Klimaaktivistin appelliert an Synodale: „Jetzt zu schweigen, ist das größte Risiko von allen“

EKD-Synode in Magdeburg diskutiert über Klimaschutzziele

Die derzeit in Magdeburg tagende Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich heute intensiv mit Fragen des Klimaschutzes beschäftigt. Unter dem Motto „Evangelische Kirche(n) auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035“ sprachen der christliche Sozialethiker Prof. Markus Vogt (München), der Leiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft, Oliver Foltin, und die Beauftragte für Schöpfungsverantwortung in der EKD, Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und die Klimaaktivistin Aimée van Baalen (Sprecherin von Letzte Generation). 

Die synodale Debatte zu diesem Themenkomplex soll nicht nur punktuell, sondern dauerhaft geführt werden. Die Synode hatte im vergangenen November beschlossen, eine Roadmap für einen verbindlichen EKD-weiten Prozess zur Klimaneutralität bis 2035 sowie verbindliche Überprüfungs- und Anpassungsmechanismen erarbeiten zu lassen. Im September haben Kirchenkonferenz und Rat der EKD eine Richtlinie verabschiedet, die einen Standard für den kirchlichen Klimaschutz beschreibt, an dem künftig die rechtlichen Regelungen der Landeskirchen gemessen werden können. Durch die neue Klimaschutzrichtlinie sollen bis 2035 im Raum der EKD 90 Prozent Netto-Treibhausneutralität erreicht werden. Klimaneutralität soll 2045 erreicht werden.

Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt stellt klar: „Die Transformation kann nur gelingen, wenn einzelne Institutionen eine Vorbildrolle übernehmen.“ Dazu brauche es aus Sicht von Professor Vogt auch Widerstand gegen die Denkgewohnheiten und Organisationsformen der naturvergessenen Zivilisation, von der die Kirchen über Jahrhunderte ein wesentlicher Teil seien und zu erheblichen Teilen noch sind: „Es braucht die Erinnerung, dass wir verletzlicher Teil der Schöpfung sind und nicht ihr Gegenüber. Es braucht eine Erneuerung der Schöpfungstheologie. Es braucht inneren Widerstand gegen die Konsumgewohnheiten in der expansiven Moderne, in die wir alle verstrickt sind. Es braucht eine ‚Große Transformation‘.“

Wie eine Transformation gelingen könne, skizzierte Oliver Foltin. „Entscheidend wird vor allem sein, in den kommenden fünf bis zehn Jahren die Treibhausgasemissionen drastisch zu senken, denn nur so werden wir einen wirklichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Begrenzung der Erderwärmung leisten.“ Es sei aber nicht ausreichend, Gebäude aufzugeben. „Die Sanierungsquoten müssen massiv erhöht, Heizungsanlagen konsequent auf erneuerbare Energien umgestellt und auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel bedacht werden.“ Alle diese Punkte seien mit immensen Herausforderungen verbunden, die aber nicht unüberwindbar seien, wenn die Dringlichkeit der Umsetzung anerkannt und Maßnahmen entsprechend eingeleitet werden. „Die EKD-Klimaschutzrichtlinie ist dabei ein wichtiger Baustein und ein besonderes Instrument, um die Dringlichkeit und Relevanz auf allen kirchlichen Ebenen klar zu benennen“, so Foltin.

Zudem hat die Klimaaktivistin Aimée van Baalen (Sprecherin, Letzte Generation) einen dringenden Appell an die 128 Synodalen gerichtet: „Es ist an der Zeit, Risiken einzugehen. Denn jetzt zu schweigen, ist das größte Risiko von allen.“ Sie hob hervor, dass die evangelische Kirche eine wichtige Partnerin für die Klimaaktivist*innen sei: „Appellieren Sie an die Politik. Helfen Sie uns, eine Verhandlungsposition zu erhalten. Unterstützen Sie uns.“ Sie sagt weiter: „Wir brauchen Sie, um nicht nur das Hoffen, sondern auch das Fordern der lebenswerten und gerechten Zukunft aufrecht zu erhalten. Vielen Dank, dass Sie sich solidarisieren.“ Und betonte die Dringlichkeit des Klimaprotestes: „Wir müssen uns jetzt trauen, etwas zu sagen. Sonst lassen wir Milliarden Menschen weltweit und die junge Generation im Stich.“ 

Magdeburg, 8. November 2022

Pressestelle der EKD
Annika Lukas


Über die Synode der EKD: Die Synode der EKD ist neben Rat und Kirchenkonferenz eines der drei Leitungsorgane der EKD. Sie tagt vom 6. bis 9. November in Magdeburg. Nach der Grundordnung der EKD besteht die 13. Synode aus 128 Mitgliedern. Zu den Aufgaben der Synode zählen die Erarbeitung von Kundgebungen und Beschlüssen zu Fragen der Zeit sowie die Begleitung der Arbeit des Rates der EKD durch Richtlinien. Die Synode berät und beschließt aber auch den Haushalt und die Kirchengesetze. Geleitet wird die Synode vom Präsidium unter dem Vorsitz von Präses Anna-Nicole Heinrich. Sie ist zugleich Mitglied des 15-köpfigen Rates der EKD. Vorsitzende des Rates der EKD ist Annette Kurschus. Die EKD ist die Gemeinschaft von 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen. 19,7 Millionen evangelische Christinnen und Christen in Deutschland gehören zu einer der 12.900 Kirchengemeinden.