Einsatz für verfolgte Christen

Interview mit Sabine Dreßler, Referentin für Menschenrechte bei der EKD

Ein armenischer Christ steht in einer von einem Luftschlag getroffenen armenischen Kirche in Rakka und ist vor einem improvisierten Kreuz ins Gebet vertieft

Ein armenischer Christ steht in einer von einem Luftschlag getroffenen armenischen Kirche in Rakka und ist vor einem improvisierten Kreuz ins Gebet vertieft.

Ein pakistanisches Gericht verurteilte 2010 die Christin Asia Bibi wegen Gotteslästerung zum Tode. Der Oberste Gerichtshof Pakistans hob das Urteil Ende Oktober auf. Was hat die EKD in all den Jahren für Asia Bibi getan?

Sabine Dreßler: Wir haben schon 2013 zusammen mit der Deutschen Bischofskonferenz im „Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit für Christen weltweit“ auf ihr Schicksal hingewiesen, ebenso im zweiten Bericht von 2017. Wir tauschen uns stets über Partnerkirchen vor Ort und über diplomatische Beziehungen über die Situation aus.

Wie kann sich die EKD generell für verfolgte Christen in anderen Ländern einsetzen?

Dreßler: Ihre Situation publik machen. Asia Bibis Fall ist sehr dramatisch. Von anderen Christen bekommt die Öffentlichkeit wenig oder nichts mit. Aber oft ist es auch sicherer für die Betroffenen, wenn wir nicht alles bekannt machen. Asia Bibi sucht ein Land, in dem sie sicher mit ihrer Familie leben kann. Da muss nicht alle Welt ihren Aufenthaltsort erfahren.

Können Sie auch richtig aktiv werden?

Dreßler: Wir sprechen auch mit Politikern und Diplomaten. Wenn ich den ägyptischen Botschafter in Deutschland bitte, noch mehr für die Sicherheit der Kopten zu tun, dann nimmt er das mit ganz wachen Augen auf. Am Sonntag Reminiszere in der Passionszeit fordern wir die Gemeinden in Deutschland auf, Fürbitte zu halten. Dazu verteilen wir Informationen über die betreffenden Länder. 2019 geht es um die Lage in Nigeria. Bei Menschenrechtsverletzungen durch Terrororganisationen wie Boko Haram oder den IS hat man ja ein komplett anderes Gegenüber. Da kann man nicht mit Menschenrechten kommen. Aber wir halten die Kraft des informierten Gebetes für wichtig.

In welche Länder hält die EKD besonderen Kontakt zu bedrängten christlichen Minderheiten?

Dreßler: In den vergangenen Jahren stand die Situation im Nahen Osten im Mittelpunkt. Da werden ganze Gemeinschaften durch die Terrororganisation IS vertrieben und ermordet. In Aleppo und Homs lebten trotz aller Zerstörung weiterhin Menschen. Da helfen wir unter anderem mit dem Wiederaufbau zerstörter Kirchen. Wir empfangen auch geflohene Christen in Deutschland. Ich fahre nie aus dem Libanon weg, ohne dass mich jemand bittet, nach Verwandten in Deutschland zu sehen. Im Berliner Dom haben Kirchenführer aus dem Nahen Osten miteinander gefeiert und bekräftigt, dass wir trotz aller unterschiedlichen Erfahrungen alle zusammengehören.

Die evangelikale Hilfsorganisationen Open Doors veröffentlicht regelmäßig einen Index verfolgter Christen. Wie stehen Sie dazu?

Dreßler: Wir sagen: Verfolgung lässt sich nicht so einfach zählen. Das ist immer unterschiedlich: Schikane, Benachteiligung, aber auch Bedrohung an Leib und Leben. Mal verfolgt der Staat, oft sind es auch ethnische oder andere Konflikte. Wir sehen Religionsfreiheit oft auch mit anderen Menschenrechten verletzt: dem Recht auf freie Meinungsäußerung oder Pressefreiheit, auch mit Frauen- und Kinderrechten. Als EKD sehen wir das differenzierter. Gleichzeitig merke ich: Das Thema Religionsfreiheit wird auch bei uns in Deutschland immer wichtiger. Und wir sorgen uns ja gemeinsam mit Open Doors um den Schutz und die Sicherheit von Schwestern und Brüdern. Demnächst besuche ich das Zentrum von Open Doors in Kelkheim.

Das Interview führte Burkhard Weitz (chrismon)

Cover „Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2017“

Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2017


Das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit:
Bedrohungen – Einschränkungen – Verletzungen
Gemeinsame Texte Nr. 25