„Das war ein besonderes Jahr“

Kurzstatements aus der Arbeit verschiedener Seelsorgefelder

Einsam: Eine Frau sitzt allein in einem dunklen Zimmer
Einsam und isoliert: In der Corona-Pandemie waren Beratung, Seelsorge und geistlicher Beistand wichtiger denn je.

Die Abstandsregelungen während der Corona-Pandemie haben die Bedingungen der Seelsorge radikal verändert. Wie damit umgegangen wurde und welche Wege gefunden wurden, zeigen die Kurzstatements aus ganz verschiedenen Seelsorgefeldern auf der Fachkonferenz 2021.

Verband der Ev. Studierendengemeinden in Deutschland
Die Evangelischen Studierendengemeinden reagieren auf die Vereinsamung von Studierenden mit einer starken Präsenz im digitalen Raum, einem Schwerpunkt auf Gottesdiensten und Seelsorge und mit innovativen Formaten. Außerdem spielt die finanzielle Unterstützung von Studierenden aus dem globalen Süden wegen der wegbrechenden Studi-Jobs eine große Rolle. Die Frage bleibt: Wie erreichen die ESGn die neue Studierendengeneration?

Für die FKS, Corinna Hirschberg

Evangelische Konferenz Krankenhausseelsorge
Die ökumenische Zusammenarbeit hat sich deutlich gesteigert und die enge Verbindung zur Institution ist noch wichtiger geworden.

Für die Patient*innen und ihre Zugehörigen ist durch die Einschränkung bzw. den Wegfall der Besuchsmöglich- keiten großes Leid entstanden. Eine enge, meist ökumenisch getragene Verbindung zur Institution Krankenhaus war in der Pandemie Grundlage für die Möglichkeiten seelsorglicher Arbeit, auch digital. Der Bedarf an Seelsorge ist v.a. im zweiten Lockdown deutlich gestiegen.

Sabine Hofäcker

Konferenz für AltenPflegeHeimSeelsorge in der EKD
Im ersten Lockdown war der Zutritt zu Altenpflegeinrichtungen bis auf wenige Ausnahmen völlig verwehrt, später unter Schutzauflagen und nach Test möglich. Die Altenpflegeheimseelsorge vor Ort hat sofort mit medialen und analogen Angeboten reagiert. Digitales funktionierte dort, wo die Seelsorger*innen bekannt waren und wieder- erkannt wurden. Eine berührungslose, „unkörperliche“ Seelsorge ist mit Menschen mit einer Demenz aber sehr schwierig. Besonders getroffen haben die Zutrittsverbote Ehrenamtliche in Besuchsdiensten und Hospizarbeit.

Die Seelsorge in Altenpflegeinrichtungen ist in den medialen Fokus geraten. Der Vorwurf, die Kirche hätte „die alten Leute im Stich gelassen“ ist in Hinsicht auf die APHS in keiner Weise berechtigt.

Dr. Urte Bejick

Telefonseelsorge
„Wir können Krise.“ Die Arbeit ist schon immer medial, Steigerungen konnten gemeistert werden, ein ökumenischer Dachverband nimmt Form an.

Dorothee Herfurth-Rogge

Arbeitsgemeinschaft der Leiter*innen der Pädagogischen Institute und Katechetischen Ämter in der EKD (ALPIKA Schulseelsorge)
Viel Belastung durch HomeSchooling, neue Wege der Arbeit: Schulseelsorge war im Corona-Jahr 2020 in be- sonderer Weise gefordert, weil sowohl die Lehrkräfte, aber vor allem auch die Kinder und Jugendlichen in extremer Weise von der Krise betroffen waren: Aufgrund der langfristigen Schulschließungen ist die gesamte Lebensstruktur aufgehoben worden und der Kontakt zu Gleichaltrigen, der elementar wichtig für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist, war nur äußerst eingeschränkt möglich. Zudem waren die Kontaktmöglichkeiten für die Schulseelsorger*innen (in der Regel Lehrkräfte für u.a. evangelische Religion) ebenfalls erschwert, besonders zu den Kindern und Jugendlichen, die in ihrem Elternhaus keinen Zugang zu eigenen elektronischen Endgeräten hatten. Von den Schulseelsorger*in-nen wurden in vielfältiger Weise kreative Wege der Seelsorge beschritten; Fort- und Weiterbildung der Schulseelsorger*innen haben in großem Umfang digital stattgefunden.

Birgit Kuhlmann

Ev. Circus- und Schaustellerseelsorge in der EKD
Der erzwungene komplette Stopp des Arbeitens und Lebens der beruflich Reisenden hat das auch sonst von vielen Begegnungen und Kontakten geprägte Leben der „fahrenden Gemeinde“ fast völlig unmöglich gemacht. Es blieben sehr viele digitale Kontakte, um in Verbindung zu bleiben, um Nothilfe zu organisieren, um beratend und unterstützend in der Arbeit mit politischen Gremien mitzuwirken und um in Presse, Funk und Fernsehen die öffentliche Wahrnehmung der stark leidenden Branche zu stärken.

Torsten Heinrich

Konferenz Evangelischer Polizeipfarrer*innen
Seelsorge bleibt gerade in Cornazeiten nicht nur in medizinischer, sondern grundsätzlich immer auch in seelischer Hinsicht für alle Beteiligten ein riskantes Beziehungsgeschehen, dass sie zugleich dadurch für viele Menschen auch besonders vertrauenswürdig macht. Da „social distancing“ für die Seelsorge in der Begegnung mit Menschen keine wirkliche Alternative sein kann, macht dies die Arbeit - nicht nur aus kommunikativen Gründen - schwieriger.

Uwe Köster

Bundespolizeiseelsorge
Es gibt veränderte Kontinuitäten. Das führt zu mehr Seelsorge und weniger Bildungsanteilen.

Oberpfarrer Derik Mennrich

Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr
„Leben in der Lage“ und viel Kreativität, wie man Seelsorge weiter anbieten kann: „Analoge Grüße und neue digitale Formate“. Persönliche Begegnungen bleiben wesentlich!

Heiko Blank

Feuerwehrseelsorge vertreten über die Fachberatung Psychosoziale Notfallversorgung des Deutschen Feuerwehrverband
Die Feuerwehrseelsorge von der Bewältigung der Pandemie geprägt: Die Einsätze mit an Corona erkrankten Patienten stellen eine große Herausforderung dar, ebenso wie die Infektionen der Mitarbeitenden und die Zeiten der Quarantäne für Betroffene. Die Krise ist die Krise und noch nicht zu Ende.

Hier gilt es weiterhin mutig und analog zu stärken und zusätzlich telefonisch und digital zu begleiten und zu unterstützen.

Erneli Martens

 

Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Evangelische Gehörlosenseelsorge
Gehörlosenseelsorge als Gemeindearbeit in Gebärdensprache ist mit der Not konfrontiert, dass die vielen kreativen digitalen Angebote, mit denen auf die coronabedingten Einschränkungen reagiert wird, nur einen Teil der Gemeindeglieder erreichen. Viele ältere Gemeindeglieder verfügen nicht über die nötige Technik, um diese Angebote wahrnehmen zu können.

Reinhold Engelbertz

Taubblindendienst der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) e.V.,
Taubblinde und Distanz geht nicht – es bedeutete ein Bleiben im Handkontakt! Taubblinde Menschen brauchen den direkten Handkontakt wie die Luft zum Atmen. Digitale Treffen sind technisch möglich, führen aber meist zu Frust und Irritationen. Seelsorge und Gemeinschaft sind nur möglich mit taktiler Kommunikation, während Distanz die Isolation potenziert.

Ulrike Fourestier

Konferenz für Ev. Kinderkrankenhausseelsorge,
Erlebnisse von hoher Tragik durch Besuchseinschränkungen, Corona kann auch für Kinder lebensbedrohlich sein.

Hildegard Emmermann

Dachverband der evangelischen Blinden- und evangelischen Sehbehindertenseelsorge (DeBeSS) Berührende Begleitung: Telefonkonferenzen sind eingeübte Mittel und Wege, leider hatten die hohen Ansprüche der Barrierefreiheit oft Pause. Das machte den Alltag vieler schwer. Telefonate, aber auch Telefonkonferenzen sind für sehbehinderte Menschen bekannte Praxis, das erleichterte Gespräche und Begegnungen auf Distanz. Vieles wurde ins Digitale, ins Netz verlagert, jedoch wurde dabei die notwendige Barrierefreiheit nicht bedacht, was den Alltag vieler sehbehinderter Menschen erschwerte. Deutlich bewusst wurde: Wenn Menschen nicht gut sehen können, dann braucht es eine „berührende“ Begleitung – Nähe und taktiler Kontakt ist Grundlage unserer Arbeit, jedoch in Corona-Zeiten schwierig!

Barbara Brusius

Konferenz für Aussiedler- und Spätaussiedlerseelsorge der EKD
Die Zeit ist insbesondere dazu dagewesen, die Netzwerkarbeit voranzubringen. Aufgrund der immer stärker einzubeziehenden Akteurs-Ebene wird dazu ein Strukturpapier entwickelt, welches neuerlich die originären kirchlichen Deutungsmuster von Personen russland-deutscher Herkunft mit ihren postkolonialen, spezifisch säkularen und migrationsbedingten Erfahrungshorizonten in den Fokus stellen soll.

Dr. Oliver Dürr

Evangelische Konferenz für Ehe- Familien- und Lebensberatung – Fachverband für psychologische Beratung und Supervision (EKFuL)
Der pandemiebedingten Depressivität entgegenwirken und Gelassenheit entwickeln als Mittel psychischer Stabilität. Für die Beratung gilt: „Bei den Menschen sein in (neuen) phantasievollen (auch digitalen) Strukturen!

Rainer Bugdahn

Konferenz Evangelische Notfallseelsorge in der EKD
Die Systeme der Notfallseelsorge in Deutschland waren am Anfang der Pandemie vor die Frage gestellt, wie sie ihren Dienst in enger Abstimmung mit den Behörden für Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben weiterführen können. Einige Teams haben, auch wegen des Schutzes der eigenen Teammitglieder, ihren Dienst für im Schnitt sieben Wochen eingestellt. Inzwischen arbeiten alle Teams wieder. Mediengestützte Notfallseelsorge als Alternative ist nur für wenige Teams vorstellbar; ausgefeilte Infektionsschutzkonzepte sind die Grundlage der Begleitung.

Justus Münster

Ökumenische Konferenz für Flughafenseelsorge
Der Reiseverkehr ist eingebrochen. Durch sich ständig verändernde Reisebedingungen stranden viele Passa- giere und müssen betreut oder untergebracht werden. Die Seelsorgenden sind weiterhin vor Ort, nun verstärkt tätig für die Mitarbeitenden.

Ute Clevers

Evangelische Konferenz für Gefängnisseelsorge
Seelsorge unter vier Augen im geschlossenen System war durchgängig möglich. Das Dasein der Seelsorge nahm Druck aus den Anstalten und von einzelnen Menschen. Seelsorgende waren aber, wie alle anderen Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten auch, potienzielle Infektionsquellen.

Igor Linder