Nichtinvasive Pränataldiagnostik

Ein evangelischer Beitrag zur ethischen Urteilsbildung und zur politischen Gestaltung, Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD, 2018

6. Einbindung der NIPD in einen gesellschaftlichen Ordnungsrahmen

Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen, die mit der Inanspruchnahme pränataler genetischer Diagnostik verbunden sind, ist ein gesellschaftlicher Ordnungsrahmen zu schaffen, der fundierte, reflektierte und verantwortliche Entscheidungen ermöglicht.

Aufgrund der Konflikte, in die werdende Eltern geraten können, sollte die Möglichkeit pränataler genetischer Tests in jedem Fall mit einer umfassenden Aufklärung und Beratung verbunden sein, die über die medizinischen Aspekte hinaus auch die psychosoziale und ethische Dimension umfasst. Dazu erscheint es unabdingbar, dass diese Beratung zusätzlich und unabhängig von der ärztlichen Versorgung erfolgt. Denn das Wissen um die genetischen Eigenschaften des ungeborenen Kindes verlangt bei Vorliegen eines auffälligen Untersuchungsbefundes unausweichlich eine Entscheidung der werdenden Eltern über die Konsequenzen, die aus diesem Wissen zu ziehen sind. Da sich diese Entscheidung im Fall eines Schwangerschaftsabbruchs unmittelbar auf das Lebensrecht des sich entwickelnden Kindes auswirkt, ist es notwendig, diese Perspektive in der individuellen Urteilsbildung mit zu berücksichtigen. Zwar darf nicht von vornherein unterstellt werden, dass eine Inanspruchnahme pränataldiagnostischer genetischer Untersuchungen unreflektiert und in Unkenntnis der möglichen Konsequenzen erfolgt.

Dennoch erscheint es geboten, darauf hinzuwirken, dass der Zusammenhang zwischen qualifizierter medizinischer Aufklärung, psychosozialer Beratung und genetischer Untersuchung in möglichst allen Fällen gewahrt bleibt. Das geltende Recht ist in dieser Hinsicht weiterzuentwickeln.

Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass der Zusammenhang von Aufklärung und Inanspruchnahme durch die Verfügbarkeit der NIPTs im Direct-to-Consumer-Verfahren über das Internet aufgebrochen werden könnte, insbesondere dann, wenn entsprechende Tests im Ausland durchgeführt werden. Es erscheint ungeachtet des Respekts vor der Privatsphäre der werdenden Eltern wünschenswert, dass die Übermittlung der Ergebnisse der Diagnostik in jedem Fall eingebettet bleibt in einen Gesprächskontext, in dem die Konsequenzen dieses Ergebnisses umfassend erwogen werden können.

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