Reformationstag im Zeichen von Religions- und Meinungsfreiheit

Gottesdienste und Feiern in ganz Deutschland erinnern an die Reformation – der EKD-Ratsvorsitzende predigte in Wittenberg

Heinrich Bedford-Strohm auf der Kanzel der Schlosskirche Wittenberg

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm predigt auf der Kanzel der Schlosskirche Wittenberg.

Frankfurt a.M. (epd). Am Reformationstag 2018 haben Bischöfe mit Blick auf den rasanten Wandel in fast allen Lebensbereichen zu Optimismus aufgerufen. Für eine „Welle der Zuversicht“   angesichts gesellschaftlicher Unsicherheiten warb der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in seiner Predigt in der Schlosskirche in Wittenberg am historischen Ort. „Angst zu machen, ist ohne Segen“, sagte er laut Manuskript. „Wir haben auch heute allen Grund, die Angstmacher und falschen Ablassprediger zu stellen: Niemand wird dadurch befreit, dass er andere ausgrenzt.“ Überall in Deutschland fanden Gottesdienste, öffentliche Feste und Diskussionsveranstaltungen statt.

Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, nannte den Reformationstag einen „Tag der Freiheit“. Freiheit sei auch das Grundgefühl, „das unser verunsichertes Land so dringend braucht“. Auch andere Bischöfe und führende Geistliche mahnten zu einem sorgsamen Umgang mit der Freiheit. Sie gehöre zu den wichtigsten und gleichzeitig am meisten gefährdeten Werten der Gegenwart, sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski. Dazu zählten die Meinungs-, die Presse- und die Religionsfreiheit, aber auch die Freiheit, seinen eigenen Lebensweg zu wählen.

Laut dem Friedensbeauftragten des Rates der EKD, Renke Brahms, ermutigt der Reformationstag dazu, ohne Angst auf Veränderungen zuzugehen. Als Beispiel dafür stehe Martin Luther selbst, erläuterte Brahms in einem ökumenischen Festgottesdienst in der Bremer Kirche Unser Lieben Frauen. „Luther war wahrlich kein Held. Aber sein Glaube an Gott hat ihm die Kraft gegeben, unerschrocken für seine Sache einzustehen.“ Dieser Glaube vertreibe die Geister der Angst, sagte der theologische Repräsentant der Bremischen Evangelischen Kirche.

Reformationsgottesdienst in der Schlosskirche Wittenberg, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm predigt auf der Kanzel
Heinrich Bedford-Strohm verabschiedet Oberbürgermeister Torsten Zugehör und r2017-Geschäftsführer Ulrich Schneider nach dem Gottesdienst.
EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm an der Thesentür der Schlosskirche Wittenberg
Historisches Marktreiben zum Reformationstag in der Altstadt von Wittenberg

Auch in diesem Jahr stand der Reformationstag im Zeichen der Ökumene. Die Versöhnung zwischen Katholiken und Protestanten war bereits im 500. Jahr der Reformation 2017 im Fokus. Der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer forderte die Kirchen auf, ihre Einheit zu betonen und die Ökumene neu zu denken. Christen seien aufgefordert, „die Einheit im Glauben schon jetzt zu leben“. Egal welcher Konfession sie angehörten, sollten sie die ihnen von Gott geschenkte Freiheit dazu nutzen, „gemeinsam auf die Unfreiheiten, Ungerechtigkeiten und Schieflagen der Gesellschaft hinzuweisen“, sagte Wilmer laut Manuskript im evangelischen Braunschweiger Dom.

Der evangelische Ökumene-Bischof Karl-Hinrich Manzke bezeichnete den in Norddeutschland neu eingeführten Reformationstag als große Chance für Gesellschaft und Kirche. Die Reformation im 16. Jahrhundert habe „großartige kulturelle Entwicklungen ermöglicht“, sagte Manzke in Bückeburg. Dazu gehörten die Neuentdeckung des persönlichen Glaubens, die Auffassung des Berufes als persönlichen Berufung und die Entwicklung zur Religionsfreiheit. Der Theologe ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe und Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.

Jüdisch-christlicher Dialog

Am größten gefeiert wurde in diesem Jahr wieder in der Lutherstadt Wittenberg. Dorthin kamen nach Angaben der Veranstalter bis zu 30.000 Besucher. Mehrere Festgottesdienste in der Schlosskirche und in der Stadtkirche zählten zu den Höhepunkten des Feiertages. Aber auch in Bremen und Niedersachsen gab es viel Programm. Denn dort war der Reformationstag in diesem Jahr erstmals ein gesetzlicher Feiertag. Nachdem Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den 31. Oktober Anfang des Jahres für arbeitsfrei erklärt hatten, gilt er nun in insgesamt neun Bundesländern als Feiertag.

Der jüdisch-christliche Dialog war ein weiteres Anliegen des diesjährigen Reformationsgedenkens. Dort, wo der Reformationstag in diesem Jahr erstmals Feiertag war, hatten viele jüdische Gemeinden daran Anstoß genommen. Luther hatte vor allem in seinen späten Schriften Juden verurteilt und angegriffen. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hatte den Rabbiner Gabor Lengyel aus Hannover zu einer Diskussion am Dienstagabend eingeladen. Der Rabbiner forderte Pastoren und Rabbiner auf, politische Predigten gegen Rassismus zu halten. Die Rabbinerin Ulrike Offenburg rief im niedersächsischen Nordhorn zur Intensivierung des jüdisch-christlichen Dialogs auf. Gleichzeitig erneuerte sie ihre Kritik an dem neuen gesetzlichen Feiertag in Norddeutschland.

An die Wittenberger Schlosskirche soll Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen die Papstkirche und den Ablasshandel angeschlagen haben. Dieses Datum gilt als Beginn der weltweiten Reformation, in deren Verlauf es zur Spaltung in evangelische und katholische Kirche kam. Im vergangenen Jahr wurde das 500. Reformationsjubiläum groß gefeiert.

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