Glaubensflüchtlinge brachten wirtschaftliches Know-how nach Deutschland

48. Deutscher Hugenottentag zeichnete Spuren früherer Protestanten nach

Mannheim (epd). In Mannheim ist am Sonntag der 48. Deutsche Hugenottentag zu Ende gegangen. Drei Tage lang spürten Theologen und Wissenschaftler den Spuren der französischen Glaubensflüchtlinge aus dem 17. Jahrhundert nach. Die Tagung wurde von der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft in Kooperation mit der Christuskirche Mannheim veranstaltet.

Die Aufnahme der Glaubensflüchtlinge sei ein frühes Zeichen des Bemühens um Toleranz und Weltoffenheit in der Kurpfalz gewesen, sagte der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer. Dadurch sei reformatorisches Gedankengut verstärkt nach Deutschland gebracht und weiterentwickelt worden. Nach Ansicht des Tübinger Geschichtsprofessors Matthias Asche wurden die vor mehr als 300 Jahren aus Frankreich geflüchteten Hugenotten auch aus wirtschaftlichen Gründen gerne aufgenommen.

Die Aufnahme der Glaubensflüchtlinge sei nicht allein aus religiösen Gründen geschehen, sondern auch durch die Bemühung reformierter Landesherren um Wirtschaftsförderung durch den Import von Know-how seitens der Emigranten, sagte Asche. Mit den Glaubensflüchtlingen sei etwa der rasche Wiederaufbau der entlang des Oberrheins besonders stark zerstörten und entvölkerten Gebiete im Laufe des Dreißigjährigen Krieges gelungen.

Dabei sei die Kurpfalz zunächst das beliebteste Aufnahmeland gewesen, besonders in den Landesteilen links des Rheins. Durch ihre exponierte strategische Lage als Landesfestung sei die Stadt Mannheim von Beginn an ein konfessioneller Schmelztiegel gewesen, "eine multikonfessionelle barocke Planstadt", sagte Asche. Mit der dauerhaften Präsenz der französischen Truppen in der Stadt seit November 1688 seien viele Hugenotten in Richtung Brandenburg-Preußen gezogen, vor allem nach Magdeburg und Berlin.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg hatten protestantische Flüchtlinge aus Frankreich und den spanischen Niederlanden die erst 1606 gegründete Quadratestadt Mannheim wieder aufgebaut. Spuren der Hugenotten finden sich bis heute in Mannheim. So gingen etwa der Begriff des "Mannheimer Experiments" und die Eichbaum-Brauerei auf die Religionsflüchtlinge des 17. Jahrhunderts zurück: Der Mannheimer Stadtdirektor Henry Clignet (1607-1683), der das Zusammenleben der vielen Nationen in der Quadratestadt als das "Mannheimer Experiment" bezeichnete, war wallonischer Herkunft.

10. Juni 2013