Antisemitismus

Vorurteile, Ausgrenzungen, Projektionen und was wir dagegen tun können

Antisemitismus heute

Antisemitismus hat viele Gesichter. Er zeigt sich in gewalttätigen Übergriffen auf Jüdinnen und Juden, in der Schändung jüdischer Gräber oder der gezielten Beschädigung jüdischen Besitzes. Doch auch die Leugnung der in der Zeit des Natio­nalsozialismus an Juden verübten Verbrechen, ihre Relativierung durch unangemessene Vergleiche oder die Verkehrung der Rollen von Tätern und Opfern sind gefährliche Erscheinungsformen des Antisemitismus. Verbreitet sind auch Verschwörungstheorien und Hasspropaganda gegen den Staat Israel. Auf Schulhöfen hört man »Du Jude!« nicht selten als Schimpfwort.

In Deutschland werden durchschnittlich drei antisemitisch motivierte Straftaten pro Tag erfasst. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weit darüber. Jüdische Persönlichkeiten, die in der Öffentlichkeit stehen, werden im Internet zur Zielscheibe für Drohungen und antisemitische Hetze. Jüdische Einrichtungen, Kitas und Schulen arbeiten nur unter besonderem Polizeischutz. Eine Umfrage (2015) hat ergeben, dass aus Angst vor Übergriffen 63 % der befragten Juden in der Öffentlichkeit keine Kippa oder andere jüdische Symbole tragen.

Auf antisemitische Einstellungen trifft man nicht nur in extremistischen Kreisen. Nur etwa elf Prozent der Deutschen weisen in Umfragen antisemitische Äußerungen vollständig zurück.

Antisemitismus kann man als eine Sonderform »gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« bezeichnen. Er ist in aller Regel mit einer rassistischen Grundeinstellung verbunden und speist sich aus mehreren Quellen. Judenfeindliche Traditionen im Christentum und im Islam spielen ebenso eine Rolle wie das Bedürfnis nach einfachen Erklärungsmodellen für die komplexen Probleme in der modernen Welt. In allen Varianten begegnet die Behauptung: »Die Juden sind schuld!« Antisemitismus verdichtet sich zur Welt­anschauung.

Deshalb darf sich die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus nicht auf die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und auf die Erinnerung an die Opfer der Shoah beschränken.

 

Wir widersprechen antisemitischen Aussagen. Dazu gehören Sätze wie die folgenden:

»Es muss auch mal Schluss sein mit der Erinnerung an die deutsche Schuld!«
»Die Juden haben zu viel Einfluss.«
»Die Juden sind alle reich.«
»Die Juden kontrollieren die internationalen Finanzmärkte.« 
»Die Juden sind arrogant. Sie halten sich für was Besseres.«
»Die Juden haben einen Rachegott.«
»Die Juden in Israel machen mit den Palästinensern doch dasselbe wie damals die Nazis …«
»Ich habe ja nichts gegen Juden, aber man wird doch noch sagen dürfen …«

 

Antisemitismus ist eine Realität in der Mitte der Gesellschaft und so auch in der Mitte der Kirchen. 

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