Abraham und Sara

Abraham erfährt, dass er Vater eines Sohnes werden soll: Holzschnitt von Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1874)

Abraham. Was für ein Mann, was für ein Leben! Mit Geschichten wie vom Lagerfeuer. Abraham wird in Ur in Mesopotamien am unteren Euphrat geboren. Zieht während der Unruhen, die den Zerfall des babylonischen Weltreiches begleiten, in die Nähe der heutigen syrisch-türkischen Grenze. Sein Leben ist geprägt von der Aufforderung, aus der Heimat fortzuziehen in ein noch unbekanntes Land, Elternhaus und Freunde zu verlassen.

Er bricht aus Familie und Sippe aus, gibt eine Bindung dran, die für die Menschen der alten Zeit lebenswichtig ist. Er wird damit heimat- und schutzlos. Durchquert das Land und die Wüste und gelangt auf der Flucht vor Hungersnot bis nach Ägypten. Dort gibt er seine Frau, die sehr schön ist, als seine Schwester aus. Er fürchtet, der König werde sie ihm ausspannen und ihn töten, um ihn so aus dem Weg zu räumen. Tatsächlich nimmt der Pharao Sara in sein Haus auf und macht Abraham reichlich Geschenke: Schafe und Rinder, Esel und Kamele, Knechte und Mägde. Aber dann durchschaut er den Trick und jagt ihn aus dem Land.

Abraham besitzt große Viehherden, ist ziemlich wohlhabend. So etwas kann sich schnell ändern, wenn Naturgewalten den Tieren den Nährboden entziehen. Später siedelt Abraham sich bei Hebron an, gelangt zu einiger Macht, beteiligt sich an den Kriegen zwischen den Herrschern der Regionen am Euphrat und am Toten Meer. Obwohl er noch keinen Erben hat – Kinderlosigkeit ist im Altertum ein schweres Los –, erfährt er im Traum, dass Jahrhunderte später alles Land zwischen Ägypten und Euphrat seinen Nachkommen gehören wird.

Er hält sich eine Magd als Nebenfrau, was zu Konflikten führt. Hagar, Saras persönliche Sklavin, gebärt Abraham einen Sohn. Wie auch Sara, in späten Jahren, wo dies biologisch eigentlich nicht mehr möglich ist. Ein Wunder. Doch das Glück ist trügerisch. Gott nötigt Abraham, Isaak, den er sehr liebt, zu opfern. Die kaum begreifliche Geschichte ist ein Gleichnis für eine fast übermenschliche Probe und dafür, dass Gott zurückfordern kann, was er schenkt, sogar das Liebste, was ein Mensch besitzt. Aber die unsägliche Tat wird Abraham im letzten Moment erspart. Ein Engel weist ihn an, statt seines Sohnes einen Widder zu opfern, der sich mit seinen Hörnern in einer Hecke verfangen hat. Schließlich kehrt Abraham nach Hebron zurück, wo Sara stirbt. Die Höhle, in der sie ruht, wird später auch seine Grabstätte.

Die Erzählungen von Abraham sind Zeugnisse über einen Menschen, der in einer Mischung aus Mut, Gottvertrauen und Bereitschaft zum Risiko offen für Veränderungen bleibt und eine neue Welt sucht. „Gott“, schreibt Patrick M. Arnold, „konnte sich dem Vertrauensbeweis, um den der alte Mann bat, nicht entziehen und gab ihm wirklich seinen Segen.“ Der Satz „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein“ gehört zu den geflügelten Worten der Bibel.

Abraham und Sara sind eines der drei Erzelternpaare, große Vorbilder, von denen Israel seine Geschichte herleitet. Keine Helden und Heldinnen oder gar Heilige, sondern Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen, Höhen und Tiefen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Aber sie bleiben zusammen. Sie erreichen ein hohes Alter, Symbol für ein erfülltes Leben und Zeichen der Treue Gottes.

Hans-Albrecht Pflästerer
aus: JS-Magazin – Zeitschrift der Evangelischen Kirche für junge Soldaten