Weltkirchenrat: Weltwirtschaft ist "ausbeuterisch" und "gottlos"

Busan (epd). Der Weltkirchenrat fordert eine Abkehr von einer globalen "Ökonomie der Habgier". Die bestehende Weltwirtschaftsordnung sei ungerecht und "gottlos", heißt es in einer am Montag auf der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) im südkoreanischen Busan vorgelegten Grundsatzerklärung. Das zügellose Profitstreben trage zur Erderwärmung, zur Verarmung breiter Massen und zu bewaffneten Konflikten bei. Auf der Versammlung, die unter dem Motto "Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden" steht, kam es auch zu Forderungen an Israel, Palästina als Staat anzuerkennen.

Die wirtschaftliche Globalisierung habe den Gott der Liebe durch "den Gott des freien Marktkapitalismus" ersetzt. Die Welt könne aber nicht durch die Schaffung von immer mehr Reichtum gerettet werden, heißt es in dem Text weiter: "Es ist ein globales vom Mammon bestimmtes System, das durch endlose Ausbeutung" allein die Reichen und Mächtigen schütze.

Christen müssten eine Gegenkultur vorleben: Die "Ökonomie Gottes" beruhe auf Liebe und Gerechtigkeit für alle, erklärte der ÖRK, der mehr als 500 Millionen Christen aus 350 Kirchen repräsentiert. Die Vorherrschaft eines "Gottes des Mammons" beklagte auch der Vorsitzende der Kommission für Weltmission und Evangelisation, Bischof Geevarghese Mor Coorilos von der Syrischen Orthodoxen Kirche in Indien. Wenn Geld die Menschen in seinen Bann zieht und zur Vergötzung führt, wird es in der Bibel als "Mammon" bezeichnet.

Zugleich räumte der Weltkirchenrat Fehler bei der christlichen Mission ein. "Wir bedauern, dass die mit der Kolonialherrschaft einhergehende Missionsarbeit Kulturen häufig verleumdet und die Weisheit lokaler Bevölkerungen nicht anerkannt hat", hieß es weiter. Die Mission habe sich sehr gewandelt: Die meisten Missionare stammten heute aus dem Süden und Osten der Welt, der Norden müsse von diesen Regionen lernen. Zudem verlege sich der Schwerpunkt der Missionsarbeit auf die Themen soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz.

Auf dem ÖRK-Kongress forderte ein internationaler jüdischer Verband die Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Israel. Die Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern müssten zu einer von beiden Seiten getragenen Zweistaatenlösung führen, verlangte der Vertreter des Internationalen Jüdischen Komitees für interreligiöse Konsultationen, David Fox Sandmel. Der Rabbi betonte: "Versöhnung zwischen Nationen und Individuen ist möglich." Eine Anerkennung Palästinas als Staat ist in Israel noch immer Widerstand.

Das Internationale Jüdische Komitee für interreligiöse Konsultationen mit Sitz in New York umfasst verschiedene Organisationen wie den Jüdischen Weltkongress und unterhält Verbindungen zu anderen Religions-Verbänden wie den Weltkirchenrat. Der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Mounib Younan, erklärte vor der Vollversammlung, ein Frieden auf Grundlage von Gerechtigkeit zwischen Palästinensern und Israelis sei noch immer möglich. Der Palästinenser Younan ist Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land.

Der Weltkirchenrat musste sich in den vergangenen Jahren wiederholt den Vorwurf gefallen lassen, antiisraelische Positionen zu verbreiten. Die UN-Vollversammlung erkannte 2012 Palästina als Beobachter-Staat an, allerdings verhinderten die USA eine UN-Mitgliedschaft Palästinas.

Am Wochenende hatten Delegierte des Weltkirchenrates die Grenze zwischen Süd- und Nordkorea besucht. Mit Friedensbotschaften und Gebeten erinnerten sie an das Schicksal der Menschen auf der seit mehr als 60 Jahren geteilten koreanischen Halbinsel. Mit Appellen zur friedlichen Wiedervereinigung Koreas hatte der ÖRK die Vollversammlung am 30. Oktober eröffnet. Sie endet am Freitag.


Der Text "Gemeinsam für das Leben - Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten" wurde von der Kommission für Weltmission und Evangelisation (CWME) erarbeitet. Die neue Erklärung wurde der 10. ÖRK-Vollversammlung 2013 in Busan (Korea) vorgelegt. Sie ersetzt die offizielle Grundsatzerklärung des ÖRK zu Mission und Evangelisation von 1982.

www.oikoumene.org

04. November 2013