Appelle zu Mitmenschlichkeit und Solidarität

Spitzenvertreter der Kirchen haben an Weihnachten Flüchtlinge und deren Helfer besucht und damit ein Zeichen gesetzt. Papst Franziskus geißelt eine "Kultur der Gleichgültigkeit".

Frankfurt a.M. (epd). Die Kirchen haben an Weihnachten zu Mitmenschlichkeit und Solidarität mit Flüchtlingen aufgerufen. Papst Franziskus wies in seiner Weihnachtsbotschaft auf das Schicksal der Menschen hin, die auf der Flucht vor Elend und Krieg sind. Zugleich forderte er verstärkte Friedensbemühungen in Kriegsgebieten im Nahen Osten und in Afrika. In Deutschland mahnten evangelische und katholische Bischöfe Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen an.

Papst Franziskus prangerte in der Mitternachtsmette im Petersdom an Heiligabend eine "Kultur der Gleichgültigkeit" an und rief zu Barmherzigkeit auf. Zugleich kritisierte er, die moderne Gesellschaft sei oft trunken von Vergnügung, Überfluss und Luxus. Am ersten Weihnachtstag spendete er vor Zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom den traditionellen Segen "Urbi et orbi" (der Stadt und dem Erdkreis). Die Feiern im Vatikan waren in diesem Jahr angesichts der Terrorgefahr von besonders starken Sicherheitsvorkehrungen geprägt, Polizei und Militär rund um den Kirchenstaat auf den Straßen Roms präsent.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte am ersten Weihnachtsfeiertag in der Münchner Matthäuskirche, die Weihnachtsbotschaft ermutige zu tatkräftigem Einsatz für Flüchtlinge und Menschen in sozialer Bedrängnis. Bei der Aufnahme der vielen Flüchtlinge sei Deutschland über sich hinausgewachsen. Die große Aufgabe sei jetzt, die Flüchtlinge zu integrieren, sagte der bayerische Landesbischof.

Bedford-Strohm hatte an Heiligabend im Münchner Hauptbahnhof eine Christvesper mit rund 200 Flüchtlingshelfern, Diakonie-Mitarbeitern und Passanten gefeiert. Ein Bahnhof sei ein passenderer Ort für die Weihnachtsbotschaft als Kirchen oder eine romantische Weihnachtskulisse, sagte der Theologe. Auch Jesus sei auf der Durchreise geboren worden, hinein in eine Welt voller Hass, Armut und Gewalt.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte am Heiligen Abend im Münchner Dom, die Perspektive der Hoffnung, die von Weihnachten komme, sei auch eine "Inspiration für Gesellschaft und Politik". Der Grund für die Katastrophe der Menschheit seien die Angst und dass Misstrauen vor Gott und voreinander. Demgegenüber führe die Menschwerdung Gottes im Kind von Bethlehem in die "Weite der Hoffnung und des Vertrauens" und stehe gegen eine Haltung, die sich verschließe, rückwärtsgewandt, defensiv, misstrauisch und ängstlich sei, sagte der Münchner Erzbischof.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister würdigte die große Hilfsbereitschaft der Deutschen. "2015 ist Deutschland ein Weihnachtsland geworden", sagte der evangelische Theologe an Heiligabend in der Marktkirche in Hannover: "Hunderttausende haben Tür und Tor geöffnet und Herberge angeboten, wo Menschen ihre Heimat verlassen hatten."

Bei einem Besuch in der syrisch-orthodoxen St.-Dimet-Gemeinde in Hamburg-Neugraben forderte Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs am ersten Weihnachtsfeiertag Solidarität mit syrischen Christen. Es berühre sie immer wieder, wie sehr Christen in Syrien leiden, sagte sie: "Das Signal muss lauten: Wir stehen an eurer Seite."

27. Dezember 2015