Kriegstüchtigkeit
Ein umstrittener Begriff
Muss Deutschland „kriegstüchtiger“ oder wieder „kriegstauglich“ werden? In ihrer Denkschrift „Welt in Unordnung“ zeigt sich die EKD kritisch gegenüber diesen Begriffen, die in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion vermehrt auftaucht.
Realität und Notwendigkeit
Die EKD erkennt an, dass die Bundeswehr derzeit nicht ausreichend für einen Verteidigungsfall ausgestattet ist. In diesem konkreten Kontext gewinne der Begriff der Kriegstauglichkeit seine Berechtigung, wenn es darum geht, Soldat*innen zu befähigen, eine militärische Auseinandersetzung erfolgreich zu bestehen.
Klare Distanzierung
Dennoch wahrt die evangelische Ethik klar Distanz gegenüber dem Begriff. Die Denkschrift betont, dass jede Diskussion über militärische Einsatzfähigkeit sich am Ziel eines Gerechten Friedens orientieren müsse. Die Bundeswehr sei mit ihrem Konzept der Inneren Führung diesem Ziel verpflichtet: Militärische Befähigung dürfe nicht einem Selbstzweck, sondern nur dem Schutz der Gemeinschaft dienen.
Sprache prägt Denken
Eine besondere Gefahr sieht die Denkschrift darin, dass durch die Verwendung des Begriffs „Kriegstüchtigkeit“ das Ziel des Gerechten Friedens aus dem Blick geraten könnte. Sie warnt daher eindringlich: „Sprache hat Einfluss auf unser Denken und Handeln. Sprache kann das Denken in Kategorien des Krieges befördern – oder eben auch ihm entgegenwirken.“
Alternative: Friedenstüchtigkeit
Stattdessen spricht die EKD-Denkschrift lieber von „Verteidigungsfähigkeit“ und „Friedenstüchtigkeit“. Diese Begriffe sollen das Handeln von Christ*innen und der Gesellschaft bestimmen – im Wissen darum, dass zur Friedenstauglichkeit auch die Fähigkeit zur Selbstverteidigung gehört.
Warnung vor Militarisierung
Die Kirche warnt ausdrücklich vor jeder Form der Verherrlichung des Krieges oder des Militärischen. Solchen Tendenzen müsse auch innerhalb der Bundeswehr durch ethische Bildung entgegengetreten werden. Der Begriff „Kriegstüchtigkeit“ solle höchstens zur Erläuterung von „Verteidigungsfähigkeit“ verwendet werden – keinesfalls umgekehrt.
Kernsätze aus der EKD-Denkschrift
- „Auch wenn diese Fragestellung legitim erscheint, wird die evangelische Ethik Distanz wahren vor dem Begriff der Kriegstauglichkeit.“ S. 64 (59)
- „Dennoch ist der Begriff [Kriegstüchtigkeit] aus der Sicht der evangelischen Friedensethik nur mit äußerster Zurückhaltung zu gebrauchen, weil er Gefahr läuft, die eigentliche Zielstellung aller militärischen Fähigkeiten aus dem Blick zu verlieren. S. 65 (59)
- „Sprache kann das Denken in Kategorien des Krieges befördern – oder eben ihm entgegenwirken.“ S. 65 (59)
- „Evangelische Friedensethik verknüpft den Vorrang der Friedenstüchtigkeit mit der Notwendigkeit der Verteidigungsfähigkeit.“ S. 75 (75)
© Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick. Evangelische Friedensethik angesichts neuer Herausforderungen. Eine Denkschrift der Evangelischen Kirchen in Deutschland, EVA GmbH, Leipzig 2025.