Käßmann und Guttenberg planen Gespräch über Afghanistan

Frankfurt a.M. (epd). Nach dem Wirbel über ihre Kritik am Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan will Bischöfin Margot Käßmann mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zusammentreffen. Als Termin nannte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) den 11. Januar. Käßmann erklärte am Dienstag, sie freue sich, dass der Verteidigungsminister ihrer Anregung zu einem persönlichen Gespräch sofort zugestimmt habe. Sie wolle mit dem CSU-Politiker über die friedensethische Position der evangelischen Kirche und die deutsche Afghanistanpolitik sprechen.

In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwochsausgabe) hatte Guttenberg erklärt, er habe Käßmann zu einem Gespräch über ihre Kritik an der Afghanistan-Politik eingeladen. "Ich will zunächst einmal selbst von der Bischöfin im Zusammenhang hören, wie sie zu dieser Einschätzung gekommen ist", sagte er. Als EKD-Ratsvorsitzende vertritt die hannoversche Landesbischöfin rund 25 Millionen Protestanten in Deutschland.

In ihrer Neujahrspredigt in der Dresdner Frauenkirche hatte Käßmann gesagt, in Afghanistan schafften Waffen "offensichtlich auch keinen Frieden". Dies war als Forderung nach einem schnellen Abzug der Bundeswehr verstanden worden. Bei Regierung und Opposition gab es zum Teil scharfen Widerspruch. Käßmann erklärte daraufhin, sie habe nie den sofortigen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan verlangt.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, begrüßte die Klarstellung. "Ich bin froh, dass sie jetzt diese Position bezieht, die wesentlich mehr dem entspricht, was, sagen wir mal, auch die Mehrheit des Deutschen Bundestags für richtig hält", sagte der CDU-Politiker. Käßmann hatte erläutert, dass es ihr um einen erkennbaren Plan für den Abzug deutscher Soldaten gehe.

Der katholische Bischof Stephan Ackermann fordert eine Neubewertung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr, lehnt aber einen kurzfristigen Abzug ab. "Was ich für wichtig halte, ist eine offene Diskussion", sagte der Trierer Geistliche am Dienstag in einem Interview mit der Internet-Ausgabe der "Frankfurter Rundchau". Die Ziele des Einsatzes und die Lage müssten neu beurteilt und abgewogen werden. Ackermann: "Natürlich geht es dabei langfristig um eine Exit-Strategie."

Wenn die Menschenrechte grundlegend bedroht seien, könnte der Einsatz von Waffen unter bestimmten Bedingungen das kleinere Übel sein, sagte der Bischof. Ackermann ist Vorsitzender der Deutschen Kommission "Justitia et Pax", einem katholischen Dachverband von Friedensorganisationen. Zur Debatte über Käßmanns Äußerungen sagte er: "Ich lasse mich nicht gegen Bischöfin Käßmann in Stellung bringen", sagte er: "Wenn ich lese, was sie in ihrer Neujahrspredigt gesagt hat, halte ich die Aufregung darüber für ziemlich aufgebauscht."

Klare Unterstützung erhielt Käßmann vom Berliner evangelischen Bischof Markus Dröge. Eine bedingte Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes sei ethisch nur akzeptabel, wenn "die längst überfällige Zieldefinition und dazu eine Exit-Strategie festgelegt" würden. Ohne Schuld komme keiner aus diesem Dilemma heraus, weder Politiker noch Soldaten, weder Regierte noch Regierende, sagte er.

Auch "Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer stärkt der Bischöfin den Rücken. Dass das Oberhaupt einer deutschen Kirche vor einem Krieg warne und zu einem klaren Friedenszeugnis aufrufe, sei das mindeste, was zu erwarten sei, schreibt die Feministin in einem offenen Brief auf ihrer Homepage www.aliceschwarzer.de.

06. Januar 2010