500 Jahre Täuferbewegung: Mut, Frieden, Verantwortung, Freiheit

Gedenkveranstaltung mit Festakt, Pilgerweg und Gottesdienst in Hamburg

Mit einem Festakt in der baptistischen Christuskirche Hamburg-Altona, einem ökumenischen Pilgerweg und einem Festgottesdienst in der Mennonitenkirche zu Hamburg und Altona erinnerten Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Kirchen am 21. September an 500 Jahre Täuferbewegung. Unter den Gästen war auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

In seinem Grußwort beim Festakt betonte Steinmeier: „Die Täufer sind ein Teil unserer europäischen Freiheitsgeschichte.“ Sie hätten gelehrt, dass Mündigkeit und Verantwortung untrennbar zusammengehören: „Wer mündig glaubt und handelt, der denkt nicht nur an sich, der übernimmt immer auch Verantwortung – für sich, für andere und für das Gemeinwohl.“ Demokratie lebe von Bürgerinnen und Bürgern, die Verantwortung freiwillig und verbindlich für die Gemeinschaft übernehmen und sie aktiv mitgestalten.

Steinmeier hob zugleich das täuferische Friedenszeugnis hervor: Auch wenn Demokratien heute ihre Freiheit militärisch schützen müssten, bleibe das Ideal der Gewaltlosigkeit unverzichtbar: „Denn es ist richtig, für die eigenen Überzeugungen einzustehen – aber eben friedlich.“ Die Tradition gewaltfreier Zivilcourage sei ein Geschenk für die Gesellschaft, etwa bei der Friedlichen Revolution in der DDR und bis in die Gegenwart.

Auch die Baptistin Prof. Dr. Andrea Strübind und die Mennonitin PD Dr. Astrid von Schlachta griffen in ihrer Festrede das Thema Frieden auf. Sie zeigten, dass Friedenshandeln ein nonkonformer und oft mühsamer Weg sei, der nicht erst bei tätlichen Attacken beschritten werden müsse: Gewalt beginne bereits dort, wo andere beschimpft, diffamiert und stigmatisiert und damit in ihrem Menschsein entwertet werden: „Fangen wir bereits dort an, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen.“

Strübind und von Schlachta erinnerten an vier zentrale Aspekte der täuferischen Tradition: Taufe als bewusstes Bekenntnis des Einzelnen, Freiheit und Verantwortung, Nonkonformismus sowie Friedenstüchtigkeit und Dialog. Täuferinnen und Täufer hätten über Jahrhunderte hinweg gezeigt, dass Mut, eigene Wege und schöpferischer Nonkonformismus Voraussetzungen für gesellschaftliche Erneuerung und Verantwortung seien.

Reverend Christopher Easthill, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), merkte augenzwinkernd an: „Dass wir heute gemeinsam mit dem höchsten Vertreter unseres Staates 500 Jahre Täuferbewegung gedenken, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.“ Er würdigte das Zeugnis der Täuferinnen und Täufer, die sich durch Gewaltverzicht, freie Glaubensentscheidung und radikale Nachfolge Jesu oft der Obrigkeit verdächtig machten. Gerade heute seien diese Werte hochaktuell: Mündigkeit, Verantwortung, Frieden und Hoffnung aktiv zu leben und die Stimme der Friedenskirchen auch in Krisenzeiten hörbar zu machen.

Musikalisch und szenisch gestaltet wurde die Veranstaltung vom Ensemble Schirokko Hamburg und Gertrud Geisler. Beim anschließenden Pilgerweg zwischen der Christuskirche und der Mennonitengemeinde beteiligten sich die Gäste mit Bannern und Gesang.

Im Festgottesdienst am späteren Nachmittag hielten Strübind, von Schlachta und Dr. Verena Hammes, Geschäftsführerin der ACK, gemeinsam eine dialogische Predigt, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander in Gespräch setzte. Sie erinnerten an den Mut der Täuferinnen und Täufer, für Freiheit, Gewaltlosigkeit und Glaubenszeugnis einzutreten, mahnten zur sprachfähigen Hoffnung im Hier und Jetzt und forderten dazu auf, die Gesellschaft aktiv im Sinne von Gerechtigkeit und Frieden mitzugestalten. Das Leitwort „Gewagt!“ und 1. Petrus 3,15-17 („Seid stets bereit, jedem Rechenschaft abzulegen von der Hoffnung, die euch erfüllt“) betonten, so die Predigerinnen, dass Glaube nicht nur im Herzen, sondern in Tat und Wort wirksam werde.

Unter der Überschrift „Heilende Worte aus der Ökumene“ sprachen Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Dr. Gerhard Feige, Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz und Pastor Marc Brenner, Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) mit Rainer Burkart über Chancen, Herausforderungen und versöhnlichen Impulse ökumenischer Begegnung.

Die Täuferbewegung entstand im frühen 16. Jahrhundert als reformatorische Strömung neben der Wittenberger und der Schweizer Reformation. Die Gedenkveranstaltung wurde vom Verein „500 Jahre Täuferbewegung 2025“ organisiert und bildete den Abschluss von fünf Themenjahren unter dem Motto "Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525-2025", die in vielen Gemeinden, in der Ökumene und im internationalen Austausch die täuferische Tradition neu ins Gespräch brachten.