Sexualisierte Gewalt: Kirchenkreis will Opferschutz verbessern

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Lübeck (epd). Der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg will mit mehr Transparenz und Konsequenz gegen sexualisierte Gewalt vorgehen. Ab sofort gibt es auf der Webseite des Kirchenkreises (www.kirche-LL.de) einen sichtbaren Aufruf, sich als Opfer von Grenzverletzungen, Übergriffigkeiten und sexualisierter Gewalt oder auch Beobachtungen zu melden, wie der Kirchenkreis am Freitag mitteilte. Dafür habe der Kirchenkreis eigens eine Meldestelle eingerichtet. Zudem sollen alle Kirchengemeinden individuelle Konzepte zum Schutz potenzieller Opfer erarbeiten.

Bei Verdachtsfällen von sexualisierter Gewalt gebe es die klare Botschaft: „Wir reden nichts klein. Wir hören zu, wir bieten Hilfe und Unterstützung an, wir reagieren und ziehen notwendige Konsequenzen“, sagte Lübecks Pröpstin Petra Kallies laut Mitteilung. Der Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch sei ein wichtiges Thema. „Die Missbrauchsfälle in Ahrensburg waren für die Nordkirche ein sehr, sehr lauter Weckruf“, sagte Kallies.

Die Meldestelle sei primär für Menschen gedacht, die sich Sorgen machen. „Das gilt für Personen, die kirchliche Angebote in Anspruch nehmen. Ausdrücklich gilt dies aber für kirchlich Mitarbeitende, sowohl haupt- als auch ehrenamtliche“, sagte Janina Timmermann, Leiterin der Präventionsabteilung sexualisierte Gewalt beim Kirchenkreis. Entscheidend sei, von Vorfällen zu erfahren, um im Sinne des Opferschutzes handeln zu können.

Mit dem Präventionsgesetz der Nordkirche sei zugleich auch eine Meldepflicht beschlossen worden. Wenn es die Vermutung gibt, dass gegen das Abstinenz- und Abstandsgebot verstoßen wurde oder es um sexualisierte Gewalt geht, müssten dies Mitarbeitende melden. Für das weitere Vorgehen gebe es einen klar strukturierten Interventions- und Handlungsplan.

Im ersten Schritt würden die vorliegenden Informationen gesichtet, hieß es. Gebe es einen wahrscheinlichen oder gar begründeten Verdacht, werde ein Krisenstab einberufen. Bisher sei dies im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg etwa drei bis vier Mal im Jahr der Fall gewesen, hieß es. Kallies: „Wir ziehen weitere Personen hinzu - eine externe Expertin oder einen externen Experten für Kinder- und Jugendschutzfragen zum Beispiel.“ Dabei ersetze die Arbeit nicht die Strafverfolgungsbehörden. „Für uns steht der Opferschutz im Vordergrund. Die Frage, ob eine Strafanzeige im jeweiligen Verfahren zu stellen ist, begleitet zu jedem Zeitpunkt das gesamte Agieren des Krisenstabes“, betonte Timmermann.

In einem weiteren Schritt sei es die Aufgabe der Kirchengemeinden in Lübeck und im Herzogtum Lauenburg, individuelle Schutzkonzepte zu entwickeln. Ziel sei es, präventive Maßnahmen in allen Bereichen der Gemeinde zu etablieren und frühzeitige Intervention zum Schutz potenziell Betroffener zu ermöglichen. Analysiert würden alle Bereiche von der Arbeit im Kindergarten über Konfirmationsgruppen bis zu den Angeboten für die älteren Gemeindemitglieder, hieß es.

Es gehe um die Fragen: Was ist grenzwertig? Welche Meldewege sind erforderlich? Wie kann das Risiko minimiert werden? Leicht falle diese Arbeit den Gemeinden nicht: Das Thema sexualisierte Gewalt sei belastend, vielschichtig - und nicht immer eindeutig, hieß es. Die Auseinandersetzung verlange von jedem Einzelnen, sich in Situationen hineinzuversetzen. „Man spürt, dass die Bereitschaft wächst, sich mit der unweigerlich belastenden Thematik auseinander zu setzen - und darüber bin ich froh“, sagte Pröpstin Kallies.