Bericht des Rates der EKD - Teil B (schriftlich)

5. Tagung der 12. Synode vom 11. bis 14. November 2018 in Würzburg

3. Diakonisches Zeugnis von Kirche und ihrer Akteure

3.1 Veranstaltungskonzept „Diakonische Akteure im Sozialraum“

In der Öffentlichkeit sollen Kirche und Diakonie mit ihrem Reden und Handeln gemeinsam als „Kirche“ wahrgenommen werden. In abgestimmten Aktivitäten sollen sie gemeinsam „Kirche für andere“ und „Kirche mit anderen“ sein.

Diesem Ziel dient der geplante Kongress „Kirche im Sozialraum“ (Arbeitstitel), der im ersten Halbjahr 2020 durchgeführt werden soll. Der Kongress soll an einem Ort in Deutschland stattfinden, der die logistischen Voraussetzungen für eine Zahl von 300 bis 500 Teilnehmenden bietet und in dessen Region Beispiele für gute sozialräumliche Arbeit besucht werden können. Zielsetzung des Kongresses ist es, dass Kirchengemeinden, Kirchenkreise und regionale diakonische Werke, Unternehmen und Einrichtungen ermutigt werden, stärker in sozialräumlichen Netzwerken mit weiteren Kooperationspartnern zu denken und zu arbeiten. In fachlicher Hinsicht soll es zu einem Wissens- und Erfahrungsaustausch zu Gelingensfaktoren und Hemmnissen der sozialräumlichen Arbeit kommen. In kommunikativer Hinsicht soll ein starkes Signal dafür gesetzt werden, sozialräumliche Arbeit als ein vielversprechendes Paradigma der Kirchen- und Diakonieentwicklung wahrzunehmen. Darüber hinaus soll gegenüber nichtkirchlichen Akteuren im Sozialraum ein Signal der Kooperationsbereitschaft gesendet werden. Zielgruppen sind ehrenamtlich und beruflich Leitende der Kirchengemeinden, Kirchenkreise, Landeskirchen sowie der regionalen landeskirchlichen Diakonischen Werke und diakonischen Einrichtungen und Unternehmen. Nichtkirchliche Akteure des Sozialraums (insbesondere Kommunen und Organisationen der Zivilgesellschaft) werden als Gesprächs- und Kooperationspartner eingeladen. Der zweitägige Kongress soll durch einen wissenschaftlichen Fachtag und durch Exkursionen zu Beispielen sozialräumlicher Arbeit in der Region des Kongressortes ergänzt werden, so dass es zu einem regen Theorie-Praxis-Austausch kommen kann. Der Kongress wird von einer Steuerungsgruppe geleitet, an der die EKD und die Diakonie Deutschland in gleichem Maße beteiligt sind. Eine Resonanzgruppe aus Vertretern der EKD, der Diakonie, der sozialpädagogischen und theologischen Wissenschaft sowie säkularer Akteure ergänzt die Planung und Durchführung des Kongresses.

3.2 Workshop zur Gestaltung der evangelischen Identität evangelischer Dienste und Einrichtungen von EKD und Diakonie

Der Stärkung des diakonischen Zeugnisses von Kirche und Diakonie dient die Initiative „Starke evangelische Identität“ (Arbeitstitel), die in Kooperation mit der Diakonie Deutschland entwickelt wird. Ausgangspunkt dieser Initiative ist die Herausforderung, im gesellschaftlichen Kontext zunehmender Säkularisierung, religiöser Pluralisierung und des demographischen Wandels sowie unter den Bedingungen eines zunehmend regulierten Sozialmarktes mit diakonischen Aktivitäten ökonomisch und evangelisch profiliert bestehen zu können.

Darüber hinaus stehen Einrichtungen der verfassten Kirche wie der Diakonie vor der Herausforderung, die in der „Richtlinie des Rates der EKD über kirchliche Anforderungen der beruflichen Mitarbeit in der EKD und ihrer Diakonie“ genannten Maßnahmen zur Gestaltung einer evangelischen Identität ihrer Einrichtungen aufzubauen bzw. weiterzuentwickeln. Ziel der Initiative ist es, kirchliche Akteure von Kirchengemeinden über Diakonische Werke der Kirchenkreise bzw. Dekanatsbezirke bis hin zu diakonischen Unternehmen in dieser Aufgabe zu unterstützen.

In einem ersten Schritt im ersten Halbjahr 2019 sollen im Rahmen einer Konsultation die Personen und Einrichtungen, die in den Gliedkirchen und ihren Diakonischen Werken mit der Aufgabe der evangelischen Profil- bzw. Identitätsentwicklung beauftragt sind, zusammengeführt werden, damit Unterstützungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten sowie praxisgerechte Unterstützungsformate identifiziert werden können. In einem zweiten Schritt soll auf der Basis der Ergebnisse dieser Konsultation ein Arbeitsprogramm für eine dauerhafte Initiative „Starke evangelische Identität“ entwickelt werden. In einem dritten Schritt soll dieses Arbeitsprogramm im Rahmen einer Kick-Off-Veranstaltung der Öffentlichkeit und den Zielgruppen vorgestellt werden. Die Organisation und Leitung dieser Initiative liegt in den Händen von EKD und Diakonie Deutschland sowie in der geplanten „Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung“.

3.3 „Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung“ von AMD, EWDE und EKD

Als Joint Venture zwischen EKD, Diakonie und Missionarischen Diensten soll eine „Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung“ geschaffen werden. Im Sinne eines Pilotunternehmens wollen Kirche und Diakonie das Feld der missionarischen Profilbildung nutzen, um stärker als bisher an übergreifenden Fragestellungen gemeinsam zu arbeiten und die wechselseitige Bezogenheit aufeinander noch deutlicher mit Leben zu füllen. Dies entspricht dem Anliegen, das der Rat als konstitutiv für seine Legislaturperiode definiert hat und nimmt die strategische Zielsetzung der Diakonie Deutschland und die Forderung der EKD-Synode nach überzeugenden neuen Formaten und klugen Strukturen („Zukunft auf gutem Grund“) auf.

Die Arbeitsstelle soll evangelische Identität in Kirche und Diakonie reflektieren und schärfen und die Sprachfähigkeit in Bezug auf christlichen Glauben für die unterschiedlichen Lebenswelten der Menschen weiterentwickeln. Sie schafft Raum für die Entwicklung innovativer Konzepte, initiiert und begleitet die Erprobung neuer Wege in Mission, Kirche und Diakonie. Die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit integriert die einschlägigen Themen aus dem Zentrum für Mission in der Region, der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste und der Diakonie Deutschland, entwickelt sie weiter und stellt sie in einen umfassenderen Horizont. Folgende Aspekte legen sich dabei nahe: Die Arbeitsstelle wird eine Verständigung über Inhalte und Formen einer zeitgemäßen Kommunikation und Bezeugung des Evangeliums in Kirche, Diakonie und Gesellschaft fördern und Formate zu deren Umsetzung entwickeln. Dazu sollen theologische Grundsatzfragen zum Missionsverständnis, unter Aufnahme von Erfahrungen aus der weltweiten Ökumene, reflektiert werden und auf die aktuellen Herausforderungen durch die gesellschaftlichen Veränderungen bezogen werden.

3.4 Treffen zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Rates und des Aufsichtsrates des EWDE für jährliche Strategieplanungen

Dem diakonischen Zeugnis von Kirche und ihren Akteuren dienen jährliche Strategiegespräche zwischen EKD und Diakonie Deutschland. Ziel dieser Gespräche ist es, dass EKD und Diakonie Deutschland ihre Überlegungen zur Strategieentwicklung austauschen, Koordinierungs- und Kooperationsmöglichkeiten sondieren und diese Ergebnisse in ihre jeweiligen Strategieentwicklungsprozesse aufnehmen. In einem ersten Strategiegespräch am 6. September 2018 in Hannover wurden nach der Darstellung der jeweiligen Strategieentwicklungsprozesse exemplarische Bereiche der gegenwärtigen Strategiebildung thematisiert: Zum einen wurde der Beitrag der „Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilentwicklung“ für die strategische Planung des gemeinsamen diakonischen Zeugnisses beraten. Der Ansatz der sozialräumlichen Arbeit, der im Schwerpunktthema der Diakonie „Kennen. Lernen. Eine Initiative für Vielfalt und Begegnung“ wie auch im gemeinsam veranstalteten Kongress „Kirche im Sozialraum“ leitend ist, wurde als weiterer Bereich gemeinsamer strategischer Herausforderungen benannt. Darüber hinaus wurden die Aktivitäten und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei der Gestaltung des digitalen Wandels und bei der Gestaltung und Umsetzung des Arbeitsrechts in Kirche und Diakonie als strategische Herausforderungen beraten. Verabredungen zu weiteren Strategiegesprächen, ihrer Inhalte und ihrer Ausgestaltung wurden getroffen.

3.5 Gemeinsame Fort- und Weiterbildung von Führungskräften und Mitarbeitenden in Kirche und ihrer Diakonie an den Akademien für Kirche und Diakonie

Die Akademien für Kirche und Diakonie bieten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden im Raum der Kirche und ihrer Diakonie Lernräume, in denen sie ihre fachliche Expertise erweitern und zugleich bundesweite persönliche Netzwerke in Kirche und Diakonie gewinnen können. Die Fort- und Weiterbildungsangebote, von denen viele mit qualifizierenden Zertifikaten abgeschlossen werden, konnten in den letzten Jahren ihre Teilnehmendenzahlen steigern. Während die Führungsakademie für Kirche und Diakonie Führungskräften in Spitzenpositionen bis hin zur mittleren Ebene zusammenbringt, ihnen Austauschräume zur Kirchenentwicklung, Expertiseerweiterung, Coaching und Weiterqualifizierung bietet, richtet sich das Angebot der Bundesakademie für Kirche und Diakonie an leitende Mitarbeiter im Haupt- oder Ehrenamt in diakonischen und kirchlichen Arbeitsfeldern mit Schwerpunkt auf kirchlicher und diakonischer Arbeit, die gemeinwesenorientiert ist. Das Ziel des Rates, die Zusammenarbeit von Kirche und ihrer Diakonie zu stärken, wird über diese Fortbildungen, in denen Verantwortliche ganz nebenbei durch Begegnung und Austausch viel über die Logiken des je anderen Systems Kirche bzw. unternehmerische Diakonie lernen, zunehmend auch konzeptionell in der bundesweiten Fortbildungsarbeit verankert. Der Rat der EKD hat die Führungsakademie als EKD-Zentrum für Führen und Leiten entfristet und damit beiden Markenkernen der Akademien gute Arbeitsmöglichkeiten eröffnet.

3.6 Arbeitsrecht für Kirche und Diakonie wird gemeinschaftlich weiterentwickelt

Seit diversen Jahren begleitet die EKD arbeitsrechtliche Streitigkeiten von grundsätzlicher Bedeutung gemeinsam in sehr guter Kooperation mit dem Ev. Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. (Diakonie Deutschland). Zunehmend wird der EKD dabei die Federführung für Grundsatzrechtsstreitigkeiten von den Gliedkirchen bzw. aus der Diakonie übertragen. Jüngstes Beispiel ist die „Rechtssache Egenberger“, in der sich der EuGH in seinem Urteil vom 17. März 2018 aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Bundesarbeitsgerichts erstmalig mit dem deutschen Staatskirchenrecht und dem kirchlichen Arbeitsrecht auseinandergesetzt hat. In seiner Entscheidung respektierte der EuGH zwar das kirchliche Selbstbestimmungsrecht für die Kernbereiche von Seelsorge und Verkündigung sowie für Aufgaben mit Außenwirkung. Für andere Bereiche schränkte der EuGH dagegen das Selbstbestimmungsrecht in Bezug auf religionsbezogene Anforderungen bei der beruflichen Mitarbeit in der Kirche und ihrer Diakonie ein. Der Termin der anschließenden Urteilsverkündung durch das Bundesarbeitsgericht ist auf den 25. Oktober 2018 festgelegt.

Eine weitere sehr gute und enge Kooperation erfolgte bei der Vorbereitung des Entwurfs des Ersten Änderungsgesetzes zum Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD vom 12. November 2013. Der gemeinsam mit der Diakonie Deutschland erarbeitete Gesetzentwurf liegt der Synode zu ihrer aktuellen Tagung vor. Im Sinne der Kundgebung der Synode vom 11. November 2011 „Zehn Forderungen zur solidarischen Gestaltung kirchlichen Arbeitsrechts“ werden durch den Entwurf die Rechte der Mitarbeitervertretungen moderat weiter ausgebaut. Im Sinne eines sachgerechten Interessenausgleichs kommen auch einige Forderungen aus dem Bereich der kirchlichen und diakonischen Dienstgeber zum Zuge.

Weiterhin liegt der Synode zu ihrer diesjährigen Tagung der Entwurf des Ersten Änderungsgesetzes zum Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz (ARGG) vor. Im Kern geht es um § 16 des Kirchengesetzes, mit dem eine Verhältnisbestimmung des überregionalen gegenüber dem regionalen kirchlichen Arbeitsrecht erreicht werden soll. Die bisher existierende Regelung hat zu Kontroversen in der Auslegung geführt. In intensiver Kooperation mit der Diakonie Deutschland wird jetzt eine Regelung vorgeschlagen, die eine einheitliche Auslegung in den Gliedkirchen und der EKD ermöglichen soll.

Gemeinsam mit der katholischen Kirche, der Caritas und der Diakonie unterstützt die EKD die Bundesregierung bei ihren Überlegungen, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, um so die dringend erforderliche Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe zu erreichen. Dabei wirken die Akteure gemeinsam darauf hin, dass grundsätzliche kirchliche Rechtspositionen nicht beeinträchtigt werden. Weiterhin soll vermieden werden, dass das im Vergleich hohe Entgeltniveau für die pflegerischen Berufe nach den kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht beeinträchtigt wird. Dieses Risiko wäre dann gegeben, wenn das untere Bezahlungsniveau durch gesetzgeberische Maßnahmen auf die mittlere Ebene angehoben würde und dieses mittlere Niveau anschließend von den Kostenträgern als Basis für Refinanzierungen zugrunde gelegt würde.

3.7 Servicestelle für europäische Förderpolitik von EKD und Diakonie

Die Servicestelle für europäische Förderpolitik und -projekte von EKD und Diakonie Deutschland, angesiedelt im Büro Brüssel, begleitete insbesondere die laufenden Verhandlungen zum zukünftigen EU-Haushalt in der Haushaltsperiode 2021-2027 und die damit verbundenen Verhandlungen zur Ausgestaltung der zukünftigen EU-Fördermittellandschaft. Am 10. April 2018 ging es beim evangelischen Frühstück für EU-Abgeordnete um das Thema „Große Erwartungen?! Kirchliche Perspektiven zum EU-Haushalt nach 2020“. Aufbauend auf der Arbeit mit EU-Projekten diskutierten Prälat Dutzmann und die Brüsseler Vertreterinnen mit den Abgeordneten die Haltung der Förderstelle zum neuen Haushalt.

In ihrer Funktion als Dienstleisterin für evangelische Einrichtungen betreute die Servicestelle innerhalb des Berichtszeitraums 105 Projektvorhaben von kirchlichen und diakonischen Einrichtungen auf ihrem Weg zur Antragstellung bei den zuständigen EU-Förderprogrammen und warb dabei europäische Fördergelder in Höhe von 3.256.738,69 Euro ein, darunter auch für ein europaweites Großprojekt zur Inklusion benachteiligter Jugendlicher unter Federführung der Evangelischen Kirche von Westfalen . Die Servicestelle veröffentlichte im Juni 2018 das Handbuch „Europa konkret erleben – erfolgreiche EU-Projektbeispiele aus Kirche und Diakonie“.

Wie auch in den vergangenen Jahren organisierte und leitete die Servicestelle im Berichtszeitraum erneut zwei Netzwerktreffen (November 2017 in Brüssel, Mai 2018 in Kiel) zur Unterstützung der landeskirchlichen Referenten für EU-Fördermittel.

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