Nach "Pro Reli"-Scheitern: Huber für neue Gespräche mit Senat

Berlin (epd). Nach dem Scheitern der Initiative "Pro Reli" strebt der Berliner Bischof Wolfgang Huber neue Gespräche mit dem Berliner Senat an. Die tiefe Kluft, die sich zwischen Befürwortern und Gegnern aufgetan habe, habe ihn "in dieser Massivität überrascht", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Sonntag dem RBB. Er sei für Verständigung offen.

Huber erinnerte daran, dass die Kirchen selbst einen Ethikunterricht vorgeschlagen hätten, als der Berliner Senat noch dagegen gewesen sein. Zugleich betonte er, dass die regierenden Parteien einen echten Werteunterricht im Fach Ethik zugesichert hätten. Das gelte es kritisch zu analysieren.

Die Initiative "Pro Reli" scheiterte beim Volksentscheid am Sonntag deutlich. Seit 2006 wird auf Betreiben des rot-roten Senats das Pflichtfach Ethik ab der siebten Klasse unterrichtet, Religionsunterricht kann zusätzlich freiwillig besucht werden. Bei einem Erfolg der Initiative "Pro Reli", die von den großen Kirchen unterstützt wurde, hätten Schüler zwischen Ethik und Religion wählen können.

27. April 2009


"Pro Reli" gescheitert

Berliner Senat wertet Ergebnis als Bestätigung seiner Arbeit

Huber: "Riss in der Stadt" überwinden

Berlin (epd). Der Berliner Volksentscheid "Pro Reli" zur Aufwertung des Religionsunterrichts ist klar gescheitert. Bei der Abstimmung am Sonntag votierte zwar nur eine knappe Mehrheit gegen eine Gleichstellung mit dem Pflichtfach Ethik, doch lag nach dem vorläufigen Endergebnis die Zahl der Befürworter mit 365.609 Ja-Stimmen deutlich unter dem für einen Erfolg notwendigen Quorum von 611.422.

Das Ergebnis des Volksentscheids traf bei Politikern, Kirchen und Verbänden auf ein unterschiedliches Echo: Während sich die Initiative "Pro Reli", die Berliner Bischöfe, aber auch CDU und FDP enttäuscht äußerten, wertete es der rot-rote Berliner Senat als Bestätigung seiner Position.

Seit 2006 wird auf Betreiben des Senats das Pflichtfach Ethik ab der siebten Klasse unterrichtet, Religionsunterricht kann weiterhin freiwillig besucht werden. Bei einem Erfolg der Initiative "Pro Reli", die von den großen Kirchen unterstützt wurde, hätten Schüler zwischen Ethik und Religion wählen können.

Die Wahlbeteiligung erreichte mit 713.288 abgegebenen Stimmen nur 29,2 Prozent. Von den Teilnehmern am Volksentscheid stimmten 51,3 Prozent gegen "Pro Reli". Aufgerufen waren knapp 2,5 Millionen stimmberechtigte Bürger.

Bei den Ergebnissen für die einzelnen Stadtteile zeigte sich Berlin nach wie vor deutlich gespalten. In allen reinen Westbezirken erreichte die Initiative "Pro Reli" eine Zustimmung von über 60 Prozent. Demgegenüber war die Zustimmung in Ostbezirken wie Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf mit knapp über 20 Prozent sehr gering.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hob die geringe Zustimmung von rund 14 Prozent für "Pro Reli" unter allen wahlberechtigten Bürgern hervor: "Das ist ein eindeutiges Votum für die bisherige Regelung." Der Vorsitzende der Initiative "Pro Reli", Christoph Lehmann, zeigte sich tief enttäuscht. Der Volksentscheid sei aber nicht umsonst gewesen. "Das Thema bleibt wichtig, wir werden dran bleiben", kündigte er unter dem Beifall der "Pro Reli"-Anhänger an. An den Senat appellierte Lehmann, die Stadt in dieser Frage wieder zusammenzuführen und ein Kompromissangebot zu unterbreiten.

Der Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber erklärte, das Ergebnis zeige einen "Riss in der Stadt", der von den politisch Verantwortlichen nicht weiter vertieft werden dürfe. Die Stadt habe sich in den vergangenen Jahren verändert. Ein Volksbegehren wie "Pro Reli" hätte noch vor zehn Jahren nur "Kopfschütteln ausgelöst".

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bezeichnete das Scheitern von "Pro Reli" als schmerzlich. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) rief die Christen auf, sich noch stärker für ihre Belange zu engagieren. In Berlin hätten es Protestanten und Katholiken nicht geschafft, ihre Position deutlich genug darzustellen, sagte ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer.

"Pro Ethik"-Schirmherr Walter Momper (SPD) erklärte, die Berliner hätten sich "nicht durch Parolen einlullen lassen" und sich deutlich zum Ethikunterricht bekannt. Zum Engagement der Kirchen für die Aufwertung des Religionsunterrichts erklärte der frühere Regierende Bürgermeister: "Das hat mich sehr gewundert, dass die Kirchen sich auf diese Weise in eine CDU-Kampagne reingehängt haben."

Auch Gregor Gysi begrüßte das Ergebnis des Volksentscheides. Gegen eine "geballte Front der Anhänger" von "Pro Reli", darunter die evangelische und katholische Kirche, habe sich die Vernunft durchgesetzt, sagte der Vorsitzende der Bundestagfraktion der Linken.

27. April 2009