Gottes Gegenwart spüren

Wie eine Pfingstgemeinde den Glauben lebt

Festgottesdienst in der Christuskirche Berlin Mitte
Festgottesdienst in der Christuskirche Berlin-Mitte

Wie feiern pfingstliche Gemeinden Gottesdienst? Was verstehen sie unter Wundern? Pastor Vladyslav Gretschmann hat die Türen der Christuskirche Berlin-Mitte geöffnet.
 

Berlin. Von außen ist das weiß verputzte Gebäude mit den rot geklinkerten Fensterrahmen kaum von einer Schule aus der Gründerzeit zu unterscheiden. Doch hier in einem Hinterhof in der Anklamer Straße nördlich des Berliner Zentrums hat eine Pfingstgemeinde ihr Zuhause, nämlich die Christuskirche Berlin Mitte, die auf eine mehr als 70-jährige Geschichte blickt und zum Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden KdöR  gehört.

Mehr als 300 Gemeindemitglieder zählen sich zu dieser Pfingstgemeinde. Sie feiern Gottesdienste, bieten Glaubens- und Taufvorbereitungskurse, machen Angebote für Kinder, Jugendliche, Frauen und Senioren. Sogar eine Musikschule, den „Musikckampus“, gibt es. Geleitet wird die Gemeinde von Pastor Vladyslav Gretschmann, mehr als 50 Ehrenamtliche unterstützen ihn. Genaugenommen sind in dem unscheinbaren Gebäude sogar zwei Gemeinden zuhause: Neben der Christuskirche eine russisch sprechende Gemeinde, die „Quelle des Lebens“. Beide Gemeinden arbeiten in vielen Bereichen zusammen.

Was den alten Steinen Leben einhaucht, zeigt sich besonders sonntags, wenn die Christuskirche Berlin Mitte und die „Quelle des Lebens“ ihre drei Gottesdienste feiern. „Ein Willkommensteam empfängt die Gemeindemitglieder und Besucher jeweils schon draußen“, sagt Pastor Gretschmann. „Wir wollen eine freundliche Atmosphäre schaffen und den Besuchern Hinweise und Orientierung geben“, so der 44-Jährige weiter.

Während Ehrenamtliche die Kleinen zur Kinderstunde begleiten, versammeln sich die Großen in einem eher schmucklosen, weiß-gestrichenen Saal, den vor dem Krieg einmal eine Kuppel überwölbte. Hier wird sichtbar, dass das fünfstöckige Gebäude schon bei der Planung Ende des vorigen Jahrhunderts als Sakralbau vorgesehen war, in dem bis heute Gottesdienste gefeiert werden. Doch auch Wohnungen sind darin untergebracht.

„Wir wünschen uns lockere Gottesdienste“, sagt Gretschmann, der aus der Ukraine stammt und die Gemeinde seit drei Jahren leitet. Dabei folgen die Feiern einem festen Ablauf, bei dem Lobpreis, Gebet und Predigt im Mittelpunkt stehen. Nach einer kurzen Begrüßung stimmt das Lobpreisteam seine Lieder an. Wegen Corona könne die Gemeinde nicht mitsingen, sagt Gretschmann. „Wir ermuntern die Teilnehmer wegen der Hygienevorschriften, mit dem Herzen dabei zu sein.“ In Zeiten ohne Corona singe die Gemeinde rund 20 Minuten und stimme sich ein, so der gelernte Steuerberater weiter.

„Die Predigt soll ein relevantes Thema aufgreifen. Wir wollen die Menschen abholen und über Themen predigen, die sie beschäftigen“, so Gretschmann. Grundlage für die halbe Stunde sei immer ein Wort der Bibel, wichtig sei ihm jedoch der praktische Bezug, betont der Vater dreier Kinder. „Ich möchte nicht nur schöne Geschichten erzählen, sondern den Menschen über den Sonntag hinaus Hoffnung geben.“ So spreche er zum Beispiel darüber, wie sich Familienmitglieder vergeben und respektvoll miteinander umgehen können.  

Wie in allen Pfingstgemeinden so ist auch in der Christuskirche Berlin Mitte das Gebet von großer Bedeutung. „Wir glauben, dass Gott auf unsere Gebete antwortet“, sagt Gretschmann, der mehrere Bibelschulen besucht und Theologie studiert hat. So ermutige er die Anwesenden, ihre Anliegen vor Gott zu bringen und auch Zeugnis ihrer Erlebnisse mit Gott zu geben. „Die Gemeinde soll hören und spüren, dass Gott da ist“, wünscht sich der Prediger. „Als Gemeinde haben wir die Aufgabe, mit Gott eine Beziehung aufzubauen.“

Pastor Vladyslav Gretschmann denkt dabei weniger an spektakuläre Wunder wie Heilungen. „Ich glaube, dass Gott übernatürlich in unserem Leben wirken möchte.“ Für ihn sei es jedoch auch ein Wunder, wenn sich Eltern und Kinder nach einem Streit wieder versöhnen. Auch das sei schließlich eine Art Heilung, so Gretschmann. „Ich möchte die Menschen ermutigen, mit ihren Gaben und Talenten einen Unterschied im Leben zu machen. Sie sollen füreinander da sein.“

Die Christuskirche steht mit anderen Gemeinden in Kontakt, engagiert sich unter anderem in der „Evangelischen Allianz Berlin“. Neuen Kontakten sieht Gretschmann offen entgegen: „Jede Gemeinde auf allen Seiten hat ihre Stärken und Schwächen“, sagt der Pastor. „Alle stehen vor den gleichen Herausforderungen zum Beispiel im Jugendbereich. Da können wir uns gegenseitig unterstützen.“

Von Sven Kriszio

Impressionen aus dem Gemeindeleben der Christuskirchen Berlin-Mitte

Gottesdienst in der Christuskirche Berlin-Mitte
Kindergemeindefest in der Gottesdienst in der Christuskirche Berlin-Mitte
Gemeindefest in der Kindergemeindefest in der Gottesdienst in der Christuskirche Berlin-Mitte
Kindergemeindefest in der Gemeindefest in der Christuskirche Berlin-Mitte
Coverbild Pfingstkirchen und Charismatisierung

Pfingstbewegung und Charismatisierung: Zugänge – Impulse – Perspektiven

Etwa ein Viertel der weltweiten Christenheit gehört bereits pfingstlichen oder charismatischen Gruppierungen an. Dennoch ist in traditionellen Kirchenkreisen meist nur wenig über sie bekannt. Diese Orientierungshilfe bietet Verantwortlichen in der EKD entsprechende Hintergrundinformationen. Das Buch gibt unter anderem einen historischen Überblick und zahlreiche Fallbeispiele. Praxisempfehlungen regen dazu an, aufeinander zuzugehen und Vorurteile zu überwinden. So soll ein konstruktiver Dialog angestoßen werden, der die Pfingstkirchen theologisch ernst nimmt, kritische Aspekte jedoch nicht ausblendet.

Evangelische Verlagsanstalt GmbH, 2021

ISBN 978-3-374-06961-3
Preis 12 Euro

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English Version: Pentecostal Movement and Charismatization