Heinrich Bedford-Strohm: Deutsche Kolonialherrschaft ist ein „blinder Fleck“

Der EKD-Ratsvorsitzende fordert zu einer verstärkten Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen in Namibia auf

Teilnhemer aus Namibia beim Gedenkgottesdienst in der Friedrichstadtkirche Berlin, August 2018

Teilnehmer aus Namibia beim Gedenkgottesdienst in der Berliner Friedrichstadtkirche Ende August 2018.

Frankfurt a.M. (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, mahnt eine verstärkte Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen an. „Im kulturellen Gedächtnis Deutschlands ist die Kolonialherrschaft mit ihren rassistischen Grundlagen so etwas wie ein blinder Fleck“, schrieb Bedford-Strohm in einem Beitrag für das evangelische Magazin „chrismon“. Es sei höchste Zeit, sich intensiv mit der Geschichte des ersten Völkermordes des 20. Jahrhunderts in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, zu befassen. Damals schlugen deutsche Kolonialtruppen Aufstände der Volksgruppen der Herero und Nama grausam nieder. Schätzungen zufolge kamen bis zu 70.000 Menschen ums Leben.

Bedford-Strohm hob die Mitverantwortung der evangelischen Kirche für die Verbrechen hervor. „Ein Protest von kirchlicher Seite blieb weitgehend aus.“ Er erinnerte daran, dass der Rat der EKD im Frühjahr 2017 wegen des verübten Unrechts und des zugefügten Leides um Vergebung gebeten hat. Anfang September seien auf Initiative der EKD und des Rates christlicher Kirchen Namibias sterbliche Überreste von Herero und Nama würdig an Namibia zurückgegeben worden. Die Gebeine waren in der Kolonialzeit nach Deutschland gebracht worden.

Erhalt von Erinnerungskultur

„Vor der Aufarbeitung muss niemand Angst haben“, unterstrich Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist. Sie sei die Voraussetzung für neue Beziehung und neue Gemeinschaft. Doch vom rechten Rand seien Forderungen nach einer „erinnerungspolitischen Wende“ zu hören. „Machen wir uns dagegen für den Erhalt der Erinnerungskultur in unserem Land stark“, forderte der Ratsvorsitzende: „Es wird unserem Land guttun.“