Bischof Huber: Evangelische Kirche ist Kirche im Aufbruch

Frankfurt a.M. (epd). Am Reformationstag hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, zur Erneuerung des christlichen Glaubens aufgerufen. "Mit diesem Reformationstag bekennt sich die Evangelische Kirche in Deutschland dazu, dass sie eine Kirche im Aufbruch ist", sagte Huber nach einem vorab verbreiteten Redetext am Freitagabend im Berliner Dom. Zu dem Gottesdienst wurde auch Bundespräsident Horst Köhler erwartet.

"Es mag wohl sein, dass manche auch am heutigen Abend von schweren Sorgen umgetrieben sind, wenn sie an das katastophale Desaster der Finanzmärkte und seine Folgen für das wirkliche Leben denken", fügte Huber hinzu. Der christliche Glaube könne dagegen Ruhe in "unser rastloses Schaffen" bringen. Huber: "Er bringt unsere Furcht und unser Zittern ans Ziel. Betriebsamkeit und Angst lässt er zur Ruhe kommen in Gottes Güte."

Der EKD-Kirchenamtspräsident Hermann Barth sagte in der Schlosskirche zu Wittenberg, die Reformation habe die Verkündigung der Kirche neu ausgerichtet: "Ihr braucht euch nicht wie im Hamsterrad abzumühen, bei Gott einen guten Eindruck zu hinterlassen. Gott erweise seine Liebe zu den Menschen darin, "dass Christus für uns gestorben ist".

Der evangelische Theologe und Liederdichter Klaus-Peter Hertzsch wurde am Freitag als erster mit der neuen Martin-Luther-Medaille des Rates der EKD geehrt. Hertzsch habe mit seinen Predigten, Bibelarbeiten und Vorträgen, mit Gedichten und Liedern und durch seine Person "die Schönheit, Wahrheit und Klarheit des Evangeliums erschlossen", heißt es zur Begründung. Er zähle zu den herausragenden Vertretern protestantischer Predigt- und Verkündigungskultur der Gegenwart.

Am Reformationstag bekräftigte die evangelische Kirche ihre Forderung, den 31. Oktober auch im Westen Deutschlands zum gesetzlichen Feiertag zu machen. "Der Reformationstag ist ein Fixpunkt unserer Kultur", sagte der braunschweigische Bischof Friedrich Weber bei einem Gottesdienst in Bad Harzburg (Niedersachsen). Einen bundesweiten Reformationsfeiertag hatte am Vortag bereits der EKD-Ratsvorsitzende Huber gefordert. Der Reformationstag ist bisher nur in den neuen Bundesländern, nicht aber in Berlin und im alten Bundesgebiet gesetzlicher Feiertag.

Im Ulmer Münster forderte der Präsident des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Klaus-Dieter K. Kottnik, nach einer vorab zur Verfügung gestellten Rede, dass Bürger ihre Verantwortung für Veränderungen neu wahrnehmen müssten. "Wir erleben eine Situation, die viele Menschen als zutiefst ungerecht empfinden", sagte Kottnik mit Hinweis auf Bankenkrise und Armut.

Der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer sagte in Schopfheim (Kreis Lörrach): "Diese Nacht schlägt wie keine andere die Brücke von einem evangelischen zu einem katholischen Feiertag". Dem protestantischen Reformationsfest und tags darauf folgenden katholischen Allerheiligenfest wolle man mit einer "Nacht der offenen Kirchen" etwas von ihrer Würde zurückgeben. Die könne durch die Ausbreitung des "Gruselspektakels Halloween" allzu leicht in Vergessenheit geraten, warnte Fischer.

Martin Luther soll am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen haben. Mit ihnen prangerte der Theologe Missstände in der damaligen Kirche an. Da sich die Papstkirche aber Reformen verweigerte, kam es zur Bildung der evangelischen Kirche. Zur Vorbereitung auf das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 startete die Evangelische Kirche in Deutschland im September die Lutherdekade.

01. November 2008