Großer Festgottesdienst am Ursprungsort der Reformation

Evangelischer Kirchentag feiert stimmungsvollen Abschluss in Wittenberg

Nach fünf Tagen ging ein Christentreffen der Superlative zu Ende: Im Jahr des 500. Reformationsjubiläums führten der Kirchentag in Berlin und sechs Kirchentage auf dem Weg in Mitteldeutschland zurück an den Ursprungsort der Reformation.

Teilnehmer am großen Festgottesdienst vor der Silhouette der Schlosskirche Wittenberg
Zigtausende Teilnehmer sind zum großen Festgottesdienst nach Wittenberg angereist.

Mit einem Gottesdienst in Wittenberg haben die Feierlichkeiten zum 500. Reformationsjubiläum ihren Höhepunkt erreicht. Zum Abschluss des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Berlin und von sechs „Kirchentagen auf dem Weg“ in acht mitteldeutschen Städten versammelten sich nach Veranstalterangaben rund 120.000 Gläubige auf den Elbwiesen der Lutherstadt. Mit Appellen an die Jugend zum Einsatz für eine bessere Welt ging das Protestantentreffen dort am 28. Mai zu Ende.

Auf den sonnenüberfluteten Elbwiesen in Wittenberg rief der Erzbischof von Kapstadt, Thabo Makgoba, in seiner Predigt die Jugendlichen auf, sich nicht entmutigen zu lassen: „Seid radikal.“ Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte: „Vielleicht erleben wir das Wachsen einer Generation 2017, in der junge Leute aufbrechen!“ 1517 hatte der Reformator Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht.

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Insgesamt beteiligten sich nach Veranstalterangaben rund 106.000 Dauerteilnehmer an den fast 2.500 Veranstaltungen des am 24. Mai in Berlin gestarteten Kirchentages. Vor zwei Jahren in Stuttgart waren es 97.000. Zudem zählten die sechs regionalen „Kirchentage auf dem Weg“ in acht mitteldeutschen Städten etwa 50.000 Besucher. Die Veranstalter werteten das Festwochenende als Erfolg. Geschäftsführer Hartwig Bodmann sagte, es gehe bei einem Kirchentag ohnehin nicht um Zahlen, sondern um Wirkung und Symbole.

Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au appellierte an die Protestanten, Auseinandersetzungen nicht zu scheuen. Dialog und Kontroversen gehörten zusammen. Sie forderte dazu auf, auch mit denen zu reden, „die keinen Dialog führen wollen“. Auch heute noch stritten sich die Protestanten wie einst die Reformatoren Luther und Ulrich Zwingli, sagte die reformierte Schweizer Theologin in dem Abendmahlsgottesdienst: „Das ist ur-protestantisch, und es lohnt sich.“ Klar sei aber auch: „Wir suchen die Auseinandersetzung mit Worten, nicht mit Waffen. Und von Angesicht zu Angesicht, nicht anonym im Netz.“

Erzbischof Makgoba, ein Nachfolger von Erzbischof Desmond Tutu und Primas der Anglikanischen Kirche des südlichen Afrika, erinnerte an die berühmte Rede von Martin Luther King in den 1960er Jahren: „Wie King, habe auch ich einen Traum für die Welt. Dass eines baldigen Tages all die narzisstischen, nationalistischen und isolationistischen Parolen unserer Zeit verschwindet.“ Die Reformation sei ein entscheidender Moment der Menschheitsentwicklung und ein „GPS-System“ für die nächsten 500 Jahre.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ermutigte in seinem Grußwort die Christen zu noch mehr Gemeinschaft. „Der lebendige ökumenische Austausch zwischen den Konfessionen und die enge Zusammenarbeit der Christen tun dem ganzen Land gut“, sagte er. Auch der katholische Ökumene-Bischof Gerhard Feige rief zu einer weiteren Annäherung der Kirchen auf.

Begonnen hatte der letzte Tag des Protestantentreffens in Wittenberg mit einer musikalischen Andacht bei Sonnenaufgang. Leise Klänge von Trommeln und einer Posaune stimmten die Besucher ein. Rund 1.000 Menschen hatten die Nacht in Schlafsäcken unter freiem Himmel verbracht. Tausende Gläubige waren zudem am Morgen mit Sonderzügen aus Berlin nach Wittenberg gekommen. Auch aus Leipzig, Magdeburg und Dresden verkehrten Züge. Für Fußgänger errichtete die Bundeswehr eine Pontonbrücke über die Elbe.

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Nach dem Gottesdienst klang der Kirchentag am Nachmittag mit einem Picknick auf den Elbwiesen aus. Dafür versorgten 350 Gastgebergemeinden die Besucher mit selbst gemachtem Essen. Ab dem späten Nachmittag traten unter dem Titel „Live 17“ die Künstler Konstantin Wecker, „Bell Book and Candle“, Judy Bailey und CITY auf. Der nächste evangelische Kirchentag findet 2019 in Dortmund statt.

epd