Evangelische Kirche begrüßt Einigung zu Flüchtlingsbürgen

Flüchtlingsrat: Betroffene müssen sich weiter Sorgen machen

Berlin/Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt die Einigung von Bund und Ländern im Konflikt um die Rückzahlung von Sozialleistungen für syrische Flüchtlinge. Er sei erleichtert, dass endlich eine Lösung für das Problem der Verpflichtungserklärungen gefunden worden sei, sagte der Bevollmächtigte des Rates der EKD in Berlin, Prälat Martin Dutzmann. Der niedersächsische Flüchtlingsrat sieht die politische Einigung jedoch skeptisch.

Dutzmann zeigte sich erleichtert, dass Bund und Länder für die Rückforderungen an die Bürgen aufkommen wollen. „Bund und Länder erkennen das persönliche, auch finanzielle Engagement vieler Menschen für Geflüchtete an und beenden eine lange Zeit der Ungewissheit“, betonte der Theologe.

„Grundsätzlich sind wir erleichtert, dass es zu einer Einigung gekommen ist, allerdings bleiben viele Fragen offen“, sagte Geschäftsführer Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat am Freitag dem epd. „Das, was wir bisher wissen, heißt leider nicht, dass alle Verfahren mit einem Federstreich beendet sein werden.“

Weber: „Es ist auch weiterhin eine Einzelfallprüfung angesagt“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte am 24. Januar in Berlin erklärt, Bund und Länder hätten sich auf eine Lösung verständigt. Er werde die Jobcenter anweisen, von den Rückforderungen abzusehen, sagte Heil. Wer vor dem Jahr 2016 rechtlich falsch beraten worden sei oder für wen die Rückforderung eine besondere Härte darstelle, müsse nicht zahlen. Nach Worten des Ministers übernehmen Bund und Länder die Kosten anteilig. Eine genaue Summe nannte er aber nicht.

Gerade die Formulierungen Heils, wonach derjenige nicht zahlen müsse, der „rechtlich falsch beraten worden sei“ oder für den die Rückforderung „eine besondere Härte“ darstelle, seien empfindliche Einschränkungen, die Raum für Interpretationen ließen, kritisierte Weber: „Es ist auch weiterhin eine Einzelfallprüfung angesagt, und die Flüchtlingsbürgen müssen sich weiter Sorgen machen.“

Bundesweit hatten Jobcenter von Flüchtlingsbürgen mindestens 21 Millionen Euro an Sozialleistungen zurückgefordert

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius hatte am 24. Januar zwar angekündigt, zu einer Erstattungspflicht durch die Bürgen werde es jetzt grundsätzlich nicht mehr kommen. Weber wollte diese Sicht aber nicht uneingeschränkt teilen. Es sei genauso gut denkbar, dass die Ausländerbehörde in Einzelfällen argumentieren werde, sie habe ausreichend über die unterschiedliche Rechtsauffassung von Bund und Land Niedersachsen hinsichtlich der Dauer der Zahlungsverpflichtungen aufgeklärt.

Auch andere Initiativen von Flüchtlingsbürgen haben die Einigung zurückhaltend aufgenommen. So sei nur von den Forderungen der Jobcenter die Rede, nicht aber von den Ansprüchen der kommunalen Sozialämter an Flüchtlingsbürgen, sagte Rüdiger Höcker vom Kirchenkreis Minden. Diese machten aber ein Viertel aller Bürgschaften aus, erklärte Christian Osterhaus vom Koordinationskreis Bonner Bürginnen und Bürgen. Unklar sei auch, ob Bürgen die bereits gezahlt hätten, ihr Geld zurückbekommen, und was aus den zum Teil hohen Anwalts- und Gerichtskosten werde. Osterhaus und Höcker verlangten außerdem eine Präzisierung Heils hinsichtlich des Stichtages für den Verzicht auf Rückforderungen.

Bundesweit hatten Jobcenter von Flüchtlingsbürgen mindestens 21 Millionen Euro an Sozialleistungen zurückgefordert. Viele Betroffene wehrten sich gerichtlich.