Zwischen Holzkirche und Hybrid-Gottesdienst

Seit drei Jahren betreut das Pfarrehepaar Roth-Tyburski die deutschsprachige evangelische Gemeinde in Tokio und Yokohama

Die Welt blickt dieser Tage nach Tokio, auch wenn die Olympischen Spiele ohne Zuschauer stattfinden müssen. Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit des Pfarrehepaars Tyburski verändert. Seit drei Jahren betreuen die beiden die rund 120 Menschen der deutschsprachigen evangelischen Kreuzkirchen-Gemeinde im Herzen der japanischen Metropole.

Holzkirche der die deutschsprachige evangelische Gemeinde in Tokio und Yokohama

Holzkirche der Deutschsprachigen evangelischen Auslandsgemeinde Tokyo/ Yokohama (Außenansicht)

„Als wir 2018 nach Tokio gingen, haben wir uns schon sehr auf die Olympischen Spiele gefreut“, sagt Pfarrer Marcus Tyburski, „wir haben bei der Verlosung sogar Karten für mehrere Disziplinen gewonnen.“ Doch dann machte Corona einen Strich durch die Rechnung. Durch die Pandemie wurde 2020 nicht nur kein Jahr mit olympischen Feuer; vielmehr konnte auch die deutsche Pfarrfamilie der evangelischen Kreuzkirchengemeinde nicht in die Heimat reisen. „Wir hätten dann nicht wieder einreisen dürfen“, berichtet Pfarrerin Bettina Roth-Tyburski. Erst in diesem Sommer kam es in der westfälischen Heimat nach zwei Jahren zum Wiedersehen mit den drei erwachsenen Töchtern, der Familie, Freundinnen und Freunden.

Nur Lasse, heute 16, war vor drei Jahren mit nach Japan gegangen. „Er wurde auch in der Kreuzkirche konfirmiert“, sagt Marcus Tyburski, „und er wird wohl auch an der deutschen Schule in zwei Jahren Abitur machen.“ Insgesamt auf sechs Jahre hat sich das Pfarrehepaar verpflichtet, die deutschsprachige evangelische Gemeinde in Tokio und Yokohama zu betreuen. Das sind etwa 120 Personen in knapp 60 Familien. Das Einzugsgebiet der Gemeinde umfasst gut 80 Kilometer oder zwei Stunden Autofahrt. „Da muss man sich schon sehr gut überlegen, ob ein Abendtermin in der Kirche oder Gemeindehaus sinnvoll ist“, sagt Bettina Roth-Tyburski.

Pfarrerehepaar Bettina Roth-Tyburski und Marcus Tyburski

Digital waren die Gemeindeglieder schon zuvor fit

Doch mit Corona kam auch ein neues Denken in die Gemeinde. „Ohnehin sind alle, auch die Über-80-Jährigen, fit im Umgang mit digitalen Medien. Allein schon, um Kontakt mit der Heimat zu halten“, erklärt die Pfarrerin. „Und wir konnten technisch noch einmal aufrüsten dank der Unterstützung des Auswärtigen Amts, das wegen der Pandemie die Kulturarbeit – und dazu gehören auch die Kirchen – finanziell unterstützt hat“, ergänzt ihr Mann. Und so wurden zunächst die Gottesdienste aus der Holzkirche im Herzen Tokios im Internet übertragen. Und jetzt, wo wieder eingeschränkte Kontakte möglich sind, wird „hybrid“ gefeiert: in der Kirche und übers Netz. So können auch weltweit Zuschauer teilnehmen. 

Kirche mit japanischen und deutschen Elementen

Die Kirche ist gut 60 Jahre alt und wurden von demselben Architekten entworfen, der auch die deutsche Botschaft in Tokio gebaut hat. „Er hat japanische und deutsche Elemente verschmolzen“, berichtet das Pfarrehepaar. Der Grundriss mute europäisch an, Papierwände und -lampen fernöstlich. Seit ihrer ersten Auslandspfarrkonferenz vor zwei Jahren in Indien wissen die Tyburskis, wie gut sie es in Tokio getroffen haben – mit einer richtigen Kirche und einem 2011 neu gebauten Pfarr- und Gemeindehaus samt Büro und Raum für die Gemeinde. „Andere feiern ihre Gottesdienste in ihren Wohnzimmern.“

Holzkirche der Deutschsprachigen evangelischen Auslandsgemeinde Tokyo/ Yokohama

Wie alle Auslandspfarrstellen werden die Personalkosten (mit Ausnahme der Versicherungen und Rentenzahlungen) nicht von der EKD, sondern dem örtlichen Gemeindegliedern getragen – jeder nach seinen Möglichkeiten. „Wir haben eine sehr bunt gemischte Gemeinde“, berichtet Bettina Roth-Tyburski, „da gibt es Menschen wie unseren Gemeindekirchenratsvorsitzenden, der seit mehr als 20 Jahren für Thyssen-Krupp in Japan arbeitet. Aber auch Studierende und Volontäre, die nur kurze Zeit in Tokio verbringen. Oder Frauen, die in den 1960-er Jahren mit dem Schiff der Liebe wegen nach Japan kamen, und die auch nach dem Tod ihrer japanischen Ehemänner nicht in die deutsche Heimat zurückkehren wollen.“

Statt Olympia-Gottesdienst nur eine Grußbotschaft

Zurzeit ruht der Gemeindebetrieb wegen der Sommerpause in Tokio, obwohl eigentlich gerade jetzt während der Olympiade einiges gedacht war. „Wir hatten mit dem Olympiapastor Thomas Weber unter anderem einen Olympia-Gottesdienst geplant“, berichtet Pfarrer Tyburski. Aber selbst Weber ist wie alle Zuschauer von der Teilnahme an den Spielen ausgeschlossen. Als kleines „Trostpflaster“ treffen sich Roth-Tyburskis mit Weber und dem Paralympics-Pastor Christian Bode vor Beginn der Olympiade in Wattenscheid, um eine gemeinsame Grußbotschaft für die Athleten in Tokio aufzunehmen.

Noch hegt das Pfarrehepaar Roth-Tyburski eine kleine Hoffnung: „Vielleicht können wir ja noch etwas von den Paralympics mitbekommen.“ Die beginnen zwei Tage nach dem ersten Gottesdienst in der Kreuzkirche nach der Sommerpause – gerade rechtzeitig für Familie Roth-Tyburski, die nach ihrer Rückkehr nach Japan erst einmal 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben muss.

Von Michael Eberstein

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