Schritte zu einer nachhaltigen Entwicklung

Die Entwicklungsziele und der Stand ihrer Umsetzung

Die Millenniumserklärung, auf die sich die Staats- und Regierungschefs auf der Sondervollversammlung der Vereinten Nationen im Jahre 2000 geeinigt haben, bietet die Möglichkeit, das politische Handeln der Staatengemeinschaft und der gesellschaftlichen Gruppen an der Bekämpfung der Armut, der Förderung des Friedens und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu messen. Die Millenniumserklärung verpflichtet die Staaten, bis zum Jahr 2015 acht Ziele zu erreichen (Millennium Development Goals – MDGs). Mit diesen Zielen sollen sowohl die weltweite Armut wirksam bekämpft als auch die Grundlagen für eine nachhaltige und gerechte wirtschaftliche Entwicklung gelegt werden. Es geht um die folgenden Ziele:

  1. den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, zu halbieren,
  2. allen Kindern eine Grundschulausbildung zu ermöglichen,
  3. die Gleichstellung der Geschlechter und die politische, wirtschaftliche und soziale Beteiligung von Frauen zu fördern, besonders im Bereich der Ausbildung,
  4. die Kindersterblichkeit zu verringern,
  5. die Gesundheit der Mütter zu verbessern,
  6. HIV/AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten zu bekämpfen,
  7. den Schutz der Umwelt zu verbessern und den Anteil der Menschen ohne nachhaltigen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu halbieren, sowie
  8. eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufzubauen.

Die Erklärung richtet sich an alle Staaten. Sie verpflichtet die Staaten und ihre Bürger, ihren Anteil an der Erreichung der Millenniumsziele zu leisten.

Grundlage dieser Verpflichtung zur Armutsbekämpfung bildet die Einsicht, dass Frieden, Freiheit und Demokratie in der Welt nur erreicht oder gesichert werden können, wenn die Lebensbedingungen der Menschen, die in Armut leben, maßgeblich verbessert werden. Die Terroranschläge des 11. September 2001 in New York und Washington und des 11. März 2004 in Madrid sowie die nach wie vor ungewissen Folgen der militärischen Interventionen im Kosovo (1999) und in Afghanistan (2001) sowie des Krieges gegen den Irak (2003) sind auch Auswüchse der sozialen Spannungen und machen deshalb deutlich, wie dringlich die Aufgabe ist. Dennoch steht die Armutsbekämpfung in erster Linie unter dem Postulat der Gerechtigkeit und nicht der Sicherheit.

Gelingt es den Vereinten Nationen zu zeigen, dass die Staatengemeinschaft weltweit wirksame Maßnahmen gegen Armut, Hunger und Krankheit ergreifen und die eigene Handlungsfähigkeit zu diesem Zweck stärken kann, wird ihre Legitimität auch in anderen Politikfeldern wachsen. Sowohl die Studie zur Umsetzung der MDGs (Sachs-Bericht) wie zur Reform der Vereinten Nationen (High Level Panel-Bericht) als auch der Bericht des UN-Generalsekretärs („In Larger Freedom“) sind bedeutsame Beiträge, um das Ziel einer umfassenden internationalen Zusammen-arbeit und einer friedlichen Bearbeitung von Konflikten zu unterstreichen und auszubauen. Sie widersprechen den Tendenzen zum Unilateralismus und zur militärischen Gewaltanwendung in verschiedenen Konflikten.

Die UN-Sondervollversammlung, die im September 2005 zusammentritt, wird Bilanz ziehen, was im Blick auf die Millenniumsziele bereits erreicht worden ist. In dieser Bilanz wird zu erkennen sein, was noch getan werden muss. Bisherige Analysen zeigen, dass die internationale Gemeinschaft „nicht auf Kurs“ ist, wie das Jeffrey Sachs ausgedrückt hat. Er hat im Auftrag des Generalsekretärs der Vereinten Nationen die bisherigen Leistungen bei der Umsetzung der Entwicklungsziele bewertet. Eine nennenswerte Verringerung der Zahl der Armen gegenüber 1990 ist bisher nur in China gelungen. Das lässt zwar die globalen Statistiken besser aussehen, da in China mehr als ein Siebtel der Weltbevölkerung lebt, doch in den meisten Ländern hat sich an der Ausgangslage wenig geändert. In vielen Ländern und Regionen nehmen die Probleme sogar zu. In praktisch allen Ländern einschließlich Chinas wachsen die innergesellschaftlichen Einkommensunterschiede. In vielen Ländern rutschen immer mehr Menschen in die Verelendung ab. Der Mittelstand, auf den sich große Hoffnungen richten, gerät unter Druck – sogar in den westlichen Industrieländern.

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