Gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung tragen

Kooperationspapier des Zentralen Besprechungskreises Kirche-Handwerk

Geleitworte

Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm

Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

„Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ – so die Aufforderung des Apostels Petrus zu biblischer Zeit (1. Petrus 3, 15). Die Aufgabe bleibt aktuell: Diejenigen, die aufgrund ihrer Kompetenzen, Überzeugungen, Zukunftsvorstellungen und Gestaltungskraft unsere Gesellschaft mitgestalten, sollen ihre Leitbilder in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen. Das Handwerk und die christlichen Kirchen gehören zu diesen wichtigen gesellschaftlichen Kräften.

So gratuliere ich den Mitgliedern des Zentralen Besprechungskreises Kirchen und Handwerk zu ihrer fünfzigjährigen Arbeit für diese kontinuierliche Verständigung sowie für die Beteiligung an gesellschaftlichen Diskursen und das Engagement an gemeinsam verantworteten Projekten.

Als Evangelische Kirche in Deutschland sehen wir neben der wirtschaftlichen Bedeutung des Handwerks die soziale und kulturelle Prägekraft des Handwerks auf dem Land wie in den Städten. Die duale Ausbildung in Betrieben und Berufsschulen wie auch die große Nähe und Verbundenheit zwischen Arbeitgebern, Mitarbeitenden und Kunden stehen exemplarisch für das Handwerk. Sie machen deutlich, dass Aspekte der Bildungsgerechtigkeit, der Wertschätzung und Toleranz im täglichen Umgang miteinander, Aspekte der Qualität von Produkten und Dienstleistungen wie auch Aspekte der sozialen und ökologischen Verantwortung in alltägliche Entscheidungen handwerklichen Tuns einfließen. Glaube und Ethik werden im Handwerk konkret. Dass diese Konkretionen immer wieder ins Gespräch gebracht werden müssen, zeigen Problemfelder wie atypische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder auch Spannungen zwischen ökonomischen und ökologischen Aspekten bei unternehmerischen Entscheidungen. Man kennt sie aus dem industriellen Bereich. Sie machen aber auch vor dem Handwerk nicht halt. In Zeiten einer Beschleunigung gesellschaftlicher Prozesse, eines erhöhten wirtschaftlichen Wettbewerbs sowie einer zunehmenden Pluralität der Glaubens- und Werthaltungen werden diese Aufgaben in Zukunft nicht geringer.

Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Landeskirchen, Kirchenkreise bzw. Dekanate und die Kirchengemeinden sehen sich in ökumenischer Verbundenheit mit der katholischen Kirche in der Verantwortung, in persönlichen Gesprächen vor Ort, im Rahmen des Religionsunterrichts an Berufsschulen, im Rahmen von Gottesdiensten, Diskussionsveranstaltungen und gemeinsamen Projekten Glaube und Beruf, handwerkliches Tun und Ethik immer wieder neu zu verbinden. Die Sorge um eine sozial gerechte und ökologisch verantwortliche Gesellschaft wie auch um die seelische Gesundheit des Einzelnen in der Ausübung eines handwerklichen Berufs kann ein verbindendes Element zwischen evangelischer Kirche, katholischer Kirche und Handwerk sein.

Ich wünsche dem Zentralen Besprechungskreis, dass er weiterhin auf der Basis des wechselseitigen Vertrauens und im Bewusstsein dieser gemeinsamen Verantwortung in der Gesellschaft das Gespräch zwischen Kirchen und Handwerk fördert und in diesem Sinne gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung übernimmt.

Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
Vorsitzender des Rates der EKD


Reinhard Kardinal Marx

Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Die Kirchen und das Handwerk können auf eine lange Geschichte ihrer Zusammenarbeit zurückblicken. Abgesehen von der Landwirtschaft bestehen von Seiten der Kirchen zu keinem anderen Bereich des Wirtschaftslebens über die Jahrhunderte so enge Beziehungen wie zum Handwerk. Handwerk und Kirche sind eng verbunden mit der jeweiligen Region und stark bezogen auf die Familie. Das verbindet sie und hat zu einer guten Beziehung zwischen Kirche und Handwerk beigetragen. Dabei spielt die Tradition eine große Rolle.

Aber das Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Erneuerung wird auch im neuen Kooperationspapier deutlich. Der Text verweist nicht nur auf gemeinsame Werte, die Maßstab sein können für das jeweilige Handeln, sondern nennt auch künftige Herausforderungen für Handwerk und Kirchen, die sich aus Veränderungen der politischen, ökonomischen, technischen und sozialen Verhältnisse ergeben. Dies betrifft sowohl die Digitalisierung, den demografischen Wandel, die Energiewende, die Integration der Flüchtlinge als auch die Ausgestaltung der Europäischen Union. Im Umgang mit diesen Herausforderungen wird deutlich, was es heißt, gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung zu tragen.

Der „Zentrale Besprechungskreis Kirche und Handwerk“, der im Jahre 1966 gegründet wurde, feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. In den ersten 30 Jahren umfasste dieses Gremium allein Vertreter der Evangelischen Kirche und des Handwerks. Ich kann mich noch gut an die Diskussion Mitte der 1990er Jahre erinnern, als im Zuge der Beratungen zum Gemeinsamen Wort der Kirchen die Frage aufgeworfen wurde, ob es nicht sinnvoll wäre, diese Kontakte zum Handwerk ebenfalls in ökumenischer Verbundenheit wahrzunehmen. Seit 1997 sind nun auch Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz Mitglied im Zentralen Besprechungskreis. Erfreulicherweise haben sich inzwischen auch katholische Verbände dazu entschlossen, regelmäßig an den Beratungen dieses Gremiums teilzunehmen. Ich freue mich, dass ich viele Jahre mit großer Freude daran mitwirken konnte.

Mit der Neubearbeitung des Kooperationspapiers aus dem Jahre 1972 hat sich der „Zentrale Besprechungskreis Kirche und Handwerk“ zum 50-jährigen Jubiläum selbst ein Geschenk gemacht. Nach Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit innezuhalten und sich mit dem eigenen Selbstverständnis auseinanderzusetzen, ist eine gute Voraussetzung, um sich auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten mit neuer Kraft den vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen zu stellen. Aus diesem Grund freue ich mich, dass dem „Zentralen Besprechungskreis Kirche und Handwerk“ die Neubearbeitung des Kooperationspapiers gelungen ist. Damit verbunden ist mein Wunsch, dass der vorliegende Text Orientierung geben kann, um in ökumenischer Zusammenarbeit den Dialog mit dem Handwerk auch in Zukunft fortzusetzen und zu vertiefen.

Reinhard Kardinal Marx
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz


Hans Peter Wollseifer

Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks

Gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung tragen – unter dieses Motto hat der Zentrale Besprechungskreis sein Kooperationspapier Kirchen und Handwerk gestellt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass dieses Gremium seit nunmehr 50 Jahren auf Spitzenebene einen Ort für intensive Begegnung und gemeinsame Initiativen schafft.

Während zu Beginn seiner Arbeit Grundsatzfragen der neu etablierten Arbeits- und Sozialordnung in der jungen Bundesrepublik im Fokus standen, kamen später wirtschaftspolitische und ökologische Fragen sowie die Auseinandersetzung mit der Wiedervereinigung und einem zusammenwachsenden Europa hinzu. Zu den Beratungsschwerpunkten des Besprechungskreises gehören inzwischen auch die Schaffung eines klaren Ordnungsrahmens für die globalisierte und sich digitalisierende Wirtschaft, die Bewältigung des demografischen Wandels und die Förderung der persönlichen und gesellschaftlichen Entwicklung durch Bildung. Weitere gemeinsame Handlungsfelder für das Handwerk und die Kirchen sind die Frage, wie eine umweltfreundliche und effiziente Energieversorgung sichergestellt werden kann, die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung, die Integration von Flüchtlingen und Einwanderern in Gesellschaft und Arbeitsmarkt sowie die Mitgestaltung einer europäischen Werte- und Verantwortungsgemeinschaft. Als wertegebundener Wirtschaftsbereich leistet das Handwerk einen großen Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Im Handwerk werden Werte für die Kunden und Mitarbeiter, für Wirtschaft und Gesellschaft gelebt – wie Eigeninitiative, unternehmerische Verantwortung, ehrenamtliches Engagement und die Treue zum regionalen Standort. Handwerksbetriebe handeln sozial, indem sie Arbeits- und Ausbildungsplätze und damit Wohlstand schaffen. Sie stehen für eine langfristige und nachhaltige Unternehmensausrichtung. Als Familienunternehmen wollen sie etwas Dauerhaftes schaffen, das auch künftigen Generationen dient.

Auch in Zukunft wird es eine große Herausforderung sein und ein stetes Ringen erfordern, die richtigen Antworten auf die aktuellen Entwicklungen zu finden. Um die gute Kooperation zwischen dem Handwerk und den Kirchen weiter zu festigen, empfiehlt der Besprechungskreis in seinem Kooperationspapier unter anderem, feste Ansprechpartner für den Dialog bei Landeshandwerksorganisationen, Landeskirchen und Bistümern zu installieren. Auch können Bildungsprozesse gemeinsam gestaltet werden, indem das Handwerk und die kirchlichen Schulen ihre Zusammenarbeit verstärken und damit junge Menschen bei der Berufsorientierung unterstützen. Möglichkeiten für gemeinsame Aktivitäten von Handwerk und Kirchen gibt es darüber hinaus zum Beispiel bei der Ausgestaltung einer Willkommenskultur für Migranten.

Ich wünsche dem Zentralen Besprechungskreis Kirche-Handwerk auch weiterhin einen fruchtbaren Austausch und ein erfolgreiches gemeinsames Engagement.

Hans Peter Wollseifer
Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks

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