Frieden

Eine weiße Taube fliegt empor

Frieden bedeutet, mit sich, den Menschen und mit Gott im Reinen zu sein.

Frieden im biblischen Sinne ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedeutet, eine gute Beziehung zu haben: zu anderen Menschen, zu sich und zu Gott. Frieden ist die Situation, in der menschliches Leben und Zusammenleben in jeglicher Hinsicht so ist, dass es den Menschen gut geht. Das meint auch das hebräische Wort für „Frieden“, schalom. Es bedeutet Frieden im Sinne von „heil sein“ oder „ganz sein“. 

Im Alten Testament kommt der Aspekt des Friedens in verschiedenen Zusammenhängen vor. Er betrifft alle Dimensionen des menschlichen Lebens: das friedliche und glückliche Zusammenleben in der Familie, in der Gemeinschaft und mit Völkern in der Welt. Frieden meint auch ein gutes Verhältnis des Menschen zur Natur, zu Gottes Schöpfung. Und nicht zuletzt sollen die Menschen mit Gott selbst versöhnt leben. In den Kulturen des Alten Orients, also in den Ländern rund um Mesopotamien, zu denen auch Israel gehörte, galt der König oder der Herrscher als Garant für den Frieden. Er sollte ein geordnetes Reich herstellen und das urzeitliche Chaos verdrängen. Solch ein Herrscher war für das Volk Israel im Alten Testament Gott. Er erschuf die Welt mitten im „Tohuwabohu“, das hebräische Wort bedeutet „wüst und leer“. (Gen 1,2)

Es war gängige Praxis, dass Herrscher den Frieden mit militärischer Gewalt herstellen. Auch im Alten Testament gibt es Schlachten, bei denen Gott das Volk Israel unterstützt. In späteren Texten aber, die zum Beispiel in der Zeit der neuassyrischen Besatzung geschrieben wurden, begannen die Menschen, sich einen friedlichen Weg vorzustellen, einen Frieden, der ohne Krieg auskommt. So steht zum Beispiel beim Propheten Jesaja, dass Gott die Menschen in der Weise richten wird, dass „sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ (Jes 2,2–4) Andere Stellen sind Jes 9,1–6; Ps 46,9–12; Mi 4,1–5 .

Frieden, wie ihn die Bibel beschreibt, ist nur möglich, wenn Menschen auf Gott vertrauen. Ohne Gott können Menschen keinen Frieden schaffen. Im Alten Testament stehen deswegen die Gebote Gottes im Vordergrund. Wenn sich die Menschen an die Gebote Gottes halten, finden sie Frieden miteinander (Ps 119,165; Jes 32,15–18; Jes 48,18; Jes 11,9). Im Neuen Testament geht es um den allumfassenden Frieden, der daraus entsteht, dass Jesus durch Gottes Barmherzigkeit die Schuld der Menschen überwindet (Lk 1,79). Weil Menschen im Kommen Jesu Christi erfahren haben, dass Gott sie liebt, können sie Frieden mit sich und der Welt finden. Es ist ein Friede, der auf das hinweist, worauf Christinnen und Christen hoffen: Gottes Friedensreich (Reich Gottes).

Die Vorstellung von Frieden ist eng verknüpft mit der Vorstellung von Gerechtigkeit. Die Menschen erhoffen sich von Gottes Hilfe, dass Gerechtigkeit und Frieden sich küssen mögen (Ps 85,10). Erst, wenn alle Geschöpfe zu ihrem Recht kommen, herrscht Frieden. Aus dieser Hoffnung leben Christinnen und Christen.

Diesen Frieden Gottes nehmen sie aber nicht nur als Zuspruch, sondern auch als Anspruch. Deswegen kämpfen sie gegen Armut und gegen gesellschaftliche Ungleichheit. Liebt eure Feinde, so lautet gar der provozierende Appell, den Jesus in einer berühmten Rede, der Bergpredigt (Mt 5-7), an die Menschen richtet. Diese Feindesliebe ist eine wichtige Grundlage der christlichen Friedensethik.

 

Weiterführende Inhalte und Links

  • Fragen

    Die Kirche wendet sich entschieden gegen Krieg. Seit wann ist das so?

    Antwort: Im Mittelalter gab es die auf den Theologen Augustinus zurückgehende Lehre vom „gerechten Krieg“, mit der unter anderem die Kreuzzüge gerechtfertigt wurden. Schon Martin Luther hat in der Zeit der Reformation den „gerechten Krieg“ auf die Verteidigung beschränkt. Die Verstrickung der Kirche in Kriege ging dennoch weiter.

    In der Zeit nach der Reformation gab es fürchterliche Religionskriege in Europa, zum Beispiel den Dreißigjährigen Krieg. Nach dieser Erfahrung waren viele Menschen der Meinung, dass Kriege nicht gerecht sein können, sondern nur „rechtmäßig“, nämlich dann, wenn sie Aussicht auf Erfolg hätten. Außerdem ging es erstmals um den Schutz der Zivilbevölkerung. So sprach man zwar nicht mehr vom „gerechten Krieg“, konnte aber immer noch einen Angriffskrieg rechtfertigen. Das geschah auch: Während der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert gab es eine national-religiöse Verherrlichung des Krieges, an der die Kirche maßgeblich beteiligt war.

    Erst die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und die Bedrohung durch die Atomwaffen führten zu einem radikalen Umdenken in den Kirchen. Der Ökumenische Rat der Kirchen ging mit seinem Kriegsächtungsprogramm 1948 den ersten Schritt, als er sagte: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“

    In der Zeit nach dieser Erklärung entwickelten sich unterschiedliche Haltungen. Drei Gruppen lassen sich unterscheiden: Die einen legten den Fokus auf die Bedrohung durch Atomwaffen. Mit der Möglichkeit, Atomwaffen einzusetzen, so sagten sie, könne es keinen Krieg geben, der noch in irgendeiner Weise der Gerechtigkeit diene. Andere argumentierten, bei aller Bemühung um Frieden müsse es – unabhängig davon, welche Waffen zur Verfügung stünden –eine „Ultima-Ratio-Option“ geben: um die Wahrung des Rechts mit militärischen Mitteln zu erreichen, wenn es gar nicht anders ginge. Und wieder andere wurden zu überzeugten Parzifitstinnen und Pazifisten, die unter keinen Umständen den Einsatz von Militär und Gewalt duldeten.

    Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat sich seit 1945 in mehreren Friedensschriften gegen Krieg und Gewalt gewandt. In der Denkschrift „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ aus dem Jahr 2007 setzt die EKD dem alten Begriff des „gerechten Krieges“ den Begriff des „gerechten Friedens“ entgegen. Sie versteht Frieden als einen Prozess der Förderung von Freiheit, des Schutzes vor Gewalt, des Abbaus von Not und der Anerkennung kultureller Verschiedenheit. Den Einsatz von militärischer Gewalt sieht sie als das Scheitern an, keinen friedlichen Weg gefunden zu haben. Sie erkennt aber, dass es in manchen Situationen nicht anders geht. Dies gilt zum Beispiel besonders dann, wenn Menschen geschützt werden müssen, die in Kriegsgebieten leben.

    Die EKD fordert den Ausbau einer internationalen Rechtsordnung, die die zivile Konfliktbearbeitung fördert und strenge ethische und völkerrechtliche Kriterien für militärische Einsätze und Gewaltaktionen festsetzt. Voraussetzung für Frieden ist, dass man auch die Interessen der anderen beachtet. Dies gilt auch und gerade während eines militärischen Einsatzes zur Sicherung des Friedens. Grundsätzlich setzt sich die EKD ein für die Stärkung der Vereinten Nationen und anderer universaler Institutionen, für den Abbau von Rüstung und Waffen und für den Ausbau ziviler Konfliktbearbeitung.

  • Diskussion

    Im Notfall, nach engen Kriterien, darf militärische Gewalt eingesetzt werden, um Menschen zu schützen. Diese Haltung ist unter Christinnen und Christen verbreitet. Es gab jedoch auch immer schon überzeugte Pazifistinnen und Pazifisten, die jegliche Gewalt ablehnten. Die ehemalige Ratsvorsitzende und ehemalige Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, hatte 2010 mit dem Hinweis Aufmerksamkeit erlangt: „Nichts ist gut in Afghanistan.“ Sie wandte sich damit auch gegen die Art und Weise, wie der Bundeswehreinsatz in Afghanistan geführt wurde. Außerdem setzte sie sich als Präsidentin der Zentralstelle Kriegsdienstverweigerung für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein.

    Die Friedensbewegung innerhalb der christlichen Kirchen geht auf die sogenannten historischen Friedenskirchen – die Quäker, Mennoniten und die Church of Brethren – zurück. Diese historischen Friedenskirchen wurden zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert gegründet. Aber auch innerhalb der großen Kirchen haben sich Christinnen und Christen vor 1945 für den Frieden eingesetzt, zum Beispiel bei den Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907, im Völkerbund und in der Deutschen Friedensgesellschaft. In den 1980er Jahren entwickelte sich während des Kalten Krieges eine breite Bewegung von Gruppen wie „Ohne Rüstung leben“, „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ und „Pax Christi“. Der konziliare Prozess, der 1990 vom Ökumenischen Rat der Kirchen angestoßen wurde, unterstützte diese Entwicklung maßgeblich: Auf der Ökumenischen Weltversammlung in Seoul formulierten alle christlichen Kirchen als ihre gemeinsame Aufgabe den Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs konzentriert sich die Friedensbewegung auf Gewaltprävention, Konfliktvermeidung und Mediation. 

  • Links