Großer Beitrag des Judentums zur Kultur in Deutschland

Jahresempfang der Akademie Tutzing zu „1700 Jahre Judentum“

Das Jubiläum des Judentums in Deutschland war auch Schwerpunkt des digitalen Jahresempfangs der Evangelischen Akademie Tutzing. Dabei waren sich Zentralratspräsident, Josef Schuster, und EKD-Ratsvorsitzender, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, einig, dass Kontakte Vorurteile überwinden können.

Heinrich Bedford-Strohm und Josef Schuster

Archivbild: Landesbischof Heinrich Bedford Strohm, EKD-Ratsvorsitzender und Jodef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland

Tutzing (epd). Das Jubiläum 1700 Jahre Judentum in Deutschland stand am Montagabend im Mittelpunkt des digitalen Jahresempfang der Evangelischen Akademie Tutzing. Dabei zeigte sich der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, über die "antidemokratischen Fliehkräfte" in westlichen Demokratien besorgt. Wenn man diesen Fliehkräften etwas entgegensetzen wolle, bräuchten die Bürger mehr Verantwortungsbewusstsein, sagte Schuster per Videovortrag. Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm versprach seine "feste Entschlossenheit", nie wieder zuzulassen, dass menschenverachtende antisemitische Ideologien wieder salonfähig werden.

Eine wesentliche Ursache für Antisemitismus sehen Landesbischof und Zentralratspräsident in mangelnden Kenntnissen zum Judentum und Vorurteilen. "Wir wissen in der Breite viel zu wenig über das gelebte Judentum in Deutschland", sagte der Bischof, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Vorbehalte und "Gerüchte" gegenüber jüdischen Menschen hielten sich umso bessern, "je weniger man über Juden weiß", sagte der Zentralratspräsident. Selbst wer persönlich noch nie einen Juden getroffen habe und sich für das Judentum eigentlich gar nicht interessiere, kenne trotzdem antisemitische Vorurteile.

Dies schlage sich seit Beginn der Corona-Pandemie vor allem in antisemitischen Verschwörungstheorien nieder. Auf den Demos der Querdenker-Bewegung erlebe man dann Vergleiche mit Anne Frank oder sehe gelbe Sterne mit der Aufschrift "Ungeimpft". Dies widere ihn an, sagte Schuster. Antisemiten, Rechtsextremen und Querdenkern dürfe es nicht gelingen, "Ressentiments gegen Minderheiten noch weiter zu verbreiten". Das Gefährliche an der Querdenker-Bewegung sieht Schuster in ihrer Breite.

Rechtsradikale fänden beispielsweise Anknüpfungspunkte zur Öko-Bewegung, sogar Regenbogenfahnen seien auf Demos zu sehen gewesen - neben Reichsflaggen. Die AfD sehe sich als "parlamentarischer Arm der Corona-Leugner". Sie habe nach der Flüchtlingsthematik ein weiteres populäres Feld gefunden, dass sie für ihre Zwecke nutze. "Die AfD steht für mich für strukturelle Verantwortungslosigkeit", mahnte der Zentralratspräsident. "Sie nutzt jede Stimmung, die ihr Stimmen bringt."

Für Ministerpräsident Markus Söder (CSU) muss bei der Debatte um die Corona-Maßnahmen die zentrale ethische Frage des unbedingten Schutzes des Lebens im Mittelpunkt stehen. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob jemand 80 oder 90 oder 20 oder 30 Jahre alt ist. Gesundheitsvorsorge dürfe auch nicht abhängig sein vom Geldbeutel, oder wie krank ein Mensch ist und welche Perspektiven er hat. Deshalb werde er dafür eintreten, dass der Schutz des Lebens absolut ist und nicht relativiert wird, betonte Söder. Dabei setze er auch auf die Unterstützung der Kirchen.

Zum Thema des Jahresempfangs "1700 Jahre Judentum in Deutschland" sagte Bischof Bedford-Strohm, dass dieses Jubiläum eine Gelegenheit sein sollte, den großen Beitrag jüdischer Menschen für die religiösen und kulturellen Traditionen Deutschlands sichtbar zu machen. Denn aus dem Judentum seien Inspirationen jenseits religiöser und weltanschaulicher Grenzen gekommen. Deshalb wolle die ökumenische Kampagne "#beziehungsweise - jüdisch und christlich näher als du denkst" zeigen, wie wichtig und eng die Beziehungen von Christentum und Judentum sind. Dieses bundesweite Projekt transportiere wichtige Erkenntnisse des jüdisch-christlichen Dialogs in die Breite der Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen, sagte der Bischof.

Eine Absage des traditionellen Jahresempfangs war für Akademiedirektor Udo Hahn keine Option. Der Empfang, bei dem die Repräsentanten von Kirche, Politik und Gesellschaft zusammenkommen, stehe für gesellschaftlichen Respekt und Toleranz. In diesem Jahr sei deshalb besonders wichtig gewesen, an die 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland zu erinnern. Für Bischof Bedford-Strohm ist während der Corona-Einschränkungen die digitale Kommunikation wie der Tutzinger Empfang ein "Segen". Ohne diese Kommunikation wäre die Gefahr noch größer, "dass Formen der Gemeinschaft in unserer Gesellschaft erodieren, die wir dringend brauchen". 

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