Europa-Informationen, Ausgabe 153, Dezember 2016

COP 21: Blamage gerade noch abgewendet

(Damian Patting)

Wenige Tage vor dem Beginn der UN-Klimakonferenz in Marrakesch (COP 22), welche vom 07. bis zum 18. November 2016 stattgefunden hat, ist das Klimaschutzabkommen von Paris rechtlich verbindlich geworden. Das im Dezember 2015 vom französischen Staatspräsidenten François Hollande als "friedlichste aller Revolutionen" gefeierte und durch Regierungsvertreter von 195 Staaten sowie durch die Europäische Union (EU) paraphierte Klimaabkommen ist weniger als ein Jahr nach seinem Abschluss am 04. November 2016 in Kraft getreten.

Die doppelte Voraussetzung hierfür war, dass mindestens 55 Vertragsparteien, auf die insgesamt mindestens 55 Prozent der Treibhausgasemissionen entfallen, das Abkommen nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen der einzelnen Vertragspartner ratifizieren.

 Bereits am 03. September 2016 hatten die Volksrepublik China und die Vereinigten Staaten von Amerika das Abkommen ratifiziert. Die Europäische Union, als Vorreiterin im Kampf gegen den Klimawandel, drohte blamabel ins Hintertreffen zu geraten, da von den 28 Mitgliedstaaten bislang nur 18 das Abkommen ratifiziert haben, darunter Deutschland.

Für die Ratifizierung des Pariser Vertrags als gemischtes Abkommen durch die EU müssten jedoch alle Mitgliedstaaten ihre nationalen Ratifizierungsprozesse abgeschlossen haben. Der Kommissionspräsident, Jean-Claude Juncker, hatte bereits in seiner Rede zur Lage der Union im September 2016 an die Mitgliedstaaten appelliert: "Wir Europäer sind Weltführer beim Klimaschutz. Das erste rechtsverbindliche globale Klimaschutzabkommen wurde von Europa vermittelt. Die Koalition der Ambitionierten, die die Einigung in Paris erst ermöglicht hat, wurde von Europa geschmiedet. Ich fordere alle Mitgliedsstaaten und dieses Parlament auf, das ihre zu tun, und zwar in den nächsten Wochen, nicht in den nächsten Monaten".

Doch trotz dieses Appells musste für die rechtzeitige Ratifizierung durch die EU ein Sonderweg gefunden werden. Wäre das Pariser Klimaabkommen nämlich  ohne die maßgebliche Beteiligung der EU in Kraft getreten, wäre dies ein weiterer Beweis gewesen, dass die EU auf internationaler Ebene momentan nur schwer handlungsfähig ist. Zudem erhielten nur Vertragspartner des Pariser Abkommens auf der Klimakonferenz in Marrakesch ein eigenes Stimmrecht.

Wie sieht der Sonderweg nun aus? Anstatt - wie üblich bei völkerrechtlichen Verträgen - die Ratifizierung aller Mitgliedstaaten abzuwarten, billigte der Ministerrat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments im schriftlichen Verfahren am 04. Oktober 2016 den Klimavertrag. Anders als im Rahmen des normalen Verfahrens ermöglichte man so, dass die Europäische Union noch vor einem Großteil ihrer Mitgliedstaaten das Abkommen ratifizierte und somit den entscheidenden Beitrag für dessen Inkrafttreten leistete.

Denn bis zum 4. Oktober 2016 entfiel auf die 63 Staaten, die das Abkommen bis dahin ratifiziert hatten, lediglich ein Anteil von 52 Prozent des CO²-Ausstoßes. Zwar war zu diesem Zeitpunkt das erforderliche Quorum von 55 Vertragsparteien schon erreicht. Aber erst mit der Ratifizierung des Abkommens durch die EU und dank der Anstrengungen ihrer Mitgliedstaaten, die bereits die nationale Ratifizierungsprozesse durchlaufen haben, wurde auch die zweite Vertragsvoraussetzung eines Anteils von 55 Prozent der CO² Verursachungsbeiträge überschritten. 30 Tage nach der am 05. Oktober 2016 erfolgten Ratifizierung trat dann der Vertrag in Kraft.

Bis zum Ende der Klimakonferenz in Marrakesch haben inzwischen über 100 Vertragsparteien, die für über 75 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, das Pariser Klimaabkommen ratifiziert.

Die Umsetzung des Pariser Abkommens soll ihre konkrete Ausgestaltung in einer jährlichen Konferenz erfahren, welche zusammen mit den jährlichen UN-Klimakonferenzen abgehalten werden soll.

In Marrakesch traten somit die Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris zu einer ersten Tagung zusammen. Zu wesentlichen, konkreten Ergebnissen kam es aber während dieser Verhandlungen noch nicht. Man einigte sich aber auf einen Fahrplan zur Umsetzung der Klimaziele von Paris. Ein starkes Signal kam dabei von 45 Staaten, die besonders von der Erderwärmung betroffen sind. Die Mitglieder dieses Bündnisses, zu welchem auch Kenia, Ghana und Guatemala zählen, kündigten an, bis 2050 vollständig auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Intern wird sich die EU mit ihren Mitgliedstaaten darauf verständigen müssen, wie sie ihre Verpflichtungen - u.a. die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent zu senken - auf die einzelnen Mitgliedstaaten verteilt werden sollen, um sich künftig in jeder Hinsicht glaubwürdig zum Vorreiter in Klimaschutzsachen zu machen.

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