Religion in der Grundschule

2. Situationen, Orte und Zeiten für religiöses Lernen in der Grundschule

Die im Folgenden beschriebenen Situationen, Orte und Zeiten, in denen religiöses Lernen in der Grundschule stattfindet, sind sorgfältig zu unterscheiden und zu gewichten. Dabei geht es nicht zuletzt um den verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich von positiver und negativer Religionsfreiheit. Eine besondere Gelegenheit, Religion in der Schule zu thematisieren und zu vertiefen, bietet zweifellos der konfessionelle Religionsunterricht. Dennoch können und sollen religiöse Fragen, Inhalte und Elemente in der Schule auch außerhalb des Religionsunterrichts einen Platz haben. Erst dann wird Religion zu einer wirklichen Dimension des Lernens und Lebens. Die Art und Weise, in der das geschieht, muss keineswegs nur religionskundlich-distanziert ablaufen. Selbst ein religiöses Ritual wie ein ökumenisch ausgerichtetes Gebet in der Schule (in der Klasse oder klassenübergreifend) kann nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur religiösen Bildung zählen, wenn es - wie für jeden Schulunterricht selbstverständlich - frei von Zwang und Indoktrination durchgeführt wird und den Schülerinnen und Schülern Raum für eine innere Distanzierung lässt.

Wie sich unterschiedliche Situationen und Inhalte religiösen Lernens aufeinander beziehen lassen, kann ein Beispiel verdeutlichen: Wenn eine Schülerin morgens mitteilt, dass die Großmutter gestorben ist, und sagt, jetzt glaube sie nicht mehr an Gott, hat das, was der Stundenplan vorsieht, für eine Weile zurückzustehen. Im Gesprächskreis erhält das Mädchen Gelegenheit, sich auszusprechen, und es hilft ihr, wenn die anderen ruhig werden und zuhören oder spontan religiöse Vorstellungen entwickeln, was nach dem Tod sein wird. Am Ende einer solchen unvorhergesehenen Aussprache bemerkt das betroffene Kind, dass es "mehr wissen möchte über den Tod und danach, vielleicht aus der Bibel. Machen wir das in Religion?" Die Schülerin schließt ihre Suche nach Antworten nicht ab. Sie wünscht, dass ihr Thema im Religionsunterricht aufgegriffen wird. Religiöses Lernen in offenen Situationen und im Fachunterricht verweisen aufeinander.

2.1 Religion im Fachunterricht

Fächerübergreifender Unterricht und Lernen in Projekten machen Fachunterricht also nicht überflüssig; setzen ihn vielmehr als Raum systematischeren Lernens voraus. Der evangelische Religionsunterricht in der Grundschule soll als Fachunterricht in der Regel im Umfang von zwei Wochenstunden stattfinden; manche Schulen haben Modelle entwickelt, wie diese Unterrichtszeit teilweise in überunterrichtliche Vorhaben eingebracht werden kann.

Im Fachunterricht ist eine elementare Einführung in das Christentum evangelischer Prägung möglich und notwendig, die sich am Verstehen der Kinder orientiert. Sie ist nicht nur deswegen notwendig, weil der Religionsunterricht gemäß Art. 7 Abs. 3 GG in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften zu erteilen ist, wozu entsprechende Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien gehören, sondern auch, weil sie dem zu entsprechen hat, was die Eltern erwarten, wenn sie ihr Kind an einem evangelischen Religionsunterricht teilnehmen lassen. Für Religion im Fachunterricht sprechen vor allem ebenso mehrere pädagogische und theologische Gründe. Es gilt für ihn pädagogisch:

  • Das Kind lernt, in Zusammenhänge einzuordnen, was spontan oder auch intentional gelenkt im rhythmisierten Schulalltag in verschiedenen Situationen stattfindet (vgl. 2.2).

  • Es kann das, was bei fächerübergreifendem Unterricht oder Projekten nur in bestimmten Aspekten eine Rolle spielt, ansatzweise als Teil eines eigentümlichen, nämlich religiösen Ganzen erkennen.

  • Bei spontanen religiösen Lerngelegenheiten, wenn etwa Kinder plötzlich eine religiöse Frage aufwerfen (s.o.), kann dieser meist nur vorläufig nachgegangen werden. Die Kinder wissen und verstehen, dass der Religionsunterricht der Ort ist, das Thema gründlicher von verschiedenen Seiten zu besprechen und zu vertiefen.
Religionsunterricht ist als Fachunterricht ebenso theologisch geboten, wobei sich diese Gründe ebenfalls mit pädagogischen verbinden:
  • Religion ist - bereits für Kinder - ein eigenes Phänomen (vgl. 1.3). Religion betrifft für sie in unserem Kulturraum Gott, das Gespür für Gottes Nähe und Wirken, bis hin zu einer persönlichen Gottesbeziehung, aber auch früh begleitet von Fragen.

  • Im Fachunterricht erkennen Kinder klarer, was es überhaupt mit Religion als einem eigenen Erfahrungsbereich menschlichen Lebens auf sich hat. Dort tritt ihnen Religion konturierter vor Augen. Religiöse Gefühle, Erfahrungen und Einsichten gehen nicht in sozialem, ethischem und ästhetischem Lernen auf, obwohl sie darauf ausstrahlen.

  • Religionsunterricht ist als evangelischer Fachunterricht sachgemäß, weil es ein Christentum reformatorisch-protestantischer Prägung eigener Art gibt und schon die Grundschule das Individuelle der christlichen Konfessionen und der Religionen (Judentum, Christentum, Islam) würdigen sollte.

  • Wie bei einem Glaubens-"Dialog" zwischen Erwachsenen fördert ebenso das ökumenische und interreligiöse Lernen in Kindheit und Jugendalter nur dann entsprechende Gesprächs- bzw. Pluralismuskompetenzen, wenn in spezifischer konfessioneller und religiöser Bestimmtheit gelehrt wird. Evangelische "Identität" schließt die Bereitschaft wie Fähigkeit zu "Verständigung" ein (s. EKD-Denkschrift 1994).

  • Bildung vollzieht sich in der fruchtbaren Spannung zwischen dem (möglichen) Eigenen und dem Anderen und Fremden. Wer wahrnimmt und erkennt, erkennt "etwas" als unterschieden von "anderem": In der Differenz tritt das eine gegenüber dem anderen je eigentümlicher hervor, und auch das Gemeinsame wird nun nicht verschwommen, sondern klarer erkennbar.
Die Fähigkeiten, die im Religionsunterricht als Fachunterricht im Einzelnen erworben werden können, sind unter anderem folgende:
  • Kinder lernen biblische Geschichten als Elemente christlicher Tradition und Anhalt christlichen Glaubens kennen, die zusammen mit anderen, aus dieser Tradition mitbestimmten Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart Wege der Lebensdeutung und verantwortlichen Handelns zeigen.

  • Kinder entwickeln eine Sprache, mit der sie ihr eigenes Fühlen und Denken ausdrücken und die Beziehung zu anderen Menschen wie überhaupt zu dem, was sie in ihrer Lebensumgebung beobachten und verarbeiten müssen, gestalten können.

  • Kinder reden miteinander und drücken gestalterisch aus, was sie fühlen, imaginieren, wünschen oder fürchten. Durch Malen, Singen, Gestalten, Tanzen und Rollenspiele kann das Symbolverständnis der Kinder angebahnt werden.

  • Kinder werden nicht zuletzt in charakteristische Formen religiösen Lebens eingeführt (wie Singen, Beten, Lesen, Danken, Klagen und Bitten), die Religion und Religiosität von innen spürbar werden lassen.
Der Fachunterricht hat darüber hinaus besondere Situationen und Phasen zu gestalten. Dazu gehören:
  • Anfangsunterricht 1. Schuljahr

    In der Schuleingangsphase geht es vor allem darum, die verschiedenen Kinder einer Klassengemeinschaft sozial zu integrieren sowie gemeinsam Regeln des Zusammenlebens und -lernens zu entwickeln und einzuüben. Auch unter diesem Gesichtspunkt unterstützen sich die verschiedenen Lerngelegenheiten und -weisen. Die im Klassenverband vereinbarten Regeln, die dann in allen Fächern gleich gelten, sollten in diesen nicht nur immer wieder erinnert und gestärkt, sondern sie können im Religionsunterricht eigens aus religiöser Perspektive bedacht und begründet werden. Bei dieser Schuleingangsphase, in der sich die Kinder in den Klassenverband einfinden sollen und die im ersten Schulhalbjahr unterschiedlich lange dauern kann, sollten die christlich-konfessionellen Unterschiede zugunsten eines gemeinsamen Religionsunterrichts zurücktreten, obwohl sie bereits in diesem Alter erlebt werden. Der Anfangsunterricht in Religion braucht eine stärkere evangelisch-katholische Kooperation.

  • Evangelische Religion in Kooperation mit Katholischer Religion und Ethik

    Auch über den Anfangsunterricht hinaus sollte im Interesse der Kinder die Zusammenarbeit mit anderen Fächern als besondere Chance religiöser und ethischer Erziehung aufgesucht und ausgestaltet werden, wo immer es möglich ist. Das kann im Rahmen einer "Fächergruppe" geschehen (vgl. "Identität und Verständigung"), themen- und projektbezogen, in Bezug auf Lernsituationen im Schulleben und im außerunterrichtlichen Bereich. Die von der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland 1998 beschriebenen Formen der Kooperation von Evangelischem und Katholischem Religionsunterricht reichen von thematischen Absprachen über ein Zusammenwirken der Fachkonferenzen und gemeinsame Unterrichtsprojekte bis hin zu Formen des gemeinsamen Unterrichts von evangelischen und katholischen Religionslehrkräften.

    Die Möglichkeiten der Kooperation unterscheiden sich erheblich je nach den örtlichen Bedingungen. Sie sind deshalb in vielfältig unterschiedlicher Weise zu entwickeln und zu erproben und werden gegenwärtig in einzelnen Projekten auch wissenschaftlich erforscht.

  • Interreligiöses Lernen

    Im schulischen und außerschulischen Alltag begegnen Kinder Menschen unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Herkunft. Eine zunehmend multikulturelle und multireligiöse Lebenssituation erfordert Orte und Zeiten, in denen diese Situation zum besseren gegenseitigen Verständnis thematisiert, erhellt und in ihren möglichen Konfliktstrukturen aufgeklärt werden kann. Dafür sind im evangelischen Religionsunterricht Freiräume und eventuell Kooperationsphasen einzuplanen und durch Modellversuche praktisch zu erproben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass vielerorts der konfessionelle evangelische oder katholische Religionsunterricht bereits eine bestimme Integrations- und Dialogfunktion übernommen hat, weil an diesem Unterricht besonders in der Grundschule oft Schülerinnen und Schüler anderer Konfession oder Religion beziehungsweise religiös nicht gebundene teilnehmen.

  • Innere Differenzierungen

    Die heterogene Zusammensetzung von Schulklassen und Lerngruppen erfordert einerseits ein integrierendes, andererseits ein nach den jeweiligen Lernvoraussetzungen differenzierendes didaktisches Vorgehen. Darum sind Beispiele und Modelle zu entwickeln, wie beispielsweise Kinder mit besonderem Förderbedarf angemessen in den Unterricht zu integrieren, wie intellektuell anspruchsvolle Kinder zu fördern sind, ohne dass sie sich langweilen, oder wie mehr Geschlechtergerechtigkeit auch im Religionsunterricht zu realisieren ist.


2.2 Religion im rhythmisierten Schultag

Religiöses Lernen findet - spontan oder intentional gelenkt - im rhythmisierten Schultag auch außerhalb des Fachunterrichts in verschiedenen Situationen statt. Wie am Eingang dieses Kapitels geschildert, muss in jeder dieser Situationen die Balance zwischen positiver und negativer Religionsfreiheit gewährleistet sein. Die Kinder sollten sich frei aussprechen dürfen, ohne dass andere weltanschaulich-religiös bedrängt werden. Um diese Situationen verantwortlich zu gestalten, ist ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz und Sensibilität in religiösen Fragen erforderlich, welches Religionslehrkräfte von ihrer Ausbildung her in besonderer Weise mitbringen. Ihre - wenigstens zeitweise - Beteiligung an den folgenden Formen und Gelegenheiten ist sinnvoll und von daher inhaltlich und organisatorisch zu regeln (vgl. 2.5):

  • Offener Anfang / Gleitzeit

    Viele Grundschulen gehen dazu über, den täglichen Schulanfang zeitlich so zu öffnen, dass Kinder "gleitend" ankommen und sich zunächst individuell unterschiedlich im Klassenraum zurechtfinden können - mit Spielen, in Arbeitsecken, mit der Erledigung von Fürsorgepflichten - bevor der strukturierte gemeinsame Unterricht beginnt. Die Lehrkräfte haben Zeit, mit den Kindern informell zu kommunizieren und individuelle Befindlichkeiten wahrzunehmen. Dabei können religiöse Fragestellungen einfließen (vgl. 1.3 und das Beispiel am Anfang von Kap. 2.).

  • Gemeinsame Rituale

    Ein klassen- oder auch schulöffentliches Ritual zu Beginn einer Schulwoche ist geeignet, inhaltlich, sozial und emotional auf die Woche einzustimmen, Erwartungen zu wecken, Pläne offenzulegen und besonderer Ereignisse zu gedenken. Am Wochenschluss kann das Ritual zur Besinnung, zur Auswertung und zum Feedback beitragen; einige Schulen nutzen den Wochenabschluss für die Veröffentlichung und Würdigung von Lernergebnissen. Religiöse Ereignisse und Themen können einbezogen werden.

    Das gemeinsame Frühstück, die Feier von Geburtstagen ("Viel Glück und viel Segen auf all' deinen Wegen"), das Gedenken an kranke Kinder bieten weitere Gelegenheiten zu Andacht und Feier, Spiritualität und Stille, in denen die religiöse Dimension anklingen kann.

  • Freiarbeit

    Freiarbeit ist eine individualisierende Form selbständigen Lernens. In den Klassen gibt es Lese- und Mathematikecken, Arbeitsateliers, Forschungswerkstätten und verschiedentlich bereits PC-Stationen, die die Jungen und Mädchen zunehmend selbständig nutzen. Diverse religionspädagogische Wissens- und Lernspiele, Text- und Geschichtenbücher, Bilder, Tonkassetten, CDs und CD-ROMs sind für Freiarbeit und selbständiges Lernen gut geeignet. Kinder wollen sich auch zu religiösen Fragen und Bereichen kundig machen, wenn attraktive und verschiedenartige Arbeitsmaterialien in einer anregenden Lernumgebung bereitstehen.

  • Flexible Lernzeiten und fächerübergreifender Unterricht

    Viele Grundschulen haben den Schultag in zeitlichen Blöcken von 60 bis 90 Minuten strukturiert, um die Lernzeiten im Wechsel mit Pausen flexibler für die jeweiligen inhaltlichen Aufgaben der Lernbereiche nutzen zu können. So wird es möglich, Unterricht in thematischen Epochen durchzuführen und dabei die fachspezifischen Anteile aufeinander zu beziehen. Die Beteiligung der Religionslehrkräfte ist häufig inhaltlich naheliegend: zur Ausgestaltung eines Teilaspekts, einer bestimmten Phase oder auch zur Konzeption einer Epoche.

    Fachübergreifende Unterrichtsepochen müssen kooperativ vorbereitet werden. Es kann sich bei manchen Themen als nützlich erweisen, Eltern in die Vorbereitungen einzubeziehen und didaktische Wahlmöglichkeiten einzuplanen, damit die Auseinandersetzung mit religiös-christlichen Aspekten grundsätzlich optional bleibt.

  • Lernen in Projekten

    Die Übergänge zwischen themenorientierter Freiarbeit, fächerübergreifendem Unterricht und Lernen in Projekten sind fließend, bei unterschiedlichen Freiheitsgraden für selbständiges Arbeiten. Projektunterricht ist die Form, bei der die Schülerinnen und Schüler den weitesten Spielraum für Entscheidungen haben: sie wählen einen inhaltlichen Schwerpunkt, die Zielsetzung und Methode der Bearbeitung, ihre Sozialpartner und die Form der Darstellung von Ergebnissen. Die Beteiligung von Religionslehrkräften an der Entwicklung und Ausgestaltung von Projektunterricht ist häufig sachlich notwendig, sozial erwünscht und pädagogisch bereichernd.

  • Arbeitsgemeinschaften

    Wahlpflichtige und wahlfreie Lernangebote gehören zum selbstverständlichen Repertoire vieler Schulen. Dadurch wird den Kindern Gelegenheit gegeben, besondere Interessen zu entwickeln und Fähigkeiten zu erproben, spezifische Themen kennen zu lernen oder sich mit Tätigkeiten zu befassen, für die es sonst keinen Raum gibt. Auch in diesem Feld sollten religionspädagogisch akzentuierte Wahlmöglichkeiten angeboten werden (z. B. ein Erzählzyklus biblischer Geschichten, ein Erkundungsvorhaben bei der Diakonie oder in der Kirchenmusik, die Begegnung mit Menschen, die von ihrem Glauben erzählen).

2.3 Religion im Schulleben

  • Feste und Feiern sind wichtige Ereignisse des Zusammenlebens und -lernens und unverzichtbarer Bestandteil der Schulkultur. Zu solchen Gelegenheiten des Innehaltens, der Nachdenklichkeit, der Fröhlichkeit und ritualisierten Würdigung gehören unter anderem christliche Andachten und Schulgottesdienste, Morgenfeiern und Gedenktage, zu denen alle Schülerinnen und Schüler (und ggf. Eltern) unabhängig von ihrer religiösen und weltanschaulichen Herkunft eingeladen sind und sich nach Möglichkeit auch aktiv beteiligen können.

  • Schule öffnet sich nach außen zu Begegnungen mit Menschen aus anderen Lebensbereichen. So gibt es in einigen Bundesländern gemeindepädagogisch orientierte Angebote (z. B. als "Evangelische Kontaktstunde"), die eine besondere Beziehung zwischen Schule und Kirchengemeinde herstellen. Sie ermöglichen den Kindern, religiöses Leben kennen zu lernen und mit Zeugen des christlichen Glaubens zusammenzutreffen.

  • Die Gestaltung des Schullebens ist von einer einverständigen und intensiven Zusammenarbeit der Beteiligten abhängig. Hier gewinnt eine christliche Elternarbeit an Bedeutung, die über die verbreiteten Formen der ausgleichenden oder stützenden Zuarbeit bei Hausaufgaben, Hilfs- und Betreuungsdiensten etc. hinaus Eltern am Schulleben konkret beteiligt, zum Beispiel bei der Mitgestaltung von Feiern und Gottesdiensten. Solche Aufgaben können helfen, Unsicherheiten und Verlegenheiten im Blick auf die religiöse Erziehung der eigenen Kinder zu überwinden.

2.4 Religion an außerschulischen Lernorten

Eine besondere Chance, Bezüge zur gelebten Religion außerhalb der Schule zu stiften, bieten Besuche und Erkundungen von
  • Kirchenräumen und -veranstaltungen,
  • diakonischen Einrichtungen,
  • Friedhöfen,
  • Synagogen, Moscheen und Gebetsräumen
sowie Begegnungen mit den Menschen, die dort leben oder arbeiten.

Für eine nachbarschaftliche Zusammenarbeit von Grundschule und Kirchengemeinde ist es notwendig, dass die jeweiligen Verantwortlichen aktiv aufeinander zugehen und gemeinsam dazu beitragen, die außerschulischen Lernorte für das religiöse Lernen der Kinder fruchtbar zu machen.

2.5 Personelle Integration der verschiedenen Bereiche religiösen Lernens

Für die Entwicklung von integrierten Lehr- und Lernformen ist es wichtig, dass sich alle Lehrkräfte einer Klasse darüber verständigen, welche Lernbedürfnisse der Kinder sie beobachten, und wie diese Bedürfnisse einzuschätzen und zu berücksichtigen sind. Diese gemeinsame Abstimmung bildet die Basis für gezielte und differenzierende Lernangebote und einfühlsame Unterstützung. In diesem Prozess hat die Klassenlehrerin, die mehrere Stunden am Tag mit denselben Kindern verbringt, eine hervorgehobene Stellung. Wenn die Klassenlehrerin zugleich Fachlehrerin für Religion ist, ergeben sich sowohl für die religions- als auch für die allgemeinpädagogische Arbeit besondere Chancen. In einigen Bundesländern unterrichten Klassenlehrerinnen und -lehrer Religion ohne Fakultas/Vokation. Sie werden ermutigt, die Unterstützung der Kirche zu suchen, um sich unterrichtsbegleitend fortzubilden und die Lehrbefähigung für Religion zu erwerben (vgl. 4.1). Die Fachlichkeit des Unterrichts in Religion ist eine unabdingbare Voraussetzung für das religiöse Lernen in der Grundschule.

Wenn kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stundenweise Religionsunterricht in der Grundschule erteilen, sind besondere Anstrengungen erforderlich, ihre Arbeit zu integrieren und Fremdheit zu überwinden. Gerade in den neuen Bundesländern sind die kirchlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine wesentliche Stütze religionspädagogischer Arbeit in den Schulen. Die Distanz zum alltäglichen Schulbetrieb birgt einerseits gewisse Chancen (Reiz des Neuen und der Fremdheit, Unbelastetheit bezüglich kontinuierlicher Erziehungsaufgaben), andererseits darf es nicht dazu kommen, dass die "Gastrolle" eine systematische und verbindliche Zusammenarbeit behindert, so dass die religiöse Erziehung nicht in das Allgemeinbildungskonzept der Grundschule einbezogen werden kann. Noch schwieriger ist es, wenn in Minderheiten- oder Diasporasituationen der Fachunterricht in Religion in klassen-, jahrgangs- oder gar schulübergreifenden Lerngruppen stattfindet. Hier sollten die in den vorangegangenen Abschnitten beschriebenen Möglichkeiten, über den Fachunterricht hinaus Religion in die Grundschule einzubringen, wenigstens punktuell und exemplarisch angestrebt werden. Jahrgangsübergreifender Unterricht, der nur zwei, allenfalls drei Jahrgänge umfasst, kann dagegen aufgrund seiner Altersheterogenität pädagogisch anregend sein, wie schon Reformpädagogen betont haben.
Nächstes Kapitel