Zehn Gebote

Ausschnitt der Zehn Gebote in der Bibel (2. Mose 20)

Die Zehn Gebote gehören zu den wichtigsten Geboten des Christentums und des Judentums.

Der biblischen Erzählung zufolge hat Gott Mose auf dem Berg Sinai die Zehn Gebote auf zwei steinernen Tafeln gegeben. Die Gebote stehen im Alten Testament an zwei verschiedenen Stellen: 2. Mose 20,1–17  und 5. Mose 5,6–21. Die Zehn Gebote sind Teil der Thora, so nennt man im Judentum die fünf Bücher Mose, die alle Gesetze enthalten. Die Zehn Gebote haben sowohl im Judentum als auch im Christentum (vgl. Matthäus 19,18f) eine herausragende Bedeutung.

Im Neuen Testament spielen einzelne Gebote der Thora bzw. der fünf Bücher Mose immer wieder eine Rolle. Jesus verbindet zum Beispiel das Liebesgebot aus 3. Mose 19,18 mit einem anderen Vers der Thora und erklärt beide zum wichtigsten Gebot, zum Doppelgebot der Liebe: „‚Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt.‘ Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘“ (Matthäus 22,37–39)

In der Bergpredigt legt Jesus manche Gebote anders aus als die religiösen Führer seiner Zeit. Er erweitert zum Beispiel das Liebesgebot um das Gebot der Feindesliebe: „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“ (Matthäus 5,43–48)

Die Zehn Gebote erhielten vor allem in der Reformation die Bedeutung, die sie heute haben. Luther stellte sie an den Anfang seiner Katechismen, seinen Unterweisungen im christlichen Glauben. Darin fasste er die Lehre des christlichen Glaubens zusammen. Noch heute zählen sie zu den Hauptstücken des Glaubens, die Konfirmanden auswendig lernen. Allerdings zählte Luther die Gebote etwas anders, als es zum Beispiel heute im Judentum und in der reformierten Kirche üblich ist.

In der katholischen Kirche und in den lutherischen Kirchen wird der Einleitungssatz „Ich bin der Herr, dein Gott“ mit dem ersten Gebot „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ zusammengefasst. Das sogenannte Bilderverbot, das im alttestamentlichen Text an dritter Stelle steht, wird nicht mehr wörtlich erwähnt. In der orthodoxen und reformierten Kirche spielt das Bilderverbot eine große Rolle. Es steht eigenständig als zweites Gebot. Stattdessen werden die beiden letzten Gebote zu einem zusammengefasst.

Luther hatte den Text der Zehn Gebote in seinen Katechismen gekürzt und die Gebote etwas anders zusammengefasst, als es die Reformierten nach Johannes Calvin taten und heute noch tun. So erwähnt sein Text der Zehn Gebote nicht den Auszug aus Ägypten. Luther verstand das Bilderverbot als Teil des ersten Gebots und zählte es – anders als die Reformierten – nicht als Einzelgebot. Des Weiteren ersetzte er das Wort „Sabbat“ mit dem Wort „Feiertag“ und machte aus dem „langen Leben in Kanaan“ das „lange Leben auf Erden“. Um wieder auf die Zahl zehn zu kommen, unterteilte er das letzte Gebot („Du sollst nicht begehren ... “) in zwei Gebote.

Für Luther hatten die Gebote zwei Funktionen. Zum einen geben sie vor, was ethisch geboten ist. Zum anderen führen sie dem Menschen aber auch seine Unzulänglichkeit vor Augen. Er scheitert an den Geboten und merkt, dass er aus eigener Kraft kein gottgefälliges Leben führen kann. Ähnlich wie Paulus argumentierte Luther: Diese Erkenntnis der eigenen Unzulänglichkeit öffne den Menschen für den Glauben an Gottes Gnade (Römer 3,20f  und 3,25). Die Gebote, und unter ihnen auch die Zehn Gebote, nehmen damit einen wichtigen Platz in Luthers Lehre von der Rechtfertigung ein.

Weiterführende Inhalte und Links

  • Fragen

    Sind einige Gebote mittlerweile veraltet?

    Antwort: Nein. Das Verbot der Ehescheidung bezieht sich zum Beispiel darauf, dass Partner ihrem Eheversprechen eigentlich treu bleiben müssten. Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, verpflichtet, die alten Eltern nicht im Stich zu lassen, wenn sie Unterstützung und Pflege brauchen. Das Gebot, den Feiertag zu heiligen, gebietet, eine Pause der Ruhe und Selbstbesinnung einzulegen. Die ethische Grundaussage der Zehn Gebote, dass Menschen ihr Leben mit Blick auf Gott und mit Rücksicht auf andere gestalten sollen, wird heute in keiner Weise relativiert.

    Gleichzeitig scheitern viele Menschen an diesen hohen Ansprüchen. Ehen scheitern, die Pflege der eigenen Eltern überfordert viele – verständlicherweise, die Anforderungen des Berufs können oft nur mit Sonntagsarbeit erfüllt werden. Das Leben spielt einem oft anders zu, als es geboten erscheint. Wichtig ist daher, nicht daran zu verzweifeln oder gar zu zerbrechen, wenn man nicht allen Menschen alles recht machen kann, und sich Gottes Gnade und Güte anzuvertrauen. Gleichzeitig entbindet die Gnade und Güte Gottes die Menschen nicht davon, es dennoch zu versuchen.

  • Diskussion

    Nach christlichem Verständnis bleibt ein Verstoß gegen die Zehn Gebote auch dann schmerzlich, wenn eine Scheidung als das Beste für alle Beteiligten erscheint, wenn man die Pflege der Eltern mit den Anforderungen der eigenen Familie und des eigenen Berufs nicht verbinden kann oder sonntags Arbeit erledigen muss, die in der Woche liegen geblieben ist. Man könnte sagen: Ist doch nicht so schlimm, der liebe Gott wird es dir verzeihen. Aber gerade die Rechtfertigungslehre, die zum zentralen Bestandteil der evangelischen Bibeldeutung gehört, nivelliert nicht die Bedeutung der Gebote. Ein Mensch wird anerkennen müssen, dass er nicht vollkommen ist und dass er ethisch Gebotenes oft nicht einlösen kann. Es ist richtig, sich von dem Anspruch zu lösen, man könne alles in seinem Leben aus eigener Kraft meistern.

    Gottvertrauen heißt nach evangelischem Verständnis: Ein Mensch vertraut nicht auf sein eigenes Vermögen, alle seine Probleme zu lösen, sondern er vertraut sich Gott an. Evangelischer Glaube ist daher äußerst skeptisch gegenüber jeder Form religiöser Selbstüberschätzung, Arroganz und Selbstgefälligkeit.

  • Links