„Tischlein deck’ dich“: Ein Fest des Friedens und des Miteinanders
Weihnachtsessen für Bedürftige und Wohnungslose in Rüsselsheim
Frieden entsteht, wo Menschen sich umeinander kümmern. Genau dieses Miteinander prägt „Tischlein deck’ dich“ – das Weihnachtsessen für wohnungslose und von Armut betroffene Menschen in Rüsselsheim. Seit fünf Jahren richtet die Regionale Diakonie Groß-Gerau/Rüsselsheim die Veranstaltung gemeinsam mit der evangelischen Martinsgemeinde und den Lions- und Rotary-Clubs der Stadt im Haus der Kirche aus.
Ein gedeckter Tisch für alle Menschen
„Tischlein deck‘ dich“, diesen Ausspruch kennen Viele aus dem Märchen der Gebrüder Grimm. Ein gedeckter Tisch, voller Speisen, ohne sich selbst darum bemühen zu müssen - das durften die 120 Gäste am Montag im Haus der Kirche erleben. Essen bis kein Hunger mehr da ist, ist für die meisten nicht selbstverständlich. Denn sie leben teilweise auf der Straße, in Notunterkünften und sind von Armut bedroht. Ein weihnachtliches Festessen oder gar ein Besuch im Restaurant ist für sie undenkbar.
Doch am Montag dürfen die Gäste für einen Mittag die Schwere des Alltags hinter sich lassen und einfach nur genießen. An langen Tafeln sitzen die Gäste am Mittag im Saal. Es wird gelacht, erzählt und auch gesungen. Sterne hängen von der Decke herab und an den Fensterscheiben. Auf der Bühne steht ein Adventskranz. Die Atmosphäre ist festlich, vertraut und warmherzig. Ein herzhafter Essensduft zieht durch den Saal, der die Vorfreude auf das Festmahl schürt: Weihnachtsbraten mit Klößen, Rotkraut und Soße hat Koch und Caterer Kurt Eisenacher vorbereitet.
Umsorgt werden – ein unbekanntes Gefühl
Die meisten Gäste kommen jedes Jahr zu „Tischlein deck‘ dich“. „Wir kennen unsere Leute“, sagt Organisatorin und Straßensozialarbeiterin Eva Dettweiler. Daher haben sie und ihre Kollegen die Gäste bei der Essensausgabe „Kochen für Rüsselsheim“ und in der Wohnungsnotfallhilfe aktiv angesprochen und zu der Feier eingeladen. Sicherlich wären noch viel mehr Menschen gekommen, doch die Kapazität ist begrenzt. Dennoch hat sie ein paar mehr Essen mehr bestellt, als angemeldet, falls jemand kommt, der keine Eintrittskarte hat. „Wir schicken niemanden weg!“, betont sie.
Bedient und umsorgt werden, das ist für die Gäste oft ein ganz ungewohntes Gefühl. „Wer auf der Straße lebt, muss sich um alles allein kümmern“, sagt Eva Dettweiler. Tag für Tag müsse man schauen, dass das Lebe am Laufen gehalten wird. Bei „Tischlein deck‘ dich“ hingegen, dürfen die Gäste kommen und genießen. Denn sie bekommen nicht nur Essen, sie werden auch von zahlreichen Ehrenamtlichen sowie den Mitarbeitenden der Diakonie bedient und umsorgt.
Eine Feier, die Menschen zusammenbringt
Neben dem Essen, ist es vor allem die Menschlichkeit, Nähe und das Zusammenkommen, worüber sich die Gäste freuen. „Das ist ja das wichtigste, dass Menschen zusammenkommen", findet Georg Raitza. Jedes Jahr kommt er zu "Tischlein deck' dich. Er schätzt die Atmosphäre und das Miteinander, ist dankbar, dass es die Veranstaltung gibt und hoffentlich auch weiterhin geben wird.
Auch Petra März und ihr Partner sind inzwischen zu Stammgästen bei „Tischlein deck' dich" geworden. „Wer bei der Diakonie ist, ist meist sehr ausgegrenzt, hat keine Familie mehr, ist wohnsitzlos", fasst Petra März zusammen. Die Feier bringe alle zusammen an einen Tisch. „Das macht ein schönes Gefühl", sagt sie.
Tischlein deck Dich - ein Fest des Friedens und des Miteinanders in Rüsselsheim
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Frieden beginnt im Kleinen
Doch Tischlein deck‘ dich hat noch eine viel größere Bedeutung, wie Pfarrer Andreas Jung erklärt. „Weihnachten ist ein Fest des Friedens“, fasst Andreas Jung zusammen. Es sei ein Fest der Menschlichkeit, der Lebensfreude und um den Frieden weiterzugeben.
„Der Frieden fängt im Kleinen an“, betont Pfarrer Jung. Dafür sei es wichtig Orte der Begegnung zu schaffen. Veranstaltungen anzubieten und Feste gemeinsam zu feiern. Damit Menschen zusammenkommen, die sich sonst weniger begegnen. Aber auch, um Menschen aktiv einzubinden. „Wir haben auch Menschen aus der Ukraine, die wir aktiv mitnehmen und involvieren“, erläutert er. Das Stadtbild in Rüsselsheim sei bunt und vielfältig. Über 60 Prozent der dort lebenden Menschen habe Migrationshintergrund, erklärt Jung. Daher seien Orte der Zusammenkunft, gerade in einer solchen Stadt besonders wichtig. „Das brauchen wir mehr denn je“, betont Pfarrer Andreas Jung. Denn Frieden entstehe nur dann, wenn die Menschen miteinander sprechen, füreinander da sind und anderen Hilfe und Unterstützung anbieten.
Von Franziska Weiß