Gelobtes Land?

Land und Staat Israel in der Diskussion. Eine Orientierungshilfe. Herausgegeben im Auftrag der EKD, der UEK und der VELKD, Gütersloh 2012, ISBN 978-3-579-05966-2, Preis 6,99 Euro. Bestellungen nur über den Buchhandel oder den Verlag.

Vorwort

Die hier vorgelegte Orientierungshilfe greift ein ebenso aktuelles wie sensibles und zugleich herausforderndes Thema auf. Viele Christinnen und Christen sind angesichts der ungelösten politischen Konflikte im Nahen Osten insbesondere zwischen Israelis und Palästinensern verunsichert. Sie fragen ebenso nach politischen Lösungswegen wie nach einem angemessenen Verständnis des Staates Israel aus christlicher Sicht und einer theologisch verantworteten und zeitgemäßen Deutung biblischer Landverheißungen.

Der vom Rat der EKD, dem Präsidium der UEK und der Kirchenleitung der VELKD berufene Gemeinsame Ausschuss „Kirche und Judentum“ will mit dieser Orientierungshilfe dazu beitragen, die oft hoch emotional und polarisierend geführte Diskussion um Land und Staat Israel zu versachlichen. Den Leserinnen und Lesern soll die Chance geboten werden, die komplexe Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick zu nehmen, um so zu einem begründeten, eigenständigen Urteil zu kommen. Dabei ist den Mitgliedern des Gemeinsamen Ausschusses bewusst, dass die erörterten theologischen Fragen nicht losgelöst von den politischen Debatten bedacht werden können.

Die Orientierungshilfe knüpft mit ihren theologischen Grundaussagen ausdrücklich an die in den vergangenen Jahrzehnten im Dialog von Christen und Juden gewonnenen Einsichten an. Diese finden sich formuliert in den drei Studien „Christen und Juden“ der EKD aus den Jahren 1975, 1991 und 2000 sowie in der Studie „Kirche und Israel“ der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) aus dem Jahr 2001. Insbesondere hält die Orientierungshilfe am Konsens über die bleibende Verbundenheit der Christen mit Israel als dem erstberufenen Gottesvolk fest, respektiert das jüdische Selbstverständnis und bejaht das Existenzrecht des Staates Israel.

Die Orientierungshilfe trägt zugleich der starken Verbundenheit der Kirchen mit Israel und Palästina und ihrer Verantwortung für alle im Nahen Osten lebenden Menschen seien sie Juden, Christen oder Muslime Rechnung.

In acht Abschnitten bietet die Orientierungshilfe grundlegende Informationen.

Sie erläutert den biblischen Befund und nimmt so das reformatorische Prinzip ernst, dem zufolge die Heilige Schrift „Quelle und Richtschnur“ aller theologischen Rede ist (sacra scriptura fons et iudex).

Sie benennt Aspekte jüdischen und muslimischen Verständnisses vom Land Israel bzw. dem „Heiligen Land“ und der Stadt Jerusalem; die Kirchengeschichte des „Heiligen Landes“ wird ebenso skizziert wie die gegenwärtige Situation der Kirchen in der Region.

Theologische Argumentationsmuster in Geschichte und Gegenwart, im Protestantismus und in der Ökumene sind dargestellt, die Frage nach dem Verhältnis zum Staat Israel wird mit derjenigen nach einem sachgemäßen protestantischen Verständnis des Staates zusammengebunden.

Der letzte Abschnitt fasst zusammen und spitzt zu. Die Ausführungen zur „Heiligkeit“ des Landes können in ökumenischen Kontexten eine weiterführende Gesprächsbasis bilden. Schließlich wird eine heute vertretbare und tragfähige Interpretation der biblischen Landverheißungen gegeben. Zur Frage einer religiösen Bedeutung des Staates Israel für Christen gibt die Orientierungshilfe eine differenzierende Antwort.

Der Orientierungshilfe beigegeben ist ein Glossar, das wichtige Be griffe erläutert. Unter der Adresse www.ekd.de/gelobtesland finden Interessierte Materialien und Literaturhinweise, die eine Vertiefung ermöglichen. Besonders verwiesen sei hier auf die von der Evangelischen Mittelostkommission (EMOK) im Jahr 2009 publizierte Positionsbestimmung „Israel Palästina“ und die dort festgehaltenen Einsichten und Überlegungen.

Angesichts der Aktualität, der Sensibilität sowie der vielfältigen theologischen und auch politischen Herausforderungen, die sich mit dem Thema „Land Volk Staat Israel“ verbinden, steht uns die Vorläufigkeit alles theologischen Wissens und kirchlichen Redens vor Augen. Gerade deshalb sehen wir in dieser Orientierungshilfe einen gewichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer Neubestimmung des Verhältnisses von Christen und Juden. Ebenso trägt sie zur unerlässlichen Diskussion der Frage bei, wie die evangelischen Kirchen ihre Solidarität mit dem Staat Israel mit dem Engagement für eine selbstbestimmte, gerechte und friedliche Zukunft aller Bewohner des Landes der Bibel verbinden können.

Wir danken dem Gemeinsamen Ausschuss für seine engagierte Arbeit.

Und wir übergeben die Orientierungshilfe den Gemeinden und allen interessierten Leserinnen und Lesern im Vertrauen auf die Wahrheit und Kraft der biblischen Vision, die davon weiß, dass „Gerechtigkeit und Frieden einander küssen“ (Ps 85,11).

Hannover, am Vorabend des Israelsonntag 2012

Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

Landesbischof Dr. Ulrich Fischer
Vorsitzender des Präsidiums der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK)

Bischof Gerhard Ulrich
Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD)

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