Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens

Gewaltsame Konflikte und zivile Intervention an Beispielen aus Afrika - Herausforderungen auch für kirchliches Handeln. EKD-Text 72, 2002

Leitsätze und Thesen

  1. Religiöse Identität kann bei der Gruppenbildung von Konfliktparteien und für die Legitimierung von Gewalthandlungen eine wichtige Rolle spielen. Aber Religionen und Religionsgemeinschaften können auch ein wichtiges Potenzial zur Wahrung und Wiederherstellung des Friedens und zur Versöhnung entfalten.
  2. Ein entscheidender Faktor für die gewaltsame Austragung von gesellschaftlichen Konflikten liegt in der Aushöhlung von Staaten und staatlicher Autorität. Staaten zerfallen nicht, sie werden zerstört.
  3. In vielen Fällen ist der Krieg selbst, nicht erst der erhoffte Sieg, mit erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen für die Kriegsherren verbunden, die nur in einem rechtsfreien Raum zu realisieren sind.
  4. Auch ein noch so archaisch anmutendes Gewaltgeschehen im entferntesten Winkel der Erde ist mit dem Weltmarkt verbunden. Der Zugang zum globalen Markt macht die Gewaltherrschaft über Naturschätze und Produkte profitabel. Wirtschaft und Politik müssen gemeinsam dazu beitragen, die Möglichkeiten einer gewaltsamen Austragung von Konflikten zu verringern.
  5. Die heutigen Kriege werden vor allem mit sogenannten Kleinwaffen ausgetragen, die zwischen den verschiedenen Krisengebieten oder Industrieländern und Kriegsgebieten gehandelt werden
  6. Entwicklungs- und Katastrophenhilfe, von der oft das Überleben von Hunderttausenden oder gar Millionen von Menschen abhängt, kann von kriegsführenden Parteien in ihr militärisches Kalkül miteinbezogen werden.
  7. Staatliche Einflussnahme kann den Entscheidungsspielraum der nicht-staatlichen Hilfsorganisationen einschränken.
  8. Nothilfe- und Entwicklungsorganisationen müssen in gewaltsamen Konflikten kontinuierlich überprüfen, inwieweit ihr Handeln gewaltminimierend oder gewaltverschärfend wirkt.
  9. Zur Reduzierung von Gewalt in gesellschaftlichen Konflikten ist eine wirksame Kontrolle des Handel mit Produkten nötig, die aus Kriegszonen stammen und zur Finanzierung von Kriegen genutzt werden.
  10. Ein wichtiger Ansatz für externe Intervention sind die Einrichtungen und Gruppen in der Bevölkerung, die nicht aktiv in das gewaltsame Konfliktgeschehen einbezogen sind.
  11. Es ist auch Aufgabe der Kirchen, eine Politik der Krisenprävention und Konfliktbearbeitung zu verfolgen, statt sich allein auf die zivilisierende Wirkung von Entwicklung und Demokratisierung zu verlassen.
  12. Nichtregierungsorganisationen müssen sich davor hüten, dem Aufbau eigener Hilfenetzwerke Priorität vor dem Aufbau öffentlicher Einrichtungen zu geben. NRO können demokratische Strukturen nicht ersetzen.
  13. Kirchen in Industriestaaten müssen in ihren Dialogen mit der Wirtschaft auch die Fragen aufgreifen, die sich aus der Verbindung lokaler Kriegsökonomien mit dem Weltmarkt ergeben. Dieser Aspekt muss auch in der Kontroverse um Globalisierung mitbedacht werden.
  14. Ein ziviler Friedensdienst muss nach dem Prinzip des geringsten Eingriffs, dem Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe und unabhängig von staatlichen Einflüssen gestaltet werden.
  15. Kirchen, humanitäre Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, zivile Friedensdienste haben Wirkungsmöglichkeiten, um die gewaltsame Austragung von Konflikten zu verhindern oder zu ihrer Beendigung beizutragen. Aber niemand kann Frieden für andere machen. Frieden muss von innen, aus der jeweiligen Gesellschaft heraus, wachsen.
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