Die Welt gerät aus den Fugen

Der Krieg kehrt nach Europa zurück

Die EKD-Denkschrift „Welt in Unordnung“ zeichnet ein alarmierendes Bild der Weltlage. Mit Russlands Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich die Sicherheitslage in Europa fundamental verändert. Was lange undenkbar schien, ist brutale Realität geworden: Krieg mitten in Europa. Zusätzlich rückt der Nahostkonflikt nach dem Hamas-Terrorakt vom 7. Oktober 2023 die Gewalt noch stärker ins Bewusstsein auch der deutschen Gesellschaft.

Globale Eskalation der Gewalt
2024 markiert einen traurigen Höhepunkt: Die Zahl der Kriegstoten erreichte weltweit neue Rekordwerte seit dem Zweiten Weltkrieg. Über die Hälfte der weltweiten Gewaltkonflikte toben in Afrika südlich der Sahara. Viele davon sind keine zwischenstaatlichen Kriege, sondern Bürgerkriege und Konflikte in gescheiterten Staaten. Die Bevölkerung leidet unter Hunger, Flucht, Morden und systematischen Vergewaltigungen.

Neue Dimensionen der Bedrohung
Die Kriegsführung hat sich dramatisch verändert. Drohnen ermöglichen das Töten aus der Ferne. Künstliche Intelligenz und autonome Waffensysteme werfen die Frage auf, wer für militärische Entscheidungen verantwortlich gemacht werden kann. Der Weltraum wird zum neuen Kriegsschauplatz. Angriffe auf Satelliten können die kritische Infrastruktur ganzer Staaten lahmlegen.
Hybride Kriegsführung verwischt die Grenzen zwischen Krieg und Frieden. Cyberangriffe, Desinformation und die gezielte Destabilisierung demokratischer Gesellschaften sind zur Normalität geworden. Plurale Demokratien mit ihren langwierigen parlamentarischen Prozessen sind besonders verwundbar.

Erosion der Weltordnung
Die internationale Ordnung steht massiv unter Druck. Politik, die sich an ethischen Prinzipien und Menschenrechten orientiert, wird von vielen Akteuren bewusst missachtet. Weltweit ist die Demokratie auf dem Rückzug. Evangelische (Friedens-)Ethik muss diese Situation in ihre Überlegungen einbeziehen und bisherige Einschätzungen überdenken.

Kernsätze der EKD-Denkschrift:

  • „Die Stärke des Rechts droht durch das Recht des Stärkeren ersetzt zu werden.“
  • „Plurale Demokratien mit ihren langen parlamentarischen Aushandlungsprozessen sind besonders geeignete Ziele für hybride Kriegsführung.“
  • „Die gegenwärtige geopolitische Situation führt schmerzhaft vor Augen, dass bereits viel erreicht ist, wenn Menschen vor intentionaler physischer Gewalt sicher sind, wenn also ein Rechtsraum geschaffen und aufrechterhalten wird, der Leib und Leben schützt.“
  • „Angesichts der zunehmenden technologischen Komplexität moderner Kriegsführung – etwa durch Cyberoperationen, autonome Waffensysteme oder den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Konflikten – muss evangelische Friedensethik weiterentwickelt werden.“