Europa - Informationen Nr. 160

Europäische Förderpolitik: Eine kleine Rebellion

Ulrike Truderung (Referentin für EU-Förderpolitik/-projekte)

Am 17. Januar 2019 hat das Europäische Parlament den Bericht von Bodil Valero (Grüne, Schweden) zum zukünftigen Programm für Rechte und Werte verabschiedet. Das Programm soll in der kommenden Förderperiode 2021-2027 die Nachfolge der Programme „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ sowie „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ antreten (Europa-Informationen 158).
Dabei schärften die Abgeordneten das Profil des vorgeschlagenen Programms und brachten zugleich eine kleine Rebellion auf den Weg: Unter einem von der Abgeordneten neu eingeführten Förderschwerpunkt „Werte der [Europäischen] Union“ sollen demzufolge Gelder bereitgehalten werden, um unter anderem Aktivitäten der Zivilgesellschaft zu unterstützen, die die Unabhängigkeit der Gerichte stützen sollen und um Personen und Einrichtungen zu unterstützen, die sich für Prinzipien wie die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, Transparenz, gute Regierungsführung und den Kampf gegen die Korruption einsetzen. Ferner soll, so der Vorschlag des Parlaments, ein „Mechanismus für die Unterstützung von Werten“ eingeführt werden, der „in Ausnahmefällen, wenn in einem Mitgliedstaat eine ernstzunehmende und rapide Verschlechterung in Bezug auf die Anwendung der in Artikel 2 des EU-Vertrags festgehaltenen Werte der [Europäischen] Union eintritt und diese Werte gefährdet sind, nicht ausreichend geschützt und gefördert zu werden“ die Europäische Kommission in die Lage versetzen soll, im beschleunigten Verfahren Projekte von zivilgesellschaftlichen Einrichtungen zu fördern, die „den demokratischen Dialog in dem betreffenden Mitgliedstaat erleichtern, unterstützen und fördern sowie das Problem der unzureichend umgesetzten Werte aus Artikel 2 des EU-Vertrags ansprechen“. Mit den in Artikel 2 des EU-Vertrags definierten Werten sind dabei die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, gemeint. Die implizite Kritik des Europäischen Parlaments zielt dabei unmissverständlich auf jene Mitgliedstaaten ab, die in den vergangenen Jahren wegen sich verstärkender Mängel in der Rechtstaatlichkeit stark kritisiert wurden – allen voran Polen und Ungarn, aber auch Rumänien und die Slowakei. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass diese Vorschläge des Parlaments unbeschadet die Trilogverhandlungen mit Kommission und Rat überstehen werden, denn im Rat der Europäischen Union steht zu erwarten, dass insbesondere die betroffenen Mitgliedstaaten gegen diese Vorschläge vorgehen werden.
Auch ansonsten setzten sich die Abgeordneten für die Vereinfachung und bessere Zugänglichkeit der Fördergelder für zivilgesellschaftliche Einrichtungen ein. Geht es nach den Vorstellungen des Parlaments, so sollen zivilgesellschaftliche Einrichtungen im zukünftigen Programm für Rechte und Werte beispielsweise ehrenamtliches Engagement zur Erbringung ihres Eigenanteils mit einrechnen dürfen. Zudem soll die Kommission mindestens 50% der Gelder, die für Projekte im Bereich der Gleichstellung, Rechte und Nicht-Diskriminierung sowie im Bereich der Bekämpfung von Gewalt im Allgemeinen und geschlechterspezifischer Gewalt im Besonderen vorgesehen sind, an zivilgesellschaftliche Einrichtungen vergeben. Weiterhin sollen in allen Mitgliedstaaten – analog zum derzeitigen Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ – Kontaktstellen eingerichtet werden, die interessierten Einrichtungen und Personen Informationen und Hilfestellungen zum Programm und zur Antragstellung bieten. Im Programm „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ hatte es solche Kontaktpunkte bislang noch nicht gegeben.


Den vollständigen Bericht des Europäischen Parlaments finden Sie unter: http://bit.ly/ekd-NL-160_EU-Fp-1

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