Christi Himmelfahrt

Was wird an Christi Himmelfahrt gefeiert?

Mit Ostern schließen drei von vier Evangelien ihren Bericht vom Leben und Wirken Jesu. Die Auferstehung ist das Schlusskapitel der Evangelien und der Schlüssel zur Deutung der Lebensgeschichte Jesu. Der Verfasser des Lukasevangeliums entfaltet diesen Schluss durch die Erzählung von der „Himmelfahrt“ des auferstandenen Christus. Danach hat sich Jesus Christus nach seiner Auferstehung 40 Tage lang den Aposteln gezeigt, bevor er von ihnen schied und in den Himmel fuhr (Apostelgeschichte 1,1-11; Lukas 24,51). Ein Vers im Markusevangelium fügt dem im Anschluss an Psalm 110,1 hinzu, dass Jesus sich „zur Rechten Gottes“ gesetzt hat (Markus 16,19). Das wiederholt der Artikel zu Jesus Christus im apostolischen Glaubensbekenntnis, wo es über Jesus Christus heißt: „aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters“.

Das Fest Christi Himmelfahrt ist erst seit dem Ende des 5. Jahrhunderts fester Bestandteil des kirchlichen Festkalenders. Seiner theologischen Bedeutung nach ist es das Bindeglied zwischen dem Oster- und dem Pfingstfest.

Christi Himmelfahrt im Kirchenjahr

Das Fest Christi Himmelfahrt wird immer am 40. Tag der Osterzeit, also 39 Tage nach Ostern gefeiert. Daher fällt es stets auf einen Donnerstag. Mit Ostern und Pfingsten gehört es zu den drei Festen der Osterzeit, die nach 50 Tagen mit Pfingsten endet. Diese Feste stehen gewissermaßen für die Stufen der „Erhöhung“ Jesu Christi, nämlich am Kreuz (vgl. Johannes 3,14), in der Auferstehung (Ostern), in der Himmelfahrt und in der Ausgießung des Heiligen Geistes (Pfingsten). Christi Himmelfahrt ist somit als Moment einer Bewegung zu verstehen, die am Karfreitag begonnen hat und erst an Pfingsten zum Ziel kommt – gemäß dem Jesuswort in Johannes 16,7: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster [nämlich der Geist Christi] nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“

Die Bedeutung von Christi Himmelfahrt

Der theologische Sinn von Christi Himmelfahrt erschließt sich nur schwer, wenn man versucht, sie als historisches Ereignis zu fassen. In der Malerei der Renaissance und des Barock wurde sie zwar oft als leibliche Aufnahme Jesu in den buchstäblichen Himmel jenseits der Wolken dargestellt. Doch leben auch solche Gemälde vom Gleichnischarakter des „Himmels“. Schon Martin Luther hat gegen Missverständnisse betont, dass dieser Himmel des Glaubens kein räumlicher Ort „über uns“ ist. Der Himmel, der etwa in der Gottesanrede „Vater unser im Himmel“ gemeint ist, ist die metaphorische Bezeichnung eines Anderswo, eines Jenseits, in denen die Beschränkungen der geschaffenen Welt nicht gelten.

Durch die „Himmelfahrt“ wurde Jesus Christus von den Bedingungen der Endlichkeit befreit. Er geht nicht, wie er gekommen ist. Der Sohn Gottes, der sich für die Menschen in die Endlichkeit begeben, erniedrigt und sein Erlösungswerk vollbracht hat, wird erhöht und kehrt heim zum Vater. Diese Erhöhung wurde in der Theologiegeschichte im Anschluss an Markus 16,19 und Psalm 110,1 auch als Inthronisation verstanden. Jesus Christus, der für die Menschen zum Knecht geworden ist, erlangt am Ende die Königswürde. So kommt sein Erlösungswerk zum Abschluss. Es wird besiegelt und ist nun ewig und universal gültig. Die ganze Schöpfung soll durch Jesus Christus erlöst werden. Er ist Herr und König über diese Welt. Christi Himmelfahrt bedeutet daher: Jesus Christus ist nicht mehr hier, aber er lebt. Sein Geist bleibt und kehrt ständig wieder.

Wie er erhöht und verwandelt wurde, sollen auch die Menschen verwandelt werden – zu Gottes Kindern, die im Geist Christi leben. Am Himmelfahrtsfest sollen Christinnen und Christen dem scheidenden Jesus daher nicht wehmütig nachschauen, sondern verstehen, wie er die Welt verändert hat. Christi Himmelfahrt ist, wenn man so will, die Erinnerung daran, dass Jesus Christus den Himmel auf die Erde geholt hat. Oder anders: Seit Christi Himmelfahrt ist der Himmel dort, wo Jesus Christus ist. Die Menschen sollen nicht nach dem jenseitigen Gott „über uns“ fragen. Denn Gott ist in Jesus Mensch geworden und in ihre Mitte getreten. So öffnet er ihnen schon jetzt hier und heute seinen Himmel.

Gottesdienste an Christi Himmelfahrt

Der blaue unendlich weite Himmel über uns ist nicht der Himmel Gottes. Und doch ist er ein natürliches Sinnbild für Gottes grenzenlose Güte (vgl. Psalm 36,5). Das Bekenntnis zu Christus als Herrn der Welt legt es nahe, das Fest „Christi Himmelfahrt“ in der Weite der Natur zu begehen. In der evangelischen Kirche ist es daher üblich, Christi Himmelfahrt mit Gottesdiensten unter freiem Himmel auf Bergen, Wiesen oder an Seen zu feiern. Dabei bieten Posaunenchöre, aber auch Bands und Gospelchöre oft kirchenmusikalische Unterstützung. Auch in der katholischen Kirche wird mit Prozessionszügen durch Wald und Wiesen die Nähe zur Natur gesucht.

Bräuche an Christi Himmelfahrt

Der Tag ist in Deutschland ein arbeitsfreier Feiertag. Ausgehend vom Brauch der Prozessionen in der Natur entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts die Tradition ausgelassener „Herrenpartien“. Seitdem wird der Himmelfahrtstag hierzulande auch als „Vatertag“ oder „Herrentag“ begangen.

Urs Mundt