Predigt im Online-Weihnachtsgottesdienst an Heiligabend 2020

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der EKD zusammen mit Kardinal Reinhard Marx

Heinrich Bedford-Strohm und Reinhard Marx

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evanglischen Kirche in Deutschland und Kardinal Reinhard Marx in einem ökumenischen Gottesdienst (Archivbild)

Es gilt das gesprochene Wort

„Fürchtet Euch nicht!“ – das ist vielleicht die wichtigste Botschaft an diesem Weihnachtsfest 2020. Damals wurde sie den Hirten zugesprochen, die sich fürchteten. In diesem Jahr trifft sie auf unsere verunsicherten Herzen. Wir machen uns Sorgen. Sorgen, wie das alles weitergehen wird. Ob der Lockdown endlich Wirkung zeigt. Ob diese Zahlen endlich nach unten gehen, auf die wir jetzt jeden Tag schauen, der Inzidenzwert, der R-Wert und die Zahl der noch verfügbaren Betten auf den Intensivstationen. Ja, und auch die Zahl der Toten, hinter denen lauter persönliche Geschichten stehen. Und vielleicht ist es auch mehr als Sorge. Vielleicht ist es wirklich Angst. Angst, dass wir das Virus nicht mehr kontrollieren können, sondern es uns kontrolliert und unser Leben. Wir haben das in den vergangenen Wochen intensiv erlebt, wie alle sorgfältig geplanten Vorstellungen von Weihnachten sich nahezu täglich änderten. Was ist verantwortbar und was nicht? Dürfen wir Gottesdienste feiern, dürfen wir unsere Lieben besuchen?

Und nun ist Weihnachten da, mitten in der Müdigkeit, mitten in den Fragen, mitten in den Ängsten, mitten in der Einsamkeit, mitten in der Leere, mitten in der Unsicherheit, mittendrin ist Weihnachten geworden. Mittendrin wird Gott Mensch und geht ganz hinein in das, was unser Leben ausmacht. Mittendrin kommt das Licht von Bethlehem in unsere Herzen, in unsere Seelen, in unsere Zimmer. Mitten in all unserem Chaos sprechen die Engel: Fürchtet Euch nicht! Fürchtet Euch nicht, auch wenn Ihr nicht wisst, was noch kommt.

Welch ein Trost, liebe Gemeinde! Es muss nicht erst alles gut werden oder gut sein, bevor Gott zu uns auf die Erde kommt. Wir müssen nicht erst alles ordnen und organisieren, damit er uns begegnet. Nein, Gott kommt mitten in unser Gefühlschaos, mitten in unsere Angst, mitten in unsere Sorgen und schenkt sich uns ganz, mit seiner Liebe, mit seinem tröstlichen Blick, mit seinem Licht - dem Licht von Bethlehem.

Das Licht hilft. Das Licht tröstet. Das Licht zeigt mir einen Weg. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich mich in meiner Kindheit im Dunklen gefürchtet habe. Und wie das Licht geholfen hat. Wie die Angst weggegangen ist.

So wie das Licht den Kindern in der Angst hilft, so hilft uns jetzt das Licht von Bethlehem in unserer Furcht und Sorge. Der Engel sagt: Fürchtet euch nicht.

Denn: Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.

Ja, und so breitet sich heute nicht nur ein kleines Licht aus, wie damals in meiner Kindheit, sondern ein großes Licht, eine große Freude, die allen widerfahren wird. Die alle erleben sollen.

Das Weihnachtslicht breitet sich aus. Hier in der Kirche und vielleicht auch bei Ihnen zu Hause, so dass Ihr Wohnzimmer heute auch zur Kirche wird. Und Sie vielleicht später mal sagen: Dieses Weihnachten im verrückten Pandemiejahr 2020 war das Weihnachten, an dem mein Wohnzimmer zur Kirche geworden ist. Weil ich ein Licht angezündet habe. Weil mein Licht verbunden war mit dem Licht von Bethlehem, welches junge Leute von dort hierher zu uns getragen haben.

Mit diesem Licht und mit dieser Liebe hat zu tun, dass wir anders Weihnachten feiern, dass wir Weihnachten so feiern, dass niemand unverantwortbaren Risiken für die Gesundheit ausgesetzt wird, dass Sie alle an den Bildschirmen jetzt per Livestream mitfeiern das hat genau mit dieser Liebe zu tun.

Wir können sie weitertragen, diese Liebe. Indem wir aufeinander achten. Indem wir Einsame anrufen oder ihnen handgeschriebene Briefe schicken. Indem wir physische Kontakte reduzieren und, wo es geht, digital zusammenkommen. Indem wir Lichter anzünden, die uns und andere trösten.

Wir werden mit Gottes Hilfe durch diese schwere Zeit durchkommen. Von ihm werden wir die Kraft für den weiteren Weg bekommen. Als Zeichen dafür werden wir in der Kirche das Bethlehem Licht weitergeben. Und vielleicht lassen Sie zu Hause auch ein Licht brennen. Wir werden die vielen Lichter sehen, die Menschen um uns herum mit ihren Zeichen der Liebe anzünden. Wir werden einander neu entdecken, weil das Licht des Christuskindes sichtbar macht, was wir sind: geliebt, einzigartig, kostbar.

„Fürchtet Euch nicht“ – sagt der Engel. „denn euch ist heute der Heiland geboren“.

Und:  Es wird hell!

AMEN

Livestream auf Youtube

Der Livestream des Gottesdienstes beginnt an Heiligabend um 16 Uhr.

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