„Wertvoller Beitrag zur Vertiefung der jüdisch-christlichen Verständigung“

Internet-Plattform „Dokumente Kirchen und Judentum“ zeigt Annäherung seit 1945

Hannover, 28. November. In Frankfurt am Main ist heute (28. November 2025) eine Internet-Plattform vorgestellt worden, die Verlautbarungen der christlichen Kirchen weltweit zum Verhältnis zwischen Christentum und Judentum seit 1945 dokumentiert (https://dokumente-kirchen-judentum.de). In mehr als 1.000 deutschsprachigen und internationalen Dokumenten der evangelischen und katholischen Kirchen sowie der Orthodoxie, der Anglikanischen Kirche, der Bischofskonferenzen, des Vatikans, des Ökumenischen Rats der Kirchen etc. äußern sich die christlichen Kirchen zu ihrem von Respekt und Anerkennung geprägten Zugang zum Judentum. Neben den Verlautbarungen der einzelnen Kirchen finden sich auch Texte jüdischer Vereinigungen sowie zahlreiche gemeinsam verfasste Texte, die den christlich-jüdischen Dialog und die interreligiöse Verbundenheit in den Blick nehmen.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, hob bei der Vorstellung der Datenbank den enormen Wert hervor, dass fast alle Texte, die den christlich-jüdischen Dialog in den vergangenen Jahrzehnten geprägt haben, nun schnell verfügbar seien. „Es ist ein großartiges Bildungsprojekt, das allemal sensibilisiert und sprachfähig macht gegen jede Form von Antisemitismus“. Mit ihrem Dank für die geleistete Arbeit, die in der Bereitstellung des Textmaterials liegt, unterstrich sie zugleich, dass die digitale Sammlung sowohl Ermutigung als auch Vergewisserung sei: „Ermutigung dazu, mit den Beispielen der vergangenen Zeugnisse ein Gespräch auf breiter Basis fortzuführen und, wenn es an Stellen zu verstummen droht, neu zu beginnen. Vergewisserung darüber, was und wieviel Wichtiges bereits gesagt wurde – und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Beim Durchgang durch die Jahrzehnte stellt sich dann vielleicht sogar ein Staunen darüber ein, was Christen und Juden miteinander und voneinander gelernt haben“, so Bischöfin Fehrs.

Der Vorsitzende der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Ulrich Neymeyr, bezeichnete das Projekt als wertvollen Beitrag zur Vertiefung der gemeinsamen Geschichte: „Dies ist eine Geschichte, die in den letzten 25 Jahren zahlreiche Beispiele gelingender christlich-jüdischer Verständigung hervorgebracht hat, die aber auch nicht frei von Momenten der Irritation oder der Verletzung gewesen ist.“ Gerade deshalb sei es so wichtig, die Entwicklung dieses Verhältnisses mittels der vorhandenen Zeugnisse nachzuvollziehen. „Denn wer die Ursprünge kennt, der kann Gegenwärtiges verstehen, kann heute Wege der Versöhnung, des Austauschs und des Miteinanders gehen“, so Bischof Neymeyr.

Bei der Präsentation zugeschaltet war auch Prof. Dr. Doron Kiesel, Bildungsverantwortlicher des Zentralrats der Juden in Deutschland, der die Sammlung und die Dokumente aus jüdischer Sicht begrüßte und befürwortete. Rabbiner Dr. Jehoschua Ahrens, Mitglied der Projektgruppe „Dokumente Kirchen und Judentum“, die aus christlichen und jüdischen Theologinnen und Theologen besteht, betonte, dass die Internet-Datenbank neben christlichen Kundgebungen auch jüdische Erklärungen und Verlautbarungen enthalte, die im deutschsprachigen Raum oft unbekannt seien, und so auch jüdischen Perspektiven im christlich-jüdischen Dialog eine Stimme gegeben werde.

Die gesammelten Dokumente wurden über die Jahrzehnte in ihrer Sprache und ihren theologischen Aussagen klarer und enthalten mittlerweile nicht nur Absichtserklärungen oder unverbindliche Statements des guten Willens. Zahlreiche Kirchen sind bereit, die eigene Schuld und Verantwortung an der Entstehung des Antisemitismus und Antijudaismus einzugestehen und theologisch neue Wege zu gehen hinsichtlich des christlich-jüdischen Verhältnisses. Sie bekunden Gottes Treue und Zuwendung zuerst zum jüdischen Volk, das Judesein Jesu und die Hineinnahme der Heidenchristen in die Verheißung des biblischen Gottes. Auch erklären viele Texte eine strikte Solidarität mit Jüdinnen und Juden in aller Welt, erteilen jeglicher Judenfeindschaft kirchlich wie politisch eine eindeutige Absage und betonen das Existenzrecht Israels.

Bei der Präsentation in Frankfurt am Main waren Vertreterinnen und Vertreter christlicher Institutionen wie des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz und des International Council of Christians and Jews anwesend. Gefördert wurde die Erstellung der Online-Dokumentation von der Deutschen Bischofskonferenz, der EKD, dem Verein „Begegnung von Christen und Juden – Bayern“ und der Universität Tübingen. Die Internetseite ist ein Dienst der Universitätsbibliothek Tübingen.

Pressestelle der EKD
Carsten Splitt