Gott ist ein Freund des Lebens

VI.2. Das ungeborene Leben im Mutterleib

Der Schutz des ungeborenen Lebens steht neben den Problemen der Embryonenforschung heute noch vor einer anderen, zahlenmäßig weit bedrängenderen Herausforderung: Allein in der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich über 200 000 Abtreibungen vorgenommen. Die Embryonen in vitro und die Embryonen in vivo haben die gleiche Würde und das gleiche Recht auf Leben. Der Schutz des ungeborenen Lebens ist unteilbar. Aber es ist die Beobachtung bedeutsam, daß sich das ungeborene Leben im Mutterleib in einer anderen Situation befindet als der Embryo im Labor: Es ist abhängig von der Frau, die es in sich trägt. Darum müssen alle Anstrengungen zum Schutz des ungeborenen Lebens im Mutterleib darauf gerichtet sein, es mit der Frau und nicht gegen sie zu schützen.

  1. Schwangerschaft im Konflikt

    Aus der körperlichen Vereinigung von Frau und Mann kann neues Leben hervorgehen. Neuere medizinische Untersuchungs- und Darstellungsmethoden wie etwa die Ultraschallaufnahme des Fetus tragen dazu bei, die Wahrnehmung für das wunderbare und geheimnisvolle Wachsen des Lebens zu schärfen. Schwangerschaft ist darum in ganz besonderer Weise eine Zeit dankbaren Staunens und intensiver Freude. Dem widerspricht die andere Erfahrung nur scheinbar, daß die Schwangerschaft auch zwiespältige Gefühle auslösen kann: Von der körperlichen Verfassung der Frau angefangen kommen Umstellungen auf beide Eltern zu, auf die sie mit Unruhe und Unsicherheit, zuweilen mit Panik reagieren können. Vor allem dann, wenn die Schwangerschaft ungewollt eingetreten ist, fehlt häufig die Zeit, um die überraschend eingetretene Situation in Ruhe zu bedenken und die erforderlichen Umstellungen vorzubereiten.

    Viele Schwangerschaftskonflikte können von der schwangeren Frau, dem Vater des Kindes und den beteiligten Familien ohne oder mit Hilfe Dritter bewältigt werden. Aber daneben stehen andere Konfliktsituationen, die mit dem Abbruch der Schwangerschaft enden. Diese Konfliktsituationen sind, wie einige exemplarische Hinweise zeigen, von sehr verschiedener Art und sehr verschiedenem Gewicht: Eine ungewollte Schwangerschaft kann den Lebensplan stören und manchmal völlig über den Haufen werfen. Die Geburt eines nicht geplanten Kindes hat dabei unter Umständen für die Frau, zuweilen auch für den Mann die Konsequenz, daß die begonnene Ausbildung nicht zu Ende geführt oder die Berufstätigkeit nicht in der bisherigen Form fortgesetzt werden kann. Im Mittelpunkt einer großen Zahl von Schwangerschaftskonflikten stehen Beziehungsprobleme. Sie gehen nicht selten so weit, daß der Vater des Kindes die Frau unter Druck setzt und zum Schwangerschaftsabbruch drängt. Auch kann fehlende Unterstützung durch Familie und weiteres Umfeld bei der Schwangeren die Angst vor dem Alleingelassenwerden und der sozialen Isolation verstärken.

    Auch schwere Schwangerschaftskonflikte führen keineswegs unausweichlich zum Schwangerschaftsabbruch. Es kann gelingen, sich auf die schwierige Situation einzustellen, das Unvorhergesehene dennoch zu bejahen und zu neuen Lebensperspektiven zu finden. In anderen Fällen freilich wird die Abtreibung als einziger Ausweg angesehen. Zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften gab und gibt es Konflikte um das ungeborene Leben. Der allgemeine medizinische Fortschritt bringt es mit sich, daß die Durchführung einer Abtreibung technisch leichter und das gesundheitliche Risiko für die Schwangere geringer wird. Daneben steht allerdings nach wie vor die Erfahrung, daß die Abtreibung bei nicht wenigen Frauen körperlich und seelisch zu erheblichen und manchmal langwierigen Beeinträchtigungen oder Schädigungen geführt hat. Die Entwicklung medikamentöser Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch ist weit vorangetrieben und wird in absehbarer Zeit noch stärker als schon gegenwärtig die Entscheidung über den Abbruch in die Hände der unmittelbar Beteiligten legen, wenngleich nicht notwendig bloß der Frau, die sich im Gegenteil gerade verstärktem Druck ausgesetzt sehen könnte; Auflagen und rechtliche Barrieren werden relativ an Bedeutung verlieren; der ethisch begründeten Einstellung zum Schwangerschaftsabbruch wird immer mehr Gewicht zukommen.

  2. Das gemeinsame Ziel

    In der in jüngster Zeit wieder heftiger geführten Diskussion um den Schwangerschaftsabbruch sind die Gegensätze unverändert scharf. Wir halten es aber für notwendig und auch für aussichtsreich, sich in der gesamten Gesellschaft über bestehende Gegensätze hinweg auf ein gemeinsames Ziel zu verständigen:

    Wir wollen, soweit es in unseren Kräften steht, dazu beitragen, Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden:

    • Darum wollen wir die Verantwortung in Partnerschaft und Sexualität stärken und so darauf hinwirken, daß es nach Möglichkeit gar nicht erst zu ungewollten konflikthaften Schwangerschaften kommt.
    • Darum wollen wir auf der Ebene der Bewußtseinsbildung und der Prägung ethischer Grundüberzeugungen die Achtung vor der Würde des ungeborenen Lebens vertiefen und fördern.
    • Darum wollen wir an der Veränderung solcher Verhältnisse arbeiten, die der Annahme des ungeborenen Lebens im Wege stehen.
    • Darum wollen wir mehr Frauen und Männer dafür gewinnen, daß sie im Schwangerschaftskonflikt das ungeborene Leben annehmen.
  3. Leitende Gesichtspunkte

    Die Beschreibung eines gemeinsamen Ziels ist Versuch und Angebot, für die zerstrittene Diskussion eine breite Plattform des Konsenses in unserer Gesellschaft zu finden. Die leitenden Gesichtspunkte, die dabei für die Kirchen maßgeblich sind und ihren Beitrag zur Erreichung des Ziels bestimmen, sollen hier in Anknüpfung an bereits dargelegte Einsichten zusammengefaßt werden:

    • Schwangerschaftsabbruch soll nach Gottes Willen nicht sein. Mit diesem Satz erinnern wir an den unbedingten Anspruch des Gebotes Gottes, das jede vorsätzliche Tötung eines Mitmenschen, also auch die Tötung eines ungeborenen Kindes ausschließen will.
    • Jedes Kind kann im Glauben angenommen werden als ein Geschenk Gottes. Diese Annahme fällt zuweilen sehr schwer. Darum haben für Christen in dem Konflikt, in den eine Schwangerschaft unter Umständen hineinführt, diejenigen Hilfen und Maßnahmen besonderes Gewicht, die der schwangeren Frau, dem Vater des Kindes und den Familien die Annahme des Kindes ermöglichen trotz der Schwierigkeiten, die diese Entscheidung mit sich bringt. Christen sehen innerhalb der Kirche wie innerhalb der Gesellschaft ihre vordringliche Aufgabe darin, unter Einsatz aller menschlich möglichen Kräfte mitzuhelfen, Situationen zu verhindern, in denen der Schwangerschaftsabbruch als einziger Ausweg erscheint.
    • In einer äußersten Zuspitzung können die betroffenen Menschen aber in ihrem Gewissen dem Konflikt ausgesetzt sein, daß sie Gottes Gebot wohl als für sich verbindlich anerkennen, aber dennoch angesichts der unerträglich erscheinenden Schwierigkeit, in die sie die Schwangerschaft gebracht hat, für sich keinen Weg sehen, das ungeborene Kind anzunehmen und also am Leben zu erhalten. Wenn in ganz besonderen und mit anderen Situationen nicht ohne weiteres vergleichbaren Fällen das Leben der Mutter gegen das Leben des Kindes steht und ein Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen angezeigt ist, muß unausweichlich eine Entscheidung getroffen werden, die so oder so das Gewissen belastet. Konfliktlagen von dieser Schärfe können nicht allgemeinverbindlich aufgelöst werden.
    • Das Reden und Handeln im Schwangerschaftskonflikt kann alle Beteiligten in die Dimension des Schuldigwerdens führen, nicht nur die schwangere Frau. Vorrangig ist die Verpflichtung zur Selbstprüfung bei allen Beteiligten: Wo liegen eigene Versäumnisse beim Schutz des ungeborenen Lebens? Die Bereitschaft zur Erkenntnis eigener Schuld wird durch Anklage und Schuldzuweisung nur verbaut.
    • Das Recht auf Selbstbestimmung ist Teil der menschlichen Würde und fordert darum unser Eintreten für eine fortschreitende Befreiung des Menschen aus Unmündigkeit und Fremdbestimmung. Selbstbestimmung findet aber ihre Grenze am Lebensrecht des anderen. Wer sie für sich selbst fordert, muß sie auch dem anderen zuerkennen. Darum kann das Selbstbestimmungsrecht der Frau keine Verfügung über das in ihr heranwachsende Leben begründen.
    • Wenn eine Schwangere sich nicht in der Lage sieht, das in ihr heranwachsende Leben anzunehmen, darf ihre Entscheidung, obwohl gegen Gottes Gebot, nicht pauschal und von vornherein als selbstherrliche Verfügung über menschliches Leben verurteilt werden. Die Gründe und Umstände, die zu einem solchen Schritt führen, sind vielmehr Herausforderung zum Gespräch, zum Mitfühlen und zu tatkräftiger Hilfe.
    • Sehr häufig trägt die Frau allein die Last einer ungewollten Schwangerschaft, während der Vater des Kindes die Frau im Stich läßt oder in entwürdigender Weise unter Druck setzt. Wer ein Kind zeugt, ist für dessen Zukunft nicht weniger verantwortlich als die schwangere Frau und bei seiner Verantwortung zu behaften.
    • So verstehen sich Kirchen und Christen als Anwalt des Lebens und der Menschenwürde gerade auch des ungeborenen Kindes und wissen sich zugleich aufgerufen, mit Rat und Hilfe allen denen beizustehen, die in Bedrängnis geraten sind.
  4. Die Beratungsarbeit der Kirchen

    Die Kirchen wissen sich dem Auftrag verpflichtet, sich mit Beratung und Hilfen den Menschen in ihren vielfältigen Nöten zuzuwenden. Zu ihnen gehören in besonderer Weise die Frauen, die aus den verschiedensten Gründen durch die Schwangerschaft in eine Notsituation gekommen sind.

    Beratung will zunächst die Mutter bzw. die Eltern des ungeborenen Kindes ermutigen, sich mit ihrer Lebenswirklichkeit aktiv auseinanderzusetzen, die durch die überraschende Schwangerschaft verändert ist. Die Ratsuchenden brauchen zur Klärung der Lebenssituation einfühlsame Begleitung. Wenn die Frauen und soweit diese zu gewinnen sind ihre Partner sich in der jeweils individuellen Situation, die immer auch von subjektiven Lebenserfahrungen und Einstellungen auf die Zukunft geprägt ist, ernstgenommen fühlen und persönliche Zuwendung erleben, kann die Verantwortung für das ungeborene menschliche Leben in ihr Blickfeld rücken. Während es in vielen anderen Lebenssituationen für anvertraute Menschen ein stellvertretendes ja durch andere gibt, ist im Schwangerschaftskonflikt das Ja der Mutter zu ihrem Kind nicht zu ersetzen.

    Kirchliche Beratung kann der Frau die Entscheidung nicht abnehmen, kann aber helfen, ihre Panik und Lähmung, ihre Abhängigkeiten zu überwinden, mit ihr Lebensperspektiven für sich und das Kind zu entwickeln und, soweit möglich, den nötigen Einsatz für das Leben des Kindes als Auftrag Gottes zu erkennen. So kann eine verantwortliche Entscheidung für das Kind reifen, die aus persönlicher Einsicht! erwächst und auch bei künftigen Schwierigkeiten tragfähig bleibt.

    Kirchliche Beratung ist demnach eine fachlich qualifizierte Hilfe, die Ratsuchende zur Selbsthilfe und zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung für das ungeborene Kind befähigen und damit die Chance für das Leben von Mutter und Kind verbessern will. Sie achtet und schützt die Würde der Frau ebenso wie das Leben ihres Kindes. Als Dienst der Kirche vertraut sie darauf, daß die Heilszusage Gottes auch in gebrochenen Verhältnissen trägt.

    Beratung und Hilfe für Frauen in Schwangerschaftskonflikten leiten sich aus dem Selbstverständnis der Kirchen ab. Die vom Strafrecht vorgeschriebene Beratungspflicht hat eine andere Begründung: Der Gesetzgeber wollte die Strafandrohung bei Schwangerschaftsabbrüchen zurücknehmen, um durch Beratung und Hilfe das ungeborene Leben besser zu schützen und der Frau zu helfen. Auch wenn der kirchliche Auftrag der Beratungsstellen über den des Staates hinausgeht, können die kirchlichen Beratungsstellen auch die in § 218b StGB vorgeschriebene Beratung durch die dort genannten Beratungsstellen übernehmen. Die Erfahrungen der kirchlichen Beratungsstellen zeigen, daß bei entsprechendem Einfühlungsvermögen eine Atmosphäre entwickelt werden kann, die eine vertrauensvolle Beziehung ermöglicht. Dies um so mehr, als die Ratsuchende sich häufig vom Vater des Kindes oder den beiderseitigen Eltern unter Druck gesetzt fühlt, so daß die Beratung entlastend und befreiend wirkt. Die Frau hat selbst oft zu wenig menschliche Annahme erfahren; daher fehlen ihr der Mut und das Selbstvertrauen, auch unverhoffte Situationen anzunehmen und sich auf sie einzustellen. Hilfen zur Lösung innerer und äußerer Konflikte, finanzielle Unterstützung, soziale Dienste und vor allem persönliche Wegbegleitung verstärken die Gewißheit, die Notsituation besser bewältigen zu können und nicht allein lösen zu müssen. Durch die Beratung kann auch die Beziehung der Frau zu ihrem Partner, ihren Eltern, Nachbarn, Arbeitskollegen u. a. verbessert und Angst abgebaut werden.

    Der Zeitdruck erschwert oft die Beratung, da eine Einstellungsänderung einen inneren Prozeß voraussetzt. Wo zwischen Ratsuchender und Beraterin/ Berater eine intensive und vertrauensvolle Beziehung entsteht, ist dennoch auch in kurzer Zeit eine Grundentscheidung für das Leben des ungeborenen Kindes möglich, aus der heraus dann ohne Zeitnot die Problematik Schritt für Schritt aufgearbeitet werden kann.

    Da der Beratungsprozeß sich auf die jeweiligen Personen einstellen muß, also keinesfalls bloß ein formaler Vorgang der Unterrichtung sein kann, hängt sehr viel von der Person der Beraterin bzw. des Beraters ab. Sie müssen ihre eigenen Werthaltungen gut reflektiert haben, da sie im Umgang mit den Ratsuchenden bewußt oder unbewußt wirksam werden. Von der christlichen Botschaft her ergibt sich für die kirchlichen Beraterinnen und Berater, daß sie selbst die unbedingte Schutzbedürftigkeit des ungeborenen Kindes anerkennen. Um so schwerer tragen sie, wenn eine Frau sich zum Schwangerschaftsabbruch entschließt; denn sie werden auch diejenige Frau achten, die sich nicht in der Lage sah, das Leben des Kindes anzunehmen. Entsprechend setzt die Bestätigung über eine erfolgte Beratung ein ernsthaftes Beratungsgespräch voraus und kann grundsätzlich nicht als Vorentscheidung für die Feststellung einer Indikation gewertet werden.

    Die Beratung für Frauen in Schwangerschaftskonflikten soll - wenn Bereitschaft der Betroffenen dazu besteht - die Bezugspersonen einbeziehen und vielfältige Hilfen, die den individuellen Bedürfnissen der Ratsuchenden Rechnung tragen, vermitteln. Daraus kann es sich ergeben, den Weg bis zum dritten Lebensjahr des Kindes zu begleiten. Aber auch Frauen, die unter Schwierigkeiten während der Schwangerschaft leiden, ohne daß sie mit dem Wunsch nach Schwangerschaftsabbruch umgehen, können Beratung und Hilfe in der gleichen Intensität erfahren. Sie brauchen die Bestärkung, damit sie ihr ja zum Leben ohne Überforderung durchhalten und mit Zuversicht leben können.

    Die Beratung der Kirchen wird auch Frauen angeboten, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben. Dabei können die Probleme deutlich werden, die ein Schwangerschaftsabbruch mit sich bringt und die ohne Bewältigung zunehmend zu einer Belastung werden.

    Die Beratung bei überraschender bzw. ungewollter Schwangerschaft ist auch bemüht, Fragen der Familienplanung im Sinne verantworteter Elternschaft und verantwortlicher Sexualität zu klären oder die Ratsuchenden an entsprechende Fachberatungs- und Therapieeinrichtungen weiterzuvermitteln.

    Oft geht es auch um die Verstärkung der sozialen Bezüge im Umfeld. Hierbei können erfahrene Mitglieder von Ehepaargruppen, Frauen- und Männerkreisen, Selbsthilfegemeinschaften und Helfergruppen wertvolle Mitarbeit leisten.

    In der Schwangerschaftsberatung spielt - meist erst nach der Entscheidungsphase - die Adoption eine Rolle. Es gibt Lebenssituationen, die es der Mutter bzw. den Eltern praktisch unmöglich machen, sich auf das Leben mit dem Kind einzustellen. Besonders für die Mutter ist es fraglos eine schwere Entscheidung, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Doch kann die Freigabe zur Adoption in besonders belasteten Fällen eine verantwortungsvolle Entscheidung sein, die am Lebensschutz und an den Zukunftschancen des Kindes orientiert ist und - gerade gegenüber einer sonst etwa in Betracht gezogenen Abtreibung - uneingeschränkte Anerkennung verdient. Die kirchliche Gemeinschaft und die gesellschaftliche Öffentlichkeit müssen diesen Müttern bzw. Eltern den Respekt bezeugen, den sie verdienen. Alle verantwortlichen Kräfte sollten sich bemühen, das Klima für solche Entscheidungen zu verbessern und sie zu erleichtern.

  5. Prüfung möglicher Schritte zu einer Verbesserung des Schutzes ungeborenen Lebens

    1. Einstellungen und Wertorientierungen

      Schon immer spielten Einstellungen und Wertorientierungen beim Schutz des ungeborenen Lebens eine ausschlaggebende Rolle. Dabei ist nicht allein an die Mutter und den Vater des ungeborenen Kindes zu denken, sondern ebenso an alle, die auf deren Entscheidung über die Austragung der Schwangerschaft Einfluß ausüben: Familien, Freundeskreis, Nachbarschaft, Arbeitskollegen. Wenn die oben (S. 67) erläuterte Einschätzung zutrifft, daß aufgrund der medizinisch-pharmazeutischen Entwicklung in absehbarer Zeit die Entscheidung über den Schwangerschaftsabbruch faktisch noch stärker als schon gegenwärtig in die Hände der unmittelbar Beteiligten gelegt sein wird, gewinnen deren ethische Einstellungen und Wertorientierungen noch, zusätzlich an Bedeutung. Unterschiedliche Faktoren ökonomischer, sozialer und bewußtseinsmäßiger Art bestimmen diese Entwicklung. Veränderungen vollziehen sich langfristig. Darum kann von Einwirkungen, die einen verstärkten Schutz des ungeborenen Lebens anstreben, kein rascher Erfolg erwartet werden. Einstellungen und Wertorientierungen müssen wachsen, sie können nicht "gemacht" und erzeugt werden. Ziel ist es, daß sich Menschen aus persönlich gewonnener Überzeugung für das ungeborene Leben entscheiden.

      Die Einstellungen und Wertorientierungen betreffen eine Reihe von Problemfeldern. Im Vordergrund steht die Frage der Achtung vor dem Leben des ungeborenen Kindes. In jüngster Zeit ist das Problembewußtsein hinsichtlich des Schwangerschaftsabbruchs gewachsen. Die Zahl der Menschen, nach deren Auffassung ein Abbruch in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft ohne weiteres erlaubt werden sollte, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich kleiner geworden. Nicht zuletzt aufgrund der Erkenntnisse der embryologischen Forschung (vgl. oben S. 43f) gewinnt die Einsicht an Boden, daß jeder Schwangerschaftsabbruch Tötung menschlichen Lebens bedeutet. Würde und Lebensrecht auch des ungeborenen menschlichen Lebens werden intensiver verstanden und darum auch in stärkerem Maße respektiert. Diese Tendenz, die freilich bisher noch nicht ihren Ausdruck in einem veränderten Verhalten gefunden hat, läßt sich durch Aufklärungs- und Erziehungsarbeit noch verstärken. So könnte eine wachsende Zahl von Menschen - Frauen und Männer - die Überzeugung gewinnen: Es steht mir nicht zu, und darum lasse ich mir verboten sein, anderes menschliches Leben auch in der Gestalt von ungeborenem Leben anzutasten.

      Auch die Einstellung zum Mitmenschen hat Auswirkungen auf den Schutz des ungeborenen Lebens:

      • Die Freude, Kinder zu haben, leidet Schaden, wenn in konkreten Alltagserfahrungen bei den Mitmenschen eine skeptische oder gar abweisende Einstellung gegenüber Kindern wahrgenommen wird. Alle können je an ihrem konkreten Ort zu einer größeren Kinderfreundlichkeit beitragen; sie muß sich zeigen in der Toleranz für Störungen und Belastungen durch Kinder, im Verständnis für Eltern oder Betreuer in angespannten Situationen oder in der Einfühlung in kindliche Nöte und Probleme. Kinderfreundlichkeit stellt freilich nicht nur Anforderungen an das individuelle Verhalten; sie ist auch ein Kriterium etwa für die Planung von Wohnsiedlungen oder von Wohnungsgrundrissen.
      • Gerade in manchen kirchlichen Kreisen gibt es noch ausdrückliche oder unausgesprochene Vorbehalte gegenüber Alleinerziehenden. Dabei spielt die Besorgnis eine Rolle, das Leitbild der Ehe als Basis für das Familienleben könne beeinträchtigt werden. Im Blick auf die schwierige Situation der Alleinerziehenden dürfen jedoch ethische Urteile über bestimmte Lebensformen die Fähigkeit, Menschen in ihrer Situation wahrzunehmen, und die Bereitschaft zur Hilfe nicht einschränken.
      • Über die Situation der Alleinerziehenden hinaus ist auf der Ebene von Gemeinde und Nachbarschaft eine größere Sensibilität erforderlich, um Gegebenheiten zu erkennen, in denen schwangere Frauen und ihre Familien auf konkrete Hilfe in einer bedrängten Situation warten (z. B. Kinderbetreuung, Besorgung von Wohnraum, Geld). Die christliche Gemeinde, ihre Gruppen und Kreise sind noch zu oft in sich abgeschlossen; sie müssen sich Vertrauen erwerben, verläßliche Anlaufstellen zu sein, und es lernen, selbst offene Augen zu haben für die Not von Menschen in ihrem Wohnbereich.
    2. Verantwortung in Partnerschaft und Sexualität

      1. Neues Leben entsteht durch die körperliche Vereinigung von Frau und Mann. Die Annahme eines Kindes und die Wahrnehmung der Verantwortung gegenüber entstehendem Leben sind deshalb untrennbar mit der Einstellung von Frau und Mann zueinander und dem gegenseitigen Vertrauen in diese Partnerschaft verbunden. Partnerschaftsfähigkeit zeigt sich in personaler und sozialer Verantwortung füreinander und für sich selbst. Die Formen des Miteinanderlebens von Frau und Mann können freilich nicht losgelöst gesehen und erlebt werden von den individuellen, lebensgeschichtlichen und religiösen Prägungen des einzelnen und von seinem sozialen Umfeld.

        Auch wenn es in unserer Lebenswirklichkeit verschiedene Formen des Zusammenlebens von Frau und Mann gibt, so ist doch die auf Dauer angelegte Gemeinschaft in einer Ehe dafür die geeignetste und verläßlichste Form. Für das Neue Testament und das von ihm bestimmte christliche Verständnis ist die Ehe die von Gott gewiesene Ordnung; sie steht unter Gottes Zusage und Gebot (Mk 10,5 - 9) . Zu einer ehelichen Gemeinschaft gehört es, daß beide Partner in gegenseitiger Liebe und Anerkennung aneinander Freude finden und sich auf einen gemeinsamen Entwicklungs- und Reifungsprozeß einlassen; das bedeutet, offen zu sein für Veränderungen, für Unvorhersehbares, auch für das aus gemeinsamer Liebe, sei es gewollt oder ungewollt, entstehende neue Leben. Partnerschaftliches Zusammenleben in gegenseitigem Vertrauen stärkt und erweitert die Lebensmöglichkeiten des einzelnen und schafft die Voraussetzungen für die Gründung einer Familie. Schwierigkeiten im gegenseitigen Verstehen und äußere Belastungen können es schwer machen, der Verantwortung für den anderen gerecht zu werden und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Beispiele dafür sind:

        • Junge Menschen gehen manchmal zu früh und zu intensiv feste Bindungen ein, ohne die notwendige Ablösung von den Eltern oder anderen Bezugspersonen geleistet und die eigene Selbständigkeit entwickelt zu haben. Dadurch werden Erwartungen in eine Beziehung hineingetragen, die dieser fremd sind und sie überfordern. Zusätzliche Belastungen können dann zu einer Krise oder Zerrüttung der Beziehung führen, weil nicht gelernt worden ist, mit Schwierigkeiten zu leben und sie gemeinsam zu überwinden.
        • Sexuelle Reife tritt heute relativ früh ein. Wenn die emotionale Reife, also die Fähigkeit zur Bildung einer dauerhaften Lebensgemeinschaft damit nicht Schritt hält, ist die Beziehung gefährdet.
        • Menschen werden oft geprägt von einer Konsumhaltung, die an einem bestimmten Lebensstandard orientiert ist. Daraus kann folgen, daß die Partner unbewußt voneinander die Erfüllung der jeweils eigenen Bedürfnisse verlangen, ohne den anderen als eigenständige Person zu sehen.
        • Über die Verschiedenheit im Denken, Fühlen und Handeln von Frauen und Männern liegen viele Erkenntnisse vor. Sie hat ihren Ursprung auch in familiären Rollenzuweisungen und gesellschaftlichen Vorgaben und Zwängen. Trotz der Erörterung dieses Themas in der Öffentlichkeit bestehen nicht selten große Schwierigkeiten, das konkrete Wissen über die Verschiedenheit von Mann und Frau in der eigenen Beziehung umzusetzen. Es besteht eher der Wunsch nach Solidarisierung mit dem gleichen Geschlecht, und/ oder es kommt zu gegenseitiger Schuldzuweisung, wodurch die Verständigung zwischen Mann und Frau erschwert wird.
        • Die Gefahr der Sprachlosigkeit kann daraus erwachsen, daß Paare zu wenig das offene Gespräch gelernt haben und sich dann schwer tun, sich einander mitzuteilen und sich für den gegenseitigen Austausch genügend Zeit zu nehmen. Diese Gefahr wird heute verstärkt durch das technisierte Unterhaltungsangebot (Fernsehen Computer, Video usw.).
        • Aus den - z.B. in der eigenen Familie gemachten - Erfahrung des Zerbrechens von Beziehungen kommen Ängste, eine Ehe mit ihren Verpflichtungen einzugehen. Es wird dann die Unverbindlichkeit nichtehelichen Zusammenlebens gewählt - mit allen Problemen, die sich daraus für den einzelnen, besonders aber für Kinder ergeben.

        Viele Frauen und Männer zeigen durch ihr Leben, daß auch heute erfüllte Partnerschaft gelingen kann. Auch besteht ein Netz qualifizierter Beratungsangebote und Familenbildungsstätten, die vielen Paaren dabei helfen können, mit Schwierigkeiten fertig zu werden und ihre Partnerschaft zu bereichern.

      2. Zur Partnerschaft von Frau und Mann gehört die Dimension der Sexualität. Jeder Mensch lebt als Mann oder als Frau und ist also durch seine Sexualität bestimmt und mit sexuellen Bedürfnissen ausgestattet. Dies wurde in früheren Zeiten nicht immer genügend erkannt. Statt die Sexualität zureichend als Gabe Gottes zu verstehen, hat sich das Christentum mit ihrer Bejahung schwer getan und immer wieder zu einer Leib- und Sexualfeindlichkeit beigetragen, die viel menschliche Not hervorgerufen hat.

        Das Erleben der Gemeinschaft zwischen Frau und Mann sollte sich nicht auf die körperliche Vereinigung reduzieren, sondern sich in einer vielfältigen und emotionalen Zuwendung zwischen den Partnern erfüllen, die von der Liebe getragen ist. In den letzten Jahrzehnten wurden neue Erkenntnisse über die biologischen und hormonellen Unterschiede zwischen Frau und Mann, aber auch über ihr sexuelles Erleben gewonnen. Ein Mann ist lebenslang zeugungsfähig, wenn nicht gesundheitliche Störungen auftreten. Von der Pubertät bis ins hohe Alter hinein erlebt ein Mann hormonell keine eingreifenden Veränderungen. Bei der Frau ist die Zeit von der Pubertät bis zu den Wechseljahren durch hormonell bedingte Einflüsse (Periode, Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit) geprägt. Normalerweise ist die Frau in ihrer fruchtbaren Lebenszeit nur an zwei Tagen im Monat befruchtungsfähig. Die körperlichen Folgen einer Befruchtung erlebt aber immer nur die Frau. Diese Unterschiede wirken sich auf das Erleben und Verhalten der Partner aus und bedürfen darum ihrer Aufmerksamkeit und einfühlenden Rücksichtnahme.

        Das Wahrnehmen der eigenen sexuellen Empfindungen und das Offensein für die Bedürfnisse der Partnerin und des Partners brauchen, zumal bei Heranwachsenden, Entwicklungsmöglichkeiten. Sexuelles Verlangen darf nicht zur Inbesitznahme des anderen oder der anderen führen. Je intimer sexuelle Gemeinsamkeit erlebt wird, desto mehr kommt es darauf an, daß die beiden Beteiligten über ihre eigene Befriedigung und über die Erfahrung höchster Lust hinaus aufmerksam dafür werden, wie die andere oder der andere solche sexuelle Beglückung erleben und wie sich zwischen ihnen Gemeinsamkeit bildet.

      3. Da Sexualität und Fortpflanzung biologisch verbunden sind, gehört zu verantwortlicher Sexualität nicht nur die einfühlende Rücksichtnahme auf den Partner, sondern ebenso die Bereitschaft, das aus der körperlichen Vereinigung möglicherweise hervorgehende neue menschliche Leben anzunehmen. Mann und Frau sollten offen sein für ein neues Menschenleben, das aus ihrer Liebe entstehen kann. Es kommt nicht darauf an, ob man Kinder wünscht oder nicht wünscht, sondern daß man bereit ist, Kinder anzunehmen. Entsteht ein Kind, so ist dafür Sorge zu tragen, daß ihm von Beginn seines Lebens an ein Heranwachsen in Geborgenheit ermöglicht wird. Ein Kind wächst am besten in einer Familie auf, in der sich Vater und Mutter verstehen.

        Verantwortung in Partnerschaft und Sexualität muß allerdings schon wahrgenommen werden, bevor ein Kind gezeugt bzw. empfangen wird. Zur Partnerschaft gehört deshalb Familienplanung im Sinne verantwortlicher Elternschaft. Die evangelische wie die katholische Kirche sind sich darin einig, daß Familienplanung partnerschaftlich geschehen muß und daß sie keinen der beiden Partner einseitig belasten oder in seiner Liebesfähigkeit beeinträchtigen darf. Zu achten ist auf das Wohl eines zu erwartenden Kindes, auf das eigene Wohl der Partner, ihre seelisch-geistigen Kräfte wie ihre materiellen Möglichkeiten, auf das Wohl bereits geborener Kinder, der gesamten Familie wie auch der Gesellschaft. Besonders die Frau muß geschützt werden vor der Überlastung durch zu schnelle Geburtenfolge, dem Eintreten von Schwangerschaften in zu frühem oder zu spätem Alter und eindeutigen Konfliktschwangerschaften. Eine wichtige Voraussetzung für verantwortliche Familienplanung ist die Information über Möglichkeiten der Empfängnisregelung, damit sie, der Lebens Phase des Paares entsprechend, sinnvoll eingesetzt werden können.

        Schon in der Erziehung müssen die Fragen von Sexualität und Fortpflanzung die notwendige Berücksichtigung finden. An dieser Erziehung zu verantwortlicher Sexualität sollten sich alle beteiligen, die für die Vermittlung ethischer Werte und Normen Sorge tragen. Dazu gehören z. B. die Eltern, die Schulen und die Kirchengemeinden mit ihren vielfältigen Möglichkeiten.

        Für die evangelische Kirche ist Familienplanung in die Verantwortung der einzelnen Christen gestellt. Die Kirche kann und will jedoch zur ethischen Urteilsbildung beitragen. Nach katholischer Auffassung müssen die Ehegatten das Urteil über die Zahl der Kinder und den Abstand der Geburten wie über die Methode der Familienplanung in Verantwortung vor Gott selbst fällen. Dabei dürfen sie nicht willkürlich vorgehen, sondern müssen sich leiten lassen vom Gewissen, das sich ausrichtet am Gesetz Gottes und auf das Lehramt der Kirche hört.

  6. Sozial-, frauen- und familienpolitische Maßnahmen

    Aus der Verfassung erwächst dem Staat und der gesamten Gesellschaft die besondere Verpflichtung, das menschliche Leben zu schützen und seine Entfaltung zu fördern. Die Politik hat daher Rahmenbedingungen zu schaffen, die das "Ja" zum Leben unterstützen. Sie muß Sorge tragen, daß die Leistung anerkannt wird, die Eltern durch die Pflege und Erziehung von Kindern für die gesamte Gesellschaft erbringen. Angemessene Hilfen müssen dabei immer auf die Lebenssituation der Eltern und der ihnen anvertrauten Kinder zielen. Insbesondere Alleinerziehende sind häufig durch zu geringes Einkommen, Zeit- und Wohnungsprobleme belastet. Auf der fachlichen und politischen Ebene wird im Zusammenhang von Schwangerschaftskonflikten eine Reihe von sozial-, frauen- und familienpolitischen Maßnahmen diskutiert, die ernsthafter Erwägung wert sind: Notwendig ist ein den tatsächlichen Erfordernissen gerecht werdender Familienlastenausgleich durch

    • Anhebung des Kindergeldes,
    • Freistellung des Existenzminimums für Kinder von steuerlichen Abgaben und
    • den weiteren Ausbau der steuerlichen Entlastung der Familie.
    • Die Regelsätze der Sozialhilfe erscheinen besonders für werdende Mütter, für Alleinerziehende und für junge Familien zu gering. Unbefriedigend ist auch, daß die Hilfen in besonderen Lebenslagen in den einzelnen Bundesländern in unterschiedlicher Höhe gewährt werden und die den Sozialämtern möglichen Ermessensspielräume bei der Bewilligung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Sozialhilfe zu beziehen wird weithin immer noch als diskriminierend empfunden. Sie ist jedoch Ausdruck einer solidarischen Hilfe der Gesellschaft.

    Um Kindern vor allem in der frühen Kindheit die notwendige Zuwendung zu sichern, ist die Verlängerung des Anspruches auf Erziehungsgeld bis in das dritte Lebensjahr des Kindes ein richtiger und notwendiger Schritt. Unerläßlich ist aber die gleichzeitige Ausdehnung des Erziehungsurlaubsanspruchs auf diese Zeit, um auch den Frauen (oder Männern) die Inanspruchnahme zu ermöglichen, die auf Dauer auf Erwerbseinkommen angewiesen sind.

    Parallel zu Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub sollte die Ausdehnung der Babyjahre im Rentenrecht, d. h. die Anerkennung von Erziehungstätigkeit als Ausfallzeit, erfolgen, um die langfristigen wirtschaftlichen Lebensperspektiven von Müttern zu verbessern.

    Einkommensabhängige Geburtenzuschüsse, wie sie einige Länder gewähren, sollten in allen Bundesländern als Rechtsanspruch geschaffen werden. Ebenso sollten alle Länder die Bundesstiftung "Mutter und Kind" durch eigene Mittel ergänzen. Der Zeitrahmen für die Hilfe, die das Unterhaltsvorschußgesetz alleinerziehenden Frauen bringt, sollte erweitert werden. Zu prüfen ist auch, ob sich die Zahlung von Kindergeld bereits für das ungeborene Kind realisieren läßt.

    Die Versorgung eines Kindes oder mehrerer Kinder mit gleichzeitig, notwendiger oder gewünschter Erwerbstätigkeit zu vereinbaren macht vielen jungen Frauen die Entscheidung für die Geburt eines Kindes schwer. Oft gewünschte Teilzeitarbeitsplätze fehlen weitgehend, ebenso flexible Arbeitszeiten und berufliche Wiedereingliederungsmöglichkeiten nach längerfristiger Beurlaubung. Neben der Verpflichtung, durch arbeitsrechtliche Änderungen hier Hilfestellung für eine bessere Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf zu schaffen, muß der Öffentliche Dienst eine Beispielfunktion übernehmen.

    Familienergänzende Einrichtungen zur Kinderbetreuung wie Tagespflegestellen, Krippen-, Kindergarten- und Hortplätze sind in sehr unterschiedlicher Streuung und meist nicht ausreichend vorhanden. Die Öffnungszeiten von Einrichtungen der Kinderbetreuung müssen durchweg flexibler werden. Müttertreffs, Nachbarschafts- und Selbsthilfeinitiativen, die Kinderbetreuung organisieren, haben sich als wirkungsvolle und sachgerechte Hilfen erwiesen und tragen in hohem Maße zur psychischen und sozialen Stabilisierung Alleinerziehender bei. Bund und Länder sollten die subsidiäre Förderung solcher modellhafter Maßnahmen weiterführen; auch die Kirchen sind hier gefordert.

    Besonders in städtischen Ballungsgebieten ist es sehr schwierig, preiswerten und angemessenen Wohnraum für Familien mit Kindern zu finden. Neben der Notwendigkeit, neuen Wohnraum zu schaffen und ihre alten Bestände zu sanieren, müssen die Kommunen der Fehlbelegung von Sozialwohnungen größere Aufmerksamkeit widmen, um Platz für wirtschaftlich Schwache zu bekommen. Die verbesserte Förderung von Mehrgenerationenwohnungen, bei denen weniger an das Zusammenwohnen mehrerer Generationen in einer Wohnung als vielmehr an den Zusammenschluß von Wohnungen zu einem größeren Verbund zu denken ist, kann die Selbsthilfemöglichkeiten der Familien stärken. Bis in die Dörfer hinein ist das Wohnumfeld der Menschen oft von Straßen, Autos und Lärm bestimmt. Spiel- und Bolzplätze, Grünzonen, Fuß- und Fahrradwege, gesicherte Straßenübergänge und verkehrsberuhigte Wohnstraßen machen Städte und Gemeinden menschengerechter und insbesondere auch kinderfreundlicher.

    Fehlende Kenntnis über vorhandene Hilfsmöglichkeiten erschwert bei Konfliktschwangerschaften unnötig die Situation. Der Ausbau eines umfassenden Beratungsangebotes, das den Müttern die Gewißheit gibt, daß sie, auch während ihre Kinder heranwachsen, nicht alleine gelassen werden, könnte zu einem besseren Schutz Ungeborener beitragen. Hier müssen die Anstrengungen des Staates deutlich verstärkt werden, auch durch eine angemessene finanzielle Unterstützung der Beratungsstellen freier Träger.

  7. Die Hilfe der Rechtsordnung

    Wenn das menschliche Leben nach einer Formulierung des Bundesverfassungsgerichts "innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung einen Höchstwert" darstellt und "die Voraussetzung aller anderen Grundrechte" bildet, dann ist es Aufgabe der Rechtsordnung, insbesondere des Zivilrechts, des Sozialrechts und des Strafrechts, auch für den Schutz des ungeborenen Lebens zu sorgen.

    1. Zivilrecht

      Das Zivilrecht, das die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander regelt, ist aufgerufen, die gemeinsame Verantwortung aller für den Schutz des Lebens zum Ausdruck zu bringen. Im Arbeitsrecht geschieht das bereits dadurch, daß dem Arbeitgeber einer werdenden Mutter die Pflicht auferlegt wird, bei der Einrichtung und Unterhaltung des Arbeitsplatzes und bei der Regelung der Beschäftigung die erforderlichen Vorkehrungen und Maßnahmen zum Schutz ihres Lebens und ihrer Gesundheit zu treffen; hinzu kommen Kündigungsverbot und bestimmte Beschäftigungsverbote.

      Im Blick auf die Adoption sind Überlegungen angestellt worden, wie durch Erleichterung und Förderung der Adoption unter Umständen zu einer Verminderung der Schwangerschaftsabbrüche beigetragen werden könnte. Die Überlegungen zielen auf eine Form der Adoptionsgarantie: Dies wird in den Fällen für wichtig erachtet, in denen eine Mutter ihr Kind wohl zur Welt bringen möchte, aber für das Kind nur eine ungewisse Zukunft sieht. Verbreitete Erfahrung ist es, daß die Freigabe eines Kindes zur Adoption vielfach noch Mißachtung erfährt; in dieser Hinsicht tut Bewußtseinsveränderung not. Es ist allerdings umstritten, ob in der Entscheidungsphase über Abbruch oder Austragen der Schwangerschaft derzeit ein Adoptionsangebot überhaupt greift. Zu prüfen bleibt, ob Änderungen des geltenden Adoptionsrechts langfristig einen Einfluß auf die Bereitschaft von Müttern haben, ihre Kinder zur Adoption freizugeben.

    2. Sozialrecht

      Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist es "Aufgabe des Staates, in erster Linie sozialpolitische und fürsorgerische Mittel zur Sicherung des werdenden Lebens einzusetzen" . Dies geschieht zum Beispiel bereits durch die im Mutterschutzgesetz vorgesehenen Leistungen.

      Die gesetzliche Regelung, nach der von den Leistungsträgern der gesetzlichen Krankenversicherung, bei denen eine Pflichtmitgliedschaft besteht, Hilfe bei nicht rechtswidrigem Schwangerschaftsabbruch in Anspruch genommen werden kann, ist politisch und rechtlich umstritten. Sie wird, nicht nur aus religiösen Beweggründen, zum Teil als schwere Gewissensbelastung der Beitragszahler empfunden. Dies sollte als ein Zeichen ethischer Sensibilität sehr ernstgenommen werden. Solche Bedenken könnten in dem Maße gemildert, allerdings nicht beseitigt werden, wie insbesondere die Notlagenindikation, der gegenwärtigen Gesetzeslage entsprechend, nur in den Fällen bejaht wird, in denen eine nicht anders abwendbare Belastung der Schwangeren durch die Notlage so schwer ist, daß sie einer Gefahr für das Leben oder der Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren gleichgeachtet werden kann.

    3. Strafrecht

      Auch durch das Strafrecht zeigt die staatliche Rechtsordnung an, welchen Rang sie den einzelnen geschützten Rechtsgütern zumißt. Deshalb besteht auch grundsätzlich eine Wechselwirkung zwischen dem Strafrecht und dem Rechtsbewußtsein der Staatsbürger. Diese Wechselwirkung ist zwar bei den verschiedenen Rechtsgütern und den sie bedrohenden Eingriffen unterschiedlich stark; sie muß aber beim Schutz des Lebens als des höchsten Rechtsgutes besonders sorgsam beachtet werden.

      Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 25. Februar 1975 die Regelung des 5. Strafrechtsreformgesetzes vom 18. Juni 1974 über die sogenannte "Fristenregelung", nach der der Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten straffrei bleiben sollte, als mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar und daher nichtig erklärt, als "Schwangerschaftsabbrüche auch dann rechtlich nicht mißbilligt und nicht unter Strafe gestellt werden, wenn sie aus Gründen erfolgen, die vor der Wertordnung des Grundgesetzes keinen Bestand haben". Der Gesetzgeber hat daraus die Konsequenz gezogen, daß die Abtreibung grundsätzlich mit Strafe bedroht ist; Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen, wenn bestimmte Voraussetzungen - sogenannte Indikationen - vorliegen. In der juristischen Fachwelt und auch in der Öffentlichkeit wird darüber gestritten, ob der Schwangerschaftsabbruch in diesen Ausnahmefällen rechtmäßig ist oder ob er trotz Rechtswidrigkeit nur straflos gelassen wird. Zu dieser juristischen Frage soll hier nicht näher Stellung genommen werden. Es ist aber in jedem Fall darauf aufmerksam zu machen, daß eine Handlung nicht schon deshalb, weil sie nicht gegen das staatliche Recht verstößt, auch in jedem Fall ethisch erlaubt ist. Daß eine Handlung im Sinne des Strafrechts "rechtmäßig" ist, darf überdies nicht mit moralischer Rechtfertigung gleichgesetzt werden. In einer Rechtsordnung, die die Würde und das Leben des Menschen in den Mittelpunkt stellt, sollte die Vernichtung von menschlichem Leben generell mißbilligt werden. In den straffrei gestellten Fällen des Schwangerschaftsabbruchs handelt es sich also nicht um eine prinzipielle Einschränkung des Schutzes für das ungeborene Leben und somit um ein Recht zur Abtreibung, sondern um das notwendig unvollkommene Bemühen, eine rechtliche Regelung für nicht auflösbare Konfliktsituationen zu treffen.

      Es ist darauf zu dringen, daß insbesondere die Bestimmung über die Notlagenindikation in dem oben (S. 83) beschriebenen Sinne angewandt wird. Dabei ist zu bedenken, daß sich für die Feststellung einer Notlage schwerlich eindeutige und generell anwendbare Merkmale finden lassen. So sind subjektive Unterschiede im Ermessen von Ärzten und Richtern unvermeidlich. Aber es erscheint unerträglich, daß weit über 8o % aller gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche mit einer solchen Notlage begründet werden. Die Annahme liegt nahe, daß bei weitem nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um der Schwangeren in ihrer Notlage auf andere Weise beizustehen.

      Die katholische Kirche hat stets erklärt, daß sie sich mit der geltenden Rechtslage nicht abfinden könne und nicht abfinden werde. Sie strebt nicht einfachhin eine Rückkehr zum früheren Rechtszustand an, ist aber der Auffassung, daß die §§ 218 ff StGB nicht für unantastbar erklärt werden dürfen, wenn nur durch eine Änderung - sicherlich in Verbindung mit anderen Maßnahmen - der Schutz ungeborenen Lebens verbessert werden kann .

      Die Evangelische Kirche in Deutschland hat in ihren Stellungnahmen zur Reform des Abtreibungsparagraphen deutlich gemacht, daß die bestehende strafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs nicht völlig befriedigend ist, daß jedoch ein verbesserter Schutz des ungeborenen Lebens am ehesten von Gewissensbildung und Bewußtmachung sowie von sozialpolitischen Maßnahmen erwartet werden kann und sie deshalb keine Änderung der geltenden Rechtslage anstrebt . Hinsichtlich der Bewertung des Beitrags des Strafrechts zur Verhinderung von Schwangerschaftsabbrüchen werden innerhalb der evangelischen Kirche allerdings abweichende Auffassungen vertreten.

      Den Kirchen gemeinsam ist jedoch die Sorge, daß gegenwärtig geltende Rechtsvorschriften nicht genügend gegen Mißbrauch bei ihrer Durchführung gesichert sind. So kann es zum Beispiel nicht akzeptiert werden, daß der Staat die Verletzung der ärztlichen Meldepflicht bei vielen Tausenden von Abtreibungen ohne jede Reaktion hinnimmt. Die Meldepflicht war Mitte der 7oer Jahre vom Gesetzgeber eingeführt worden, um ihm einen Nachweis dafür zu geben, ob das mit seiner Reform verfolgte Ziel des besseren Schutzes ungeborenen menschlichen Lebens auch tatsächlich erreicht werde; sie macht zudem deutlich, daß der Schwangerschaftsabbruch eine ärztliche Handlung von besonderem Charakter ist. Es ist deshalb geboten, durch wirksame Schritte die Erfüllung der Meldepflicht zu gewährleisten.

      Als ein weiteres Beispiel für das Erfordernis, besser als bisher die Durchführung der geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz des Lebens zu sichern, sei die praxisferne Bestimmung erwähnt, daß jeder Arzt nach der gegenwärtigen Rechtslage die Möglichkeit hat, die vorgeschriebene soziale Beratung der Schwangeren vorzunehmen. Die Erfahrung des täglichen Lebens zeigt, daß dafür in aller Regel nicht einmal genügend Zeit vorhanden ist; vor allem aber setzt eine gute soziale Beratung der Schwangeren, welche Mutter und Kind in ihrer Notlage wirklich dient, umfassende Kenntnisse der bestehenden Hilfsmöglichkeiten und eine spezielle Ausbildung für psychosoziale Beratung voraus, wie sie bei einem Arzt normalerweise nicht zu erwarten sind. Hier muß es der Gesetzgeber zur Voraussetzung machen, daß jeder, der eine soziale Beratung durchführt, über die entsprechenden Kenntnisse und Qualifikationen verfügt.

      Entsprechend problematisch ist es, daß die schwerwiegende Entscheidung darüber, ob im konkreten Fall eine der Indikationen gegeben ist, von jedem Arzt gefällt werden kann. Die Bedeutsamkeit dieser ärztlichen Entscheidung erfordert es nicht nur, daß sie im einzelnen begründet wird, es ist auch erforderlich, daß sie besonders ausgebildeten Ärzten vorbehalten bleibt. Stellungnahmen sowohl der katholischen wie der evangelischen Kirche haben sich im übrigen gegen die personelle Verbindung von Beratung und Indikationsfeststellung ausgesprochen. Ein gesondertes Beratungsgespräch biete bessere Voraussetzungen dafür, daß die Gründe, die für das Austragen des Kindes sprechen, zur Geltung kommen.

      Bei diesen Anforderungen an den Gesetzgeber handelt es sich nach Auffassung der Kirchen um politische und rechtliche Entscheidungen, die unabhängig von den politischen Meinungsverschiedenheiten um den rechtlichen Schutz des ungeborenen menschlichen Lebens von allen politischen Kräften in der Bundesrepublik Deutschland erwartet werden können.

    4. Flankierende Maßnahmen der Kirchen

      Die Kirchen haben schnell und kontinuierlich das Netz ihrer anerkannten Beratungsstellen ausgebaut. Der Dienst, den die Beraterinnen und Berater leisten, setzt ein überzeugendes Zeichen der Hoffnung. Dafür sind ihnen die Kirchen in besonderer Weise dankbar. Aus den Erfahrungen der Beratungsstellen wird aber deutlich, daß die Selbstverpflichtung der Kirchen weiter gehen muß, wenn sie in ihren Forderungen zum Schutz des ungeborenen Kindes glaubwürdig bleiben wollen.

      Die Beraterinnen und Berater brauchen für ihre Aufgabe eine entsprechende Fortbildung und praxisbezogene Begleitung (Supervision). Der auffallende Wechsel der Mitarbeiter der Beratungsstellen geht auf die übermäßige Beanspruchung, aber auch auf die Angriffe von verschiedenen Seiten zurück, mit denen sich die Beraterinnen und Berater auseinandersetzen müssen. Deshalb ist es so wichtig, daß sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die öffentliche Unterstützung der Kirchen gerade in Krisensituationen verlassen können.

      Die Zahl der Ratsuchenden hat sich vor allem durch die Nachfrage nach Mitteln der Bundesstiftung und von Landesstiftungen sehr stark erhöht. In der Vermittlung dieser Hilfen, aber vor allem in der umfassenden Beratung und Begleitung dieses Personenkreises liegt eine große Chance, die durch das Kind gestellten Lebensanforderungen besser bewältigen zu können. Diese Chance kann aber nur genutzt werden, wenn die personelle Ausstattung im Beratungs- und Verwaltungsbereich eine solche intensive Arbeit zuläßt. Auch wenn der Staat zu einer angemessenen Förderung verpflichtet ist, müssen die Kirchen entsprechend ihrem Beratungsverständnis die Stellen personell und räumlich ausreichend ausstatten. Hier besteht teilweise ein dringender Nachholbedarf.

      Die Beratungsstellen müssen ferner in enger Wechselbeziehung zu den Kirchengemeinden stehen, d. h. die Beraterinnen und Berater müssen für diese Kontaktpflege Zeit haben, und die Kirchengemeinden müssen die Beratungsstellen durch ein umfassendes Engagement mittragen (ehrenamtliche Hilfen, finanzielle Spenden, Sachhilfen, Bereitstellung von Wohnungen usw.).

      Schwangerschaftskonflikte hängen vor allem mit Wertfragen und mit sozialen bzw. psychosozialen Notständen zusammen. Die Kirchen sind in beiden Bereichen besonders gefordert. Die Öffentlichkeits und Bildungsarbeit muß auf vielen Gebieten ansetzen:

      • Die Betroffenen müssen sie als Einladung zur Beratung verstehen können.
      • Meinungen und Einstellungen müssen von der Anerkennung der Würde auch der ungeborenen Kinder geprägt werden.
      • Menschen in Not dürfen nicht verurteilt werden.
      • Im Umkreis von Menschen in Not muß Verständnis für Problemsituationen geweckt werden.
      • Partnerschaftliches Handeln und entsprechende Verantwortung füreinander müssen langfristig gefördert werden - auch im Sexualleben. Dazu dienen Informationen über neue Entwicklungen in der verantwortlichen Familienplanung und Gesprächsmöglichkeiten in Gruppen.
      • Die Mitverantwortung von Angehörigen, Nachbarn, Freunden, Arbeitgebern, Wohnungseigentümern usw. muß geweckt werden.
      • Ein kinder-, mütter- und familienfreundliches Klima muß gefördert werden.
      • Die Hilfen der Kirchen müssen sich flexibel auf die Notstände einstellen, insbesondere dort, wo staatliche Hilfen nicht ausreichen. Manche Notstände werden erst im Zusammenhang mit der Schwangerschaft wie in einem Brennglas deutlich, sie beeinträchtigen aber das Leben vieler Menschen. Bis hin zur Ebene der Gemeindediakonie ist nach Lösungen zu suchen, auch wenn die Hilfen der Kirchen nur Signalcharakter haben können:
      • Wohnungsnot von Alleinerziehenden, jungen Familien und kinderreichen Familien: Grundstücke und Häuser der Kirchen sollten vorrangig diesen Personengruppen zur Verfügung gestellt werden. Ebenso sollten die kirchlichen Siedlungswerke entsprechend arbeiten.
      • Überschuldung vieler einzelner und Familien: Verstärkung der Schuldnerberatung ist ebenso gefordert wie finanzielle Möglichkeiten zur Umschuldung.
      • Mangelnde Möglichkeiten der Kinderversorgung durch Tagespflegestellen, Kinderkrippen, Kindergärten oder Kinderhorte und entsprechende Schwierigkeiten, Berufstätigkeit und Kinderversorgung, zumal in Krisensituationen, in Einklang zu bringen: Die kirchlichen Angebote müssen z. T. umstrukturiert und ausgebaut werden.
      • Probleme beim Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf nach kürzeren oder längeren Familienphasen: Die Kirchen sollten dafür beispielhafte Möglichkeiten entwickeln, die auch Nachqualifizierungen beinhalten.
      • Mangelnde Entlastung von Müttern bei Krankheit und Überforderung (z. B. bei Mehrlingsgeburten, behinderten Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen): Die Dienste, die das tägliche Leben der Familien erleichtern, wie etwa die Verfügbarkeit von Familienpflegerinnen, sollten aus kirchlichen Mitteln besonders gefördert werden.
      • Werdende Mütter, die zur Gruppe der Spätaussiedler gehören oder die Asylsuchende sind, haben es unter den Bedingungen des Lebens' in Gemeinschaftsunterkünften besonders schwer: Für sie müssen die Kirchen geeignete Hilfen entwickeln, damit das ja zum Leben aufgrund besserer äußerer Bedingungen gelingen kann.
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