Dialogratgeber zur Förderung der Begegnung zwischen Christen und Muslimen in Deutschland

Herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland und dem Koordinationsrat der Muslime

Vorwort

Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen sich Menschen christlichen und muslimischen Glaubens in unserer Gesellschaft begegnen können. Das kann am Arbeitsplatz oder in der Freizeit, in der Nachbarschaft oder bei gemeinsamen Aktivitäten der Fall sein. Oft verlaufen diese Begegnungen ganz selbstverständlich und reibungslos. Ein solches harmonisches Miteinander der Menschen unterschiedlicher religiöser oder kultureller Herkunft liegt auch im ureigensten Interesse der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Koordinationsrates der Muslime (KRM). Der hier vorgelegte Dialogratgeber kann einen Beitrag leisten, den christlich-islamischen Dialog im Alltag und in der Praxis zu unterstützen und zu fördern.

Das Miteinander in einer pluralen Gesellschaft, das lässt sich leider immer wieder beobachten, birgt in sich auch Hürden und Schwierigkeiten. Unterschiedliche Verhaltensweisen und Gepflogenheiten, Erfahrungen mit Diskriminierung und Radikalisierung, aber auch politische Entwicklungen in Deutschland und der Welt verändern und belasten die wechselseitige Wahrnehmung. Gerade angesichts solcher Entwicklungen ist es notwendig, die Begegnung zu suchen und den Dialog zu führen. Aus den vielfältigen Erfahrungen, die im christlich-muslimischen Miteinander in der Gesellschaft, aber auch in Kirchen- und Moscheegemeinden in den letzten Jahren und Jahrzehnten gesammelt wurden, hat eine gemischt (evangelisch und muslimisch) besetzte Arbeitsgruppe versucht, wesentliche Grundlagen, Herausforderungen und praktische Hinweise für die Begegnung zusammenzustellen.

Der Dialog zwischen Christen und Muslimen ist dabei nicht nur Ausdruck eines bestimmten Zeitgeistes oder ein Gebot der Stunde, sondern er hat im Christentum wie auch im Islam seine theologischen Begründungen. Christlicherseits gründet der Kontakt zu Menschen anderer religiöser Überzeugungen in der Erkenntnis, dass mir im Nächsten, Anderen und Fremden Christus bzw. Gott begegnen kann (z. B. Matthäusevangelium 25,31- 46). Muslimischerseits besteht eine grundsätzliche Überzeugung, dass die Menschen unterschiedlich erschaffen wurden und sich in ihrer Unterschiedlichkeit kennen lernen sollen (z. B. Sure 49,13). Zudem gehört es zur christlichen wie auch zur muslimischen Verantwortung in der Welt dazu, sich für das gemeinschaftliche Wohl und den Frieden einzusetzen. Die theologischen Motive und Begründungen für Begegnung und Dialog können im Christentum und Islam voneinander abweichen. Das unterstreicht noch einmal, dass wir es nicht mit einer Einheitsreligion zu tun haben, sondern mit verschiedenen religiösen Traditionen und Gemeinschaften, die in Respekt voreinander und in Achtung der vorhandenen Unterschiede miteinander umgehen möchten.

Sicherlich konnte nicht alles, was über das Verhältnis von Christentum und Islam gesagt werden kann, in diesen Ratgeber Eingang finden. Zudem gibt es Themen, die der weiteren Behandlung im Dialog bedürfen. Auch können aktuelle Ereignisse und Entwicklungen alte und neue Fragen dringlich werden lassen, die im Gespräch geklärt werden müssen. Denkverbote und Tabuisierungen gibt es dabei nicht, gleichwohl sollten aber alle Fragen in der hier beschriebenen Haltung behandelt werden. Möge der Dialogratgeber so der Praxis christlich-islamischer Begegnung dienen und dazu anregen, das, was von evangelischer und muslimischer Seite gemeinsam gesagt werden kann, auch gemeinsam zu sagen - und zu tun.

Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Erol Pürlü
Sprecher des Koordinationsrates der Muslime

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