.
    Um der Person, die jeweils vor uns steht, gerecht zu werden.
    Die uns fragt: „Wirst Du freundlich sein zu mir?“
    „Wirst Du das Heilige in mir achten? Auch wenn ich Dir fremd bin.“
    Wir könnten einander kleiden.
    Niemanden bloßstellen.
    Kein Feigenblatt, kein Mäntelchen.
    Ein Gewand.
    Eine Tunika, eine Robe macht Gott den Menschen schon im Paradies.
    לָבַשׁ, labash, heißt es da. Hebräisch „Kleiden“.
    Oder: „Eine Person zum Priester, zur Priesterin zu machen.“
    Eine schöne Idee.
    Wir alle sind eingekleidet.
    Tragen Zeichen der Würde.
    Der Friede schützt uns vor Kälte.
    Steht uns gut.
    Macht uns schön.

     

    Christina Brudereck
    Theologin und Schriftstellerin

  • Tim Niedernolte, Fernsehmoderator und Buchautor

    Jage aber nach der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe, dem Frieden mit allen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.
    2. Timotheus 2,22

     

    Wir sollten wieder mehr auf die Jagd gehen. Mitten im Alltag, im Zweifelsfall sogar im eigenen Revier. Ein älterer Mann quält sich da nämlich grad die vier Stockwerke hoch, bepackt mit zwei schweren Taschen. Wir pirschen uns langsam heran und dann…  Zugriff!

    „Herr Biermann – darf ich Ihnen die Taschen in die Wohnung tragen?“ – Unser erstes „Opfer“ lächelt erleichtert.

    Später, beim ungeliebten Pflichttermin auf dem Bürgeramt, ziehen wir einfach mal zwei Wartenummern und quetschen uns neben genervte Menschen. Nach uns kommt eine Frau ins Amt gehetzt. Sie zieht ihre Nummer und lässt sie auf den letzten freien Platz fallen... Wir sind dran. Doch statt direkt ins Bürgerbüro zu gehen, erst noch zu der gestressten Dame, um ihr die zweite Nummer geben. „Sie sind als Nächstes dran.“ Verständnislose Blicke voller Dankbarkeit ernten.

    Merken Sie was? Wir sind ziemlich erfolgreich unterwegs. Und es ist noch nicht mal Mittag.

    Jagen ist so einfach, und dabei so effektiv. Es kann uns immer mehr in Fleisch und Blut übergehen. Ein Lächeln, eine Geste, ein nettes Wort. Entscheidend ist allerdings die Wahl unserer Waffe. Eine mit Liebe. Die „Wunderwaffe Wertschätzung“.

     

    Tim Niedernolte, Fernsehmoderator und Buchautor

  • Margot Käßmann, Pastorin und Landesbischöfin i. R.

    Wolf und Lamm sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Man wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.
    Jesaja 65,25

    In Gottes Zukunft wird alles anders sein. Not und Leid haben ein Ende, Tiere leben friedlich beieinander, Menschen kennen eine Bosheit mehr. Was für eine wunderbare Vision des Propheten Jesaja! Ja, ich weiß, über Visionen wird gern gelächelt. Aber wie eng wird die Welt, wenn es keine großen Hoffnungen mehr gibt, sondern nur noch kleine zaghafte Schritte der Realpolitik?

    Die Bibel inspiriert uns durch ihre prophetischen Bilder, jetzt und hier wenn auch in kleinen Schritten unseren Beitrag zu leisten, damit sie wahr werden können. Sie sind eben gerade nicht „Opium des Volkes“, mit dem wir uns betäuben, weil wir Krieg, Leid und Not nicht ertragen und schlicht auf die kommende Welt warten. Vielmehr sind sie Antriebskraft, die Welt zu verändern, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass Frieden möglich ist. Deshalb treten Christinnen und Christen in aller Welt für die Überwindung von Gewalt ein, deshalb engagieren wir uns in Deutschland für ein Ende der Rüstungsexporte und neue Konzepte von Konfliktlösung.

    Margot Käßmann
    Pastorin und Landesbischöfin i. R.

  • Renke Brahms, Friedensbeauftragter des Rates der EKD

    Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt.
    Johannes 16, 33

    Ist Frieden eher innerlich oder politisch? Oder ist das gar kein Gegensatz?

    Als Jugendlicher bin ich von einer sehr innerlichen Frömmigkeit geprägt gewesen: In Jesus Christus finde ich meinen Frieden mit Gott, mache meinen Frieden vielleicht auch mit mir selbst und meinen Unzulänglichkeiten – und mit den Menschen in meiner direkten Umgebung. An die große Politik habe ich dabei nicht gedacht. Später gehörte ich zu der Generation, die im Bonner Hofgarten mit 100 000 anderen gegen die Aufrüstung demonstriert hat. Da waren die Gefahren eines atomaren Krieges Thema und es ging um die große Politik.

    Heute weiß ich, dass beides zusammengehört. Aus welchen Quellen ich schöpfe, hat unmittelbare Auswirkungen auf meine Fähigkeit, Frieden stiften zu können. Nur weil ich in Jesus Christus Frieden finde, kann ich im Engagement für den Frieden durchhalten. Und gleichzeitig gilt: wer sich auf den Weg der Gewaltlosigkeit Jesu begibt, kann nicht nur an sich selbst denken, sondern wird immer an andere Menschen gewiesen, deren Leben von Krieg und Gewalt bedroht sind – ob sie hier bei uns leben oder im Jemen, in der Ukraine oder anderswo. So leben wir aus Gottes Frieden – und setzen uns für den Frieden ein.

    Pastor Renke Brahms ist Friedensbeauftragter des Rates der EKD und Direktor der Evangelischen Wittenbergstiftung.