Europa-Informationen, Ausgabe 153, Dezember 2016

Theologisches Schwarzbrot? - Bischof Hein spricht auf dem Gemeinsamen Jahresempfang

OKR'in Katrin Hatzinger

Auf Einladung von Prälat Jüsten vom Katholischen Büro in Berlin und Prälat Dr. Dutzmann fand am 5. Dezember 2016 in Brüssel der diesjährige Gemeinsame Jahresempfang statt. Gastredner war der Bischof der Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein. Er sprach über die Frage: "Glauben wir alle an denselben Gott? Gedanken zum Zusammenleben von Christen, Juden und Muslimen". Eine eminent theologische Frage, aber auch eine eminent politische, weil ihre Beantwortung sehr unmittelbare politische Folgen habe, so der Bischof. Sie könne aber nur theologisch beantwortet werden. Hein erläuterte weiter, dass die Frage nach dem gemeinsamen Gebet, letztlich die Frage nach dem gemeinsamen Gott sei. Die Antwort auf diese Frage habe er nach langem Überlege, nach langer Zeit der Mitarbeit an "Runden Tischen der Religionen", aber auch nach intensiven Studien reformatorischer Theologie gewonnen. Es sei ein klares "Ja, aber." "Wir beten zu demselben Gott! Aber wir tun es auf verschiedene und - was Christen und Islam angeht - auf sich gegenseitig ausschließende Weise.", so der Bischof in Brüssel.


Letztlich sei es die von allen drei Religionen betonte Abrahamskindschaft aus der heraus sich die Frage stelle, sie könne aber nicht einfach beantwortet werden. Hein plädierte dafür zu versuchen, aus der Identität Gottes heraus zu einer gemeinsamen Praxis der Versöhnung und des friedlichen Miteinanders zu finden. "Das bedeutet nicht, die Wahrheitsfrage, die hinter alledem steht, einfach auszusetzen, sondern sie zuerst für sich selbst zu klären und dann in den Dialog mit Menschen anderer Religion zu treten und dabei zu erfahren, dass diese Klärung gerade in der Begegnung weiter voranschreitet.", unterstrich er.


Für die Auffassung, dass wir zu demselben Gott beten, verwies Hein nicht nur auf das reformatorische Erbe in den Bekenntnisschriften, sondern auch auf die römisch-katholische Kirche. Die habe sich im 2. Vatikanischen Konzil in den beiden Verlautbarungen "Lumen Gentium" (1964) und "Nostra Aetate" (1965) sehr deutlich dazu positioniert. Schließlich führte der Bischof aus, dass er die "Rede vom Dreieinigen Gott" als eine Brücke zu den anderen Religionen ansehe, weil sie so eine "große innere Weite" habe und "Gott als ein in sich dynamisches personales Wesen beschreibt, das mit uns Menschen eine Geschichte hat". Diese trinitarische Weite erlaube es, andere Religionen als legitime Äußerungen der einen Gottessehnsucht zu verstehen und ihre Antworten wahrzunehmen und ernst zu nehmen.


So habe das Gespräch über die Wahrheit eine Chance und es könnte der "Gefahr eines Terrorismus der Wahrheit"  begegnet werden, den uns der Fundamentalismus jeglicher Prägung aufzwingen wolle. "Der Weg dahin ist die Praxis der Barmherzigkeit in tätiger Nächstenliebe und im Gebet - und sei es füreinander", so Hein abschließend.  


Der anspruchsvolle theologische Vortrag zu einem brisanten Thema, den Hein selbst als "theologisches Schwarzbrot" bezeichnete, stieß auf großes Interesse und mündete in einer angeregten Diskussion.

Den Vortrag von Bischoff Prof. Dr. Hein können sie hier als PDF downloaden: http://ekd.be/Vortrag_Bischof_Dr_Hein

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