EKD-Friedensbeauftragter: Militär-Konzept kritisch hinterfragen

Das politische Konzept der Schutzverantwortung als Legitimation militärischen Eingreifens in Konflikten muss nach Ansicht des Friedensbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, von den Kirchen kritisch hinterfragt werden. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) sei aufgerufen, seine Haltung dazu "dringend zu klären", sagte Brahms am Donnerstag in Berlin zum Beginn einer dreitägigen Konferenz zu Friedensfragen, die die EKD gemeinsam mit den Evangelischen Akademien Berlin und Villingst sowie der Heidelberger Forschungsstelle FEST ausrichtet.

Brahms, Pastor der Bremischen Landeskirche, verwies auf die Gefahr, dass dieses Konzept missbraucht werde. Nach seiner Meinung sei dies beim Militär-Einsatz in Libyen der Fall gewesen. "Dann gerät das Konzept der Schutzverantwortung in den Verdacht, mit dem Hinweis auf Menschenrechte militärische Eingriffe zu rechtfertigen", sagte Brahms. Das Konzept (englisch: Responsibility to Protect) ist eine Vereinbarung der Staaten darüber, nur dann mit militärischer Gewalt in Konflikte anderer Länder einzugreifen, wenn die Bevölkerung akut von Kriegsverbrechen oder schweren Völkerrechtsverletzungen bedroht ist.

Der UN-Sonderbeauftragte für Responsibility to Protect, Edward C. Luck, verteidigte das Konzept. Es sei nötig, aber auch einzigartig, weil es nicht einfach anzuwenden sei. Es müsse immer wieder damit gerungen werden, ermunterte er die Tagungsteilnehmer zur Diskussion.

EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte würdigte zum Beginn der Konferenz das von den Kirchen entwickelte Konzept des "gerechten Friedens". Er rief die europäischen Kirchen und die Kirchen weltweit dazu auf, weiter über Friedensfragen im Gespräch zu bleiben und die Ergebnisse in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Christen hätten in diesem Punkt eine gesellschaftliche und politische Verantwortung, sagte er.

Das Konzept vom "gerechten Frieden" im Gegensatz zum als überholt geltenden Konzept des "gerechten Krieges" ist bei der vom ÖRK 2001 ausgerufenen Dekade zur Überwindung der Gewalt entstanden. Im November dieses Jahres tagt die 10. Vollversammlung der 349 Mitgliedskirchen im südkoreanischen Busan. In dem geteilten Land werden auch Friedensfragen auf der Tagesordnung stehen.

14. Juni 2013