Pilgern für den Klimaschutz

Wanderer starten in Bonn zu Fuß zur Weltklimakonferenz in Katowice

Windräder vor einem Atomkraftwerk

Windkrafträder und Atomkraftwerk auf einen Blick: Die Klimapilger steuern Orte an, die für den Klimaschutz von Bedeutung sind.

Bonn (epd). Christian Seidel ist schon lange frustriert, weil die Politik sich seiner Meinung nach nur halbherzig um Klimaschutz bemüht. Als er im Internet zufällig über eine Wanderaktion der Kirchen für Klimagerechtigkeit stolperte, meldete er sich spontan an. „Ich möchte nicht später einmal von meinen Enkeln gefragt werden: Und was hast du getan?“, sagt er.

Ähnlich sieht das Wolfgang Eber. „Die Klimaerwärmung taucht in der öffentlichen Debatte kaum noch auf“, ärgert er sich. Die beiden gehörten 2015 mit zu den Teilnehmern des ersten Ökumenischen Pilgerweges zur Weltklimakonferenz in Paris. Am 9. September machten sich die erfahrenen Pilger erneut mit einer Gruppe auf den Weg, um für mehr Umweltschutz zu werben. Diesmal heißt ihr Ziel Polen.

Friedliche Form des Engagements

In einem Gottesdienst in Bonn wurden sie feierlich verabschiedet. Es geht nach Katowice, wo ab dem 9. Dezember die 24. Weltklimakonferenz stattfindet. Auf ihrer Wanderung über Düsseldorf, Hannover, Dresden, Cottbus und Berlin werden die Pilger innerhalb von drei Monaten 1.700 Kilometer zurücklegen, um pünktlich zum Beginn des Gipfels am Ziel einzutreffen.

Auf dem Weg sammeln die Pilger an insgesamt 78 Stationen Unterschriften für den Klimaschutz, die sie der Kohlekommission in Berlin und der Weltklimakonferenz übergeben wollen. Hinter der Aktion steht ein ökumenischen Bündnis aus 40 Organisationen, darunter Brot für die Welt, das Bischöfliche Hilfswerk Misereor, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz.

Mit dem Klimapilgern habe er eine friedliche Form des Engagements gefunden, die zu ihm passe, sagt Seidel, ein ehemaliger Potsdamer Stadtverordneter. „Ich bin nicht der Typ, der an Kraftwerksbesetzungen teilnimmt.“ Die Ökumene-Aktion schaffe vor allem Begegnung. „Auf dem Weg nach Paris 2015 sind wir mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen, allein damit erreicht man doch schon unheimlich viel“, ist der 69-Jährige überzeugt. Auch in diesem Jahr werden die Pilger am Ende einer jeden Tagesroute von einer örtlichen Kirchengemeinde empfangen, die für ihre Unterkunft sorgt und Gesprächsabende anbietet.

„Auch ein europäisches Projekt“

Wolfgang Eber war berührt von der Herzlichkeit, mit der die Pilger vor drei Jahren in französischen Gemeinden aufgenommen wurden. „Für mich ist es auch ein europäisches Projekt“, betont der 63-Jährige.

Gespannt sind die beiden auf die Treffen mit den polnischen Kirchengemeinden bei den letzten Etappenrouten nach Katowice. „Es war uns besonders wichtig, dass das von polnischer Seite organisiert wurde“, erklärt Eber. Man wolle in dem osteuropäischen Land, in dem die Braunkohleverstromung eine große Rolle spiele, mit der Forderung nach einem Ausstieg aus der Kohle nicht besserwisserisch auftreten.

Nicht alle Pilger schaffen es, drei Monate lang den gesamten Weg mitzugehen. Von den Berufstätigen könnten die meisten nur ein oder zwei Wochen mitwandern, erzählt Eber. Der Großteil der Pilgertruppe sei über 40 Jahre alt, oft Ruheständler. Doch Abiturienten oder Studenten schlössen sich zwischendurch für eine kürzere Strecke der Gruppe an. Wenn Gemeindemitglieder spontan die Pilger auf einer Etappe begleiteten, wachse die 25-köpfige Gruppe mitunter für einen Tag auf mehr als 100 Wanderer an.

Das Gefühl, dass sich etwas bewegen wird

Die beiden Männer verbinden mit ihren Pilgerwanderungen unvergessliche Erlebnisse. Da seien etwa gemeinsame spirituelle Momente in der Natur, sagt Eber. Seidel ist besonders das Ende der Paris-Wanderung im Gedächtnis haftengeblieben, als sich Pilger aus vielen Ländern in einer Kirche der Seine-Metropole versammelten. „Das hat mich sehr an die Zeit der Wende 1989/90 in Ostdeutschland erinnert“, erzählt der Potsdamer. „Es lag eine Kraft in der Luft und das Gefühl, dass sich etwas bewegen wird.“

Für die Dauerpilger ist die lange Wanderung durchaus eine körperliche Herausforderung. Man müsse schon gut zu Fuß sein, um die rund 25 Kilometer langen Strecken jeden Tag laufen zu können, meint Seidel. „Aber wenn man die ersten drei Tage überstanden hat, dann geht es.“ Er selbst hat festgestellt, dass ihm die monatelange Wandertour vor drei Jahren gesundheitlich gutgetan habe.

Claudia Rometsch (epd)

 

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