Familienförderung im kirchlichen Arbeitsrecht

Eine Arbeitshilfe erarbeitet im Auftrag des Rates der EKD, EKD-Texte 92, 2007

3. Gesetzliche Rahmenbedingungen und kollektiv-rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Die rechtlichen Regelungen für das Zusammenspiel von Familie und Beruf sind auf unterschiedlichen Ebenen geregelt:

  1. durch die arbeitsrechtlichen Vorschriften des Staates, durch kirchliche Arbeitsrechtsregelungen der Arbeitsrechtlichen Kommissionen bzw. Tarifverträge der kirchlichen Tarifvertragsparteien und
  2. in Dienstvereinbarungen, die für die Dienststellen und Einrichtungen von den Dienststellenleitungen und ihren Mitarbeitervertretungen abgeschlossen werden.

Nachdem lange Jahre vor allem in den alten Bundesländern das Modell eines Nacheinanders von Beruf und Familie bestimmend war, bei dem Mitarbeiterinnen (und Mitarbeiter) mit familiären Aufgaben (zeitweise) aus dem Beruf aussteigen, sind durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz und das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz neue rechtliche Möglichkeiten geschaffen worden. Diese Gesetze zielen auf eine Erweiterung der Wahlfreiheit, indem die Verbindung von beruflichem und familiärem Engagement vor allem durch ein Recht auf Teilzeitarbeit in unterschiedlichen Konstellationen erleichtert werden soll.

Neben den gesetzlichen Bestimmungen können kirchliche Arbeitsrechtsregelungen dazu beitragen, die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben zu fördern. So sind etwa die Dauer, die Gestaltung der Arbeitszeit sowie die Flexibilisierungsinstrumente schon seit langem Gegenstand von Arbeitsrechtsregelungen. Häufig wurde diese Frage allerdings auch in Kirche und Diakonie bisher vor allem unter den Aspekten der Arbeitsziele und der Beschäftigungssicherung, aber kaum unter dem der Familienfreundlichkeit diskutiert. Die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbstätigkeiten versuchte man bisher hauptsächlich durch langfristige Beurlaubungsmöglichkeiten zu befördern, die sich in einigen Arbeitsrechtsregelungen auf bis zu 18 Jahre Beurlaubung je Kind beliefen bzw. belaufen. Hier hat sich in der gesamten Erwerbswirtschaft inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass langfristige Beurlaubungen Nachteile für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch für die Arbeitgeber haben.

Kaum entwickelt sind kollektivrechtliche Regelungen, die es gestatten, Erwerbstätigkeiten und Kindererziehung bzw. Pflege für Frauen wie Männer zeitgleich und auf Dauer nachteilsfrei miteinander zu verbinden. Hier besteht ein erheblicher Handlungsbedarf und Handlungsspielraum bei der Entwicklung neuer Arbeitsrechtsregelungen, die diesen Zielsetzungen Rechnung tragen.

Aufgabe der Arbeitsrechtsregelungen ist es, das Ziel der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter und Väter festzuschreiben und allgemeine Rahmenbedingungen und Zielvorgaben festzulegen. Die Konkretisierung dieser Arbeitsrechtsregelungen sollte in den kirchlichen Dienststellen und diakonischen Einrichtungen durch Dienstvereinbarungen getroffen werden. So ist beispielsweise ein Anspruch auf zusätzliche Freistellung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit besonderen familiären Verpflichtungen generell durch Arbeitsrechtsregelung zu bestimmen. Die konkrete Inanspruchnahme sollte möglichst betriebsnah innerhalb der Dienststellen und Einrichtungen geregelt werden.

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