Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMAS zur Änderung der Beschäftigungsverordung und der Aufenthaltsverordnung

des Bevollmächtigten des Rates der EKD und des Kommissariats der deutschen Bischöfe

 

Gemeinsame Stellungnahme

des Bevollmächtigten des Rates der EKD

bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union und

des Kommissariats der deutschen Bischöfe
– Katholisches Büro in Berlin –

           

zum Referentenentwurf zur Änderung der

Beschäftigungsverordnung und der Aufenthaltsverordnung

 

Die beiden Kirchen in Deutschland danken dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Übersendung des Referentenentwurfs und für die Möglichkeit, zu den Änderungen der Beschäftigungs- und der Aufenthaltsverordnung Stellung zu nehmen. Dass die Kirchen bereits zu Beginn in den Dialog eingebunden wurden, begrüßen sie, ebenso wie die Tatsache, dass einige der dort geäußerten Anregungen berücksichtigt worden sind. Die Kirchen befürworten die vorgesehenen Härtefallregeln, denn so kann besonderen Situationen Rechnung getragen werden.

Nichtsdestotrotz sprechen sich die Kirchen weiterhin gegen eine Änderung des § 14 BeschV aus, weil sie es mit Blick auf das Recht auf religiöse Selbstbestimmung aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV für verfassungsrechtlich problematisch halten, dass ausländische Geistliche bereits vor der Einreise einfache (Sprachniveau A 1 nach dem europäischen Sprachrahmen)  bzw. nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten ab Inkrafttreten der Regelung hinreichende Sprachkenntnisse (A2 nach dem europäischen Sprachrahmen) nachweisen müssen. Ein Sprachniveau von A2 vor der Einreise ist nicht erforderlich, denn ein Sprachkurs im Inland ist mindestens gleich-, wenn nicht besser geeignet, die Integration zu fördern. Ein Sprachkurs in Deutschland – ob verpflichtend oder mittels eines Anreizsystems durchgesetzt – ist zunächst wirkungsvoller als vor der Einreise. Denn es ist vielfach belegt, dass Fremdsprachen leichter, schneller und nachhaltiger in einem Umfeld erlernt werden können, in dem diese Sprache gesprochen wird. Aus der Begründung des Referentenentwurfs geht hervor, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, die angestrebte Brückenfunktion zur Mehrheitsgesellschaft könne nicht wahrgenommen werden, wenn der Spracherwerb erst nach der Einreise erfolge. Die vom Gesetzgeber angestrebte „Brückenfunktion“ der Geistlichen zwischen den hier lebenden Gemeindegliedern und der „Mehrheitsgesellschaft“ wäre aber auch dann gewährleistet. Die ausländischen Geistlichen würden nämlich ihren Glaubensgeschwistern in Vorbildfunktion zeigen, dass Deutschlernen im Lande möglich und wünschenswert ist.

Da die Möglichkeiten, im Ausland deutsche Sprachkenntnisse zu erwerben, oftmals sehr begrenzt sind, könnte die Einreise der Geistlichen und damit auch die Übernahme ihres Amtes erheblich erschwert werden.

Darüber hinaus begegnet der Entwurf auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG Bedenken, weil allein Geistliche, nicht aber Führungskräfte, die vergleichbare Aufgaben wahrnehmen, einen Sprachnachweis liefern müssen. Diese Ungleichbehandlung lässt sich nicht mit einer besonderen Integrationsaufgabe der Geistlichen rechtfertigen, denn auch Führungskräfte können „kraft Amtes eine Vorbild- und Beraterfunktion, die für eine erfolgreiche Integration wichtig ist“, erfüllen. Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass Geistliche primär im Interesse der Religionsgemeinschaften tätig werden. Sie sollen den Menschen in Deutschland, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, eine religiöse Heimat in ihrer Muttersprache geben. Integrationspolitische Erwägungen müssen dahinter zurücktreten. Das Augenmerk der Arbeit der Geistlichen liegt auf Seelsorge und nicht – wie es in der Begründung des Gesetzentwurfes heißt – in der Auseinandersetzung mit Problemen von Gemeindegliedern im Spektrum deutschen Behördenhandelns.

Die Forderung, von Geistlichen schon vor der Einreise ein bestimmtes Sprachniveau zu verlangen, würde eine Gewinnung geeigneter Personen erheblich einschränken. Basierend auf Schätzungen sind gut die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen mit ausländischen Wurzeln Christen. Es gibt etwa 3.000 bis 4.000 christliche Gemeinden, die von Migranten geleitet und besucht werden. Sie werden von über 1.000 hauptamtlichen und mehr als 2.000 ehrenamtlichen oder geringfügig bezahlten Geistlichen betreut, die fast alle aus dem Ausland stammen. Ähnlich wie es bei der Auswahl der Auslandspfarrer der EKD und des Katholischen Auslandssekretariats prioritär ist, den Deutschen im Ausland eine geistliche Heimat in ihrer Muttersprache zu bieten, spielen für die Migrantengemeinden in Deutschland die Deutschkenntnisse ihrer Pfarrer zunächst nur eine untergeordnete Rolle, denn die Religionsausübung läuft – auch bei gut integrierten Ausländern – meist primär in der Muttersprache ab.

Nicht auszuschließen ist darüber hinaus, dass die mit dem Entwurf geplanten Rechtsänderungen Signalwirkungen auf die Entsendung religiösen Personals von Deutschland in andere Länder haben. So könnten andere Staaten auf den Gedanken kommen, ihrerseits Sprachkenntnisse auf einem relativ hohen Niveau zu fordern und dadurch die Einreise ausländischer Seelsorger erheblich zu erschweren oder gar zu verhindern.

Die Kirchen bitten deshalb darum, von einer Änderung des §14 BeschV gänzlich abzusehen oder zumindest das Sprachniveau vor Einreise auf A1 zu senken und stattdessen Maßnahmen zu ergreifen, die dazu dienen, die Deutschkenntnisse der hierzulande bereits tätigen ausländischen Geistlichen zu verbessern.

 

Berlin, den 1. Oktober 2019