Europa - Informationen Nr. 160

Jugend, Bildung und Kultur: Europäisches Solidaritätskorps 2.0 – Auf dem Weg zur neuen Programmgeneration

Dorothee Ammermann

Noch immer verhandelt die Europäische Union über die Neuauflage des Europäischen Solidaritätskorps (ESC) für die Programmlaufzeit 2021 bis 2027. Nun fanden die Abstimmungen zum Europäischen Solidaritätskorps im Plenum des Europäischen Parlaments (12. März 2019) und dem zuständigen Ausschuss für Kultur und Bildung (CULT) (15. Februar 2019) statt. Dabei ist grundsätzlich eine positive Entwicklungstendenz bemerkbar, auch wenn auch der ESC noch einige weniger begrüßenswerte Elemente enthält.
Zu den positiven Forderungen, die im Bezug auf das Europäische Solidaritätskorps durch das Europäi-sche Parlament eingebracht wurden, zählen die Stärkung der Rolle von betreuenden Organisationen in allen Programmteilen, ein stärkerer Einbezug von Schlüsselak-teuren in die Feedbackmechanismen zum ESC und eine Stärkung der Lernkomponenten innerhalb des sogenannten Beschäftigungsstrangs, über den Praktika und Arbeitsplätze vermittelt werden.
Durch das Europäische Parlament bzw. den CULT-Ausschuss wurde außerdem die Idee einer Ausdifferenzierung der Anforderungen für den Erwerb des sogenannten Quality Labels nach Programmteilen vorgebracht. Das Quality Label entspricht den früheren Akkreditierungen für Freiwilligenprojekte im Europäischen Freiwilligendienst und wird von jeder Organisation benötigt, die irgendeine Form von Aktivität innerhalb des Europäischen Solidaritätskorps durchführen möchte. Quality Labels sollen dabei u.a. der Absicherung von Qualitätsstandards innerhalb des Programms dienen.
Die Forderung des Parlaments nach einer Ausdifferenzierung der Quality Labels ist dabei nach derzeitiger Sachlage schwierig zu bewerten, da wichtige Informationen nicht vorliegen. Eine Ausdifferenzierung der Quality Labels wäre einerseits insofern sinnvoll, als dass an verschiedene Aktivitäten innerhalb des ESC verschiedene Anforderungen gestellt werden könnten. Dies könnte u.U. sogar zu einer Vereinfachung der Antragsstellung führen.
Andererseits könnte eine Ausdifferenzierung der Quality Labels aber auch zu einem erheblichen Mehraufwand der antragstellenden Organisationen führen, sollte sie zu stark ausfallen. Eine zu starke Ausdifferenzierung könnte z.B. gegeben sein, wenn Organisationen für die verschiedenen Freiwilligenaktivitäten des Programms verschiedene Quality Labels benötigen würden.
Problematisch im Hinblick auf das Europäische Solidaritätskorps ist auch in der Position des Europäischen Parlaments die Tatsache, dass im ESC, einem Förderprogramm für junge Menschen, nach wie vor sehr verschiedene Förder-aktivitäten zusammengefasst sind.
So ist es nach wie vor bedenklich, dass Freiwilligenaktivitäten sowie Jobs und Praktika innerhalb des gleichen Förderprogramms direkt nebeneinander stehen, da dies mitunter zu großer Verwirrung über die Programmstruktur führt. Verschärft wird diese Problematik für den Förderzeitraum 2021-2027 durch die Tatsache, dass nun auch das Humanitäre Hilfskorps (ein bislang entwicklungspolitisches Instrument) in das Jugendförderprogramm Europäisches Solidaritätskorps hineingezogen wird. Darüber hinaus besteht weiterhin wie ein großer interinstitutioneller Streit über die Frage, ob es für den Programmteil Humanitäres Hilfskorps ebenso wie für alle anderen Programmteile eine Altersobergrenze geben soll. Das Europäische Parlament sieht in seiner Positionierung bedauerli-cherweise derzeit keine Altersgrenze für die Teilnehmenden des Europäischen Solidaritätskorps vor. Dies ist insbesondere auch deshalb problematisch, da hiermit die Aufweichung der Integrität des Europäischen Solidaritätskorps als Jugendförderprogramm massiv vorangetrieben wird.
Mit der Abstimmung des Europäischen Parlaments über das Europäische Solidaritätskorps stehen nun die Positionen aller an der europäischen Gesetzgebung beteiligten Institutionen fest. Somit ist der Weg frei für die Trilogverhandlungen. Diese werden jedoch auf Grund der nahenden Europawahl in diesem Mai nicht vor Herbst 2019 begonnen. Zudem wird der weitere Verhandlungsverlauf auch vom Ausgang der Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union beeinflusst werden. Da dieser sich jedoch derzeit kontinuierlich nach hinten zu verschieben scheint (siehe vorangehender Artikel), ist auch ein endgültiger Abschluss der Verhandlungen des Programms zum Europäischen Solidaritätskorps zeitlich nicht terminierbar. Sollte ein Verhandlungsabschluss bei den Europäischen Jugendprogrammen wie mancher Orts befürchtet erst auf die zweite Jahreshälfte 2020 fallen, könnten ggf. Probleme beim Start der beiden europäischen Ju-gendprogramme drohen, wie es sie auch 2014 beim Start der jetzigen Programmlaufzeit des Eras-mus+-Programms gab.

Hier finden Sie die Position des Europäischen Parlaments zur nächsten Programmgeneration des Europäischen Solidaritäts-korps: http://bit.ly/ekd-NL-160_JBuK_1

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