Lisa Groß und Miriam Menzel

„Frei und Gleich“: Menschenrechte kennen und schützen

Lisa Groß und Miriam Menzel über Engagement, Wirkung und neue Formate der EKD-Initiative

Mit der Initiative „Frei und Gleich“ zeigt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), wie sich jede und jeder im Alltag für Menschenrechte einsetzen kann. Warum das derzeit nötiger ist denn je, erzählen die Projektleiterinnen Miriam Menzel und Lisa Groß im Interview.

Was war der Auslöser für den Start der EKD-Menschenrechtsinitiative „Frei und Gleich“?

Miriam Menzel: Nach der erfolgreichen ersten Phase von Frei und Gleich 2018 hat die EKD vor zwei Jahren beschlossen, die Menschenrechtsinitiative auszuweiten und zu stärken. Der Zeitpunkt war und ist genau richtig, denn: Weltweit werden geltende Menschenrechtsabkommen unterlaufen, eingeschränkt und verletzt. Selbstverständlich geglaubte Übereinkünfte und Rechte erodieren, werden in Frage gestellt oder unverhohlen gebrochen. Die Verteidigung der Menschenrechte wird immer dringlicher. Die Kirche ist in dieser Lage eine wichtige Akteurin. Der klare biblisch-theologische Auftrag für ihre Menschenrechtsarbeit ergibt sich aus dem Gebot der Nächstenliebe, dem Schutz der Schwachen und der Verteidigung der Würde eines jeden Menschen als Gottes Ebenbild. Da wir auf dieser Basis mit Frei und Gleich auch Menschen über den kirchlichen Bereich hinaus ansprechen, verstehen wir uns als einen Beitrag zur Stabilisierung von Demokratie und gesellschaftlichem Frieden.

Lisa Groß: In unserer Arbeit leitet uns die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, die uns allen die gleichen Rechte zuspricht: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ (Art. 1, AEMR) – eine wichtige Lehre aus dem Nationalsozialismus. Wir beobachten jedoch, dass die Menschenrechte auch hier in Deutschland zunehmend unter Druck geraten, nicht mehr so ernst genommen werden oder als optional angesehen werden. Klar wird das z.B. mit Blick auf das Recht auf Asyl oder die zunehmende Diskriminierung von queeren Menschen.

Miriam Menzel: Mit den aktuellen und kommenden Angeboten von Frei und Gleich wollen wir zeigen, dass die Menschenrechte uns alle schützen und dass wir sie zugleich alle schützen müssen. Daher machen wir erlebbar, wie man sich ganz konkret im Alltag für die Menschenrechte stark machen kann – vielfältig und kreativ.

Am 12. Juni 2025 waren Sie mit der Human Rights Night in Chemnitz. Welche Rückmeldungen haben Sie dazu gekommen?

Lisa Groß: In erster Linie Dankbarkeit – davon war ich wirklich überrascht! Wir haben uns im Vorfeld viel damit auseinandergesetzt, was unsere Rolle ist als Initiative, die ‘von außen’ kommt und wie wir zum Dialog in Chemnitz beitragen können. Viele Besucher:innen haben sich bei uns bedankt, dass wir da waren und eine solche hoffnungsvolle Veranstaltung auf die Beine gestellt haben in ihrer Stadt. Und auch wir haben viel mitgenommen: Ich bin noch immer beeindruckt von dem Mut und der Resilienz, mit der sich viele Engagierte in Chemnitz für Demokratie und gegen den Rechtsruck einsetzen. Die Human Rights Night in Chemnitz war bereits die zweite Veranstaltung der Reihe. Gestartet sind wir am 30. Januar in Berlin – im Herbst folgt noch eine dritte Veranstaltung.

Inwieweit sehen Sie konkrete Veränderungen in der Wahrnehmung von Menschenrechten in Deutschland seit Beginn der Initiative?

Lisa Groß: Ich würde sagen, dass es heute im Jahr 2025 wesentlich düsterer aussieht als noch vor ein paar Jahren. Ich denke da z.B. daran, dass die Rechte von Schutzsuchenden immer weiter eingeschränkt werden, dass man ihnen die Zusammenführung mit ihren Familien untersagt und Abschiebungen in Länder wie Afghanistan und Syrien immer wieder erwogen werden. Zugleich gibt es heute wesentlich mehr Bewusstsein und Aufmerksamkeit für menschenrechtliche Themen. Das macht Hoffnung! Wir sehen also, dass wir mit Frei und Gleich das richtige tun und dass der Zeitpunkt (leider) nicht passender sein könnte.

Welche neuen Formate und Themen sind bei „Frei und Gleich“ demnächst geplant?

Miriam Menzel: Wir arbeiten zum einen an neuem Merchandise: Bald veröffentlichen wir eine neue Produktlinie im Frei und Gleich-Shop, die in Kooperationen mit Künstler:innen entstanden ist und ihre Designs zum Thema Menschenrechte auf  T-Shirts, Beutel und Plakate bringen. Diese Produkte  sind eine Möglichkeit, ganz einfach und niedrigschwellig ein Statement im Alltag zu setzen: Für Menschenrechte. Für Gerechtigkeit und Solidarität. Zum anderen werden wir ab Herbst einen „Flashmob-Fächer“ anbieten, der sich insbesondere an junge Zielgruppen und Leitungen von Jugendgruppen richtet. Der Fächer enthält leicht verständliche Anleitungen und Ideen für dezentral umsetzbare Aktionen. Damit kann der Einsatz für Menschenrechte schnell ganz praktisch werden! 

Besonders gespannt sind wir auf die neue Wanderausstellung „ZUSAMMEN.FREI UND GLEICH“. Sie soll eine Ausstellung zum Anfassen und Mitmachen werden und anhand konkreter Themen wie Wohnen, Bildung und Religionsfreiheit dazu einladen, die Bedeutung von Menschenrechten im eigenen Leben zu entdecken. Und wir wollen auch hier darauf aufmerksam machen, dass wir uns alle zusammen für Menschenrechte einsetzen müssen.  Interessierte, die die Ausstellung zu sich holen möchten, finden hierzu erste Informationen auf unserer Website und können sich gern jetzt schon bei uns melden.

Wie kann jede*r Einzelne sich engagieren?

Miriam Menzel: Erst wenn wir unsere Menschenrechte kennen, können wir sie auch verteidigen. Insofern: Sprecht miteinander, über das, was euch bewegt und umtreibt, über das, was sich verändern muss für eine offene und solidarische Gesellschaft. Organisiert euch mit Freund:innen und Gruppen, vernetzt euch mit gleichgesinnten Initiativen und macht euch gemeinsam stark.

Wir helfen euch gern dabei: Im Frei und Gleich-Shop könnt ihr kostenlos Materialien bestellen, wie Klatschpappen für Demos, „Menschenrechte für die Hosentasche“ oder Sticker. Und – falls ihr euch oder andere Lieblingsmenschen beschenken wollt – findet ihr dort auch zwei neue, sehr schöne Pullover in grau und lila. Vielleicht fühlt sich jemand anders sicherer oder gesehen, wenn du einen Hoodie anhast, der zeigt, dass dir die Menschenrechte am Herzen liegen. Und: Holt die Frei und Gleich-Wanderausstellung aktiv in eure Stadt! Meldet euch gern jetzt schon für einen Termin ab Frühjahr 2026!