Liturgie-Experte: Deutsche Messe hat neue kulturelle Maßstäbe gesetzt
Leipzig (epd). Die Einführung der Deutschen Messe vor 500 Jahren in Wittenberg bereitete nach Einschätzung des Liturgie-Experten Alexander Deeg auch den Weg für die bedeutende Tradition evangelischer Kirchenmusik. „Die Sorgfalt, der hohe Qualitätsanspruch, den Luther im Blick auf die Musik hatte, ist eine Wegbereitung für alles, was danach kam“, sagte der Professor für Praktische Theologie an der Universität Leipzig und Leiter des Liturgiewissenschaftlichen Instituts der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), dem Evangelischen Pressedienst (epd). Luthers Grundgedanke der aktiven Mitfeier - in Wort und Musik - habe die evangelische Liturgie über Jahrhunderte geprägt und neue kulturelle Maßstäbe gesetzt.
Die von Martin Luther (1483-1546) am 29. Oktober 1525 in Wittenberg erstmals gefeierte Deutsche Messe war die lang erwartete Antwort Luthers auf eine Vielzahl deutschsprachiger evangelischer Gottesdienste, die sich landauf, landab entwickelt hatten. Der Ablauf orientierte sich an der katholischen Messe, verzichtete aber auf den damaligen Messopfergedanken im Abendmahl und setzte auf Predigt, Gemeindelieder und die aktive Teilnahme der Gemeinde.
Im Oktober 1525 arbeitete Luther laut Deeg mit Hofmusikern intensiv daran, den Gottesdienst musikalisch für die Gemeinde erlebbar zu machen. So sei die Verbindung von Lied und Verkündigung zum Markenzeichen des evangelischen Gottesdienstes geworden - und später zu einem künstlerischen Motor für Komponisten wie Johann Sebastian Bach (1685-1750). Luther habe bewusst neue Akzente gesetzt, indem er die neue Messe nicht nur in deutscher Sprache, sondern mit einem Schwerpunkt auf Gemeindegesang und Predigt gestaltete. Es sei ihm wichtig gewesen, dass die Gemeinde verstehe, was sie feiere, erklärte der Liturgie-Experte.
Auch die Haltung zur liturgischen Tradition war laut Deeg von Weiterentwicklung geprägt: „Luther vollzieht keinen völligen Neustart, sondern setzt eigene Akzente innerhalb einer bestehenden kirchlichen Tradition.“ Rund 450 Jahre später habe das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) eine Liturgiereform vollzogen, die zentrale Reformideen der Reformatoren erstmals für die katholische Liturgie aufgenommen haben, fügte Deeg hinzu. Musik und Mitwirkung der Gläubigen treten seitdem in beiden Konfessionen stärker hervor, was sichtbare Spuren hinterlasse.