Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel Europa -Informationen Nr. 156

2018: Europäisches Jahr des Kulturerbes

Gisela de Vries (Beraterin für EU-Förderpolitik/-projekte)

Am 7. Dezember 2017 wurde beim Europäischen Kulturforum in Mailand der Startschuss für das Europäische Jahr des Kulturerbes 2018 gegeben. Das Europäische Kulturerbejahr war vom Rat der Europäischen Union 2015 auf deutsche Initiative hin vorgeschlagen und in der Folge auch vom Parlament unterstützt worden (siehe EKD-Europa-Informationen Nr. 150 und 153).

Nach einer zweijährigen Pause wird damit erneut ein europäisches Themenjahr durchgeführt. Mit solchen Themenjahren sollen vor allem Aufmerksamkeit und Sensibilität für die gesetzten Themen geschaffen werden.
Unter dem Begriff „Kulturerbe“ werden dabei kulturelle und kreative Ressourcen materieller oder immaterieller Art verstanden, deren Wert für die Gesellschaft öffentlich anerkannt wurde, damit sie für künftige Generationen bewahrt werden. Beispiele sind unter anderem: Kulturstätten, Museen, Naturschutzgebiete, literarische, musikalische und audiovisuelle Werke oder Gebräuche und Traditionen. So wurde zuletzt im Dezember 2017 Orgelbau und Orgelmusik in Deutschland in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Von besonderer Bedeutung ist das europäische Kulturerbe dabei nicht nur aus soziologischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Perspektive. In der Europäischen Union sind ca. 300.000 Menschen direkt im Kulturerbesektor beschäftigt, ca. 7,8 Millionen Arbeitsplätze hängen indirekt davon ab, zum Beispiel in den Bereichen Tourismus, Übersetzungen oder Sicherheit.

Das Europäische Jahr des Kulturerbes soll daher bei den Bürgerinnen und Bürgern Europas das Bewusstsein für seine soziale und wirtschaftliche Bedeutung schärfen, und dazu beitragen, Europas kulturellen Reichtum und kulturelle Vielfalt zu würdigen. Das Kulturerbe fördert den Austausch zwischen Menschen aller Altersgruppen aus unterschiedlichen Kulturen, Ländern und sozialen Schichten. Auf lokaler Ebene fördert es den sozialen Zusammenhalt und die Integration, es sorgt für Wirtschaftswachstum, schafft Arbeitsplätze in den Städten und Regionen und spielt eine wichtige Rolle beim Austausch Europas mit dem Rest der Welt.

Ziel des Europäischen Jahres ist es, das Kulturerbe allen Menschen zugänglich zu machen, darunter auch solchen mit besonderen Bedürfnissen oder Personen, die selten mit Kultur in Berührung kommen. Sie sollen z.B. durch digitale Medien oder durch Sonderausgaben der Europäischen Tage des Kulturerbes im Frühherbst angesprochen werden. Eine andere sehr wichtige Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche, da sie diejenigen sein werden, die in Zukunft das Erbe bewahren werden. Dazu ist geplant eine ganze Reihe von Sensibilisierungsmaßnahmen in Schulen durchzuführen oder es jungen Freiwilligen zu ermöglichen, an der Bewahrung und Restaurierung des Kulturerbes mitzuwirken.

Insgesamt wird das Jahr durch Aktivitäten auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene gestaltet. Es sind daran Akteure in allen 28 Mitgliedstaaten der EU wie auch Drittländern beteiligt.

Natürlich ist eine Projektför-derung aus Mitteln der EU keine Voraussetzung für die Teilnahme am Europäischen Jahr des Kulturerbes. Für die Durchführung des Jahres werden ohnehin keine neuen Fördergelder ausgeschüttet, sondern vielmehr bestehende Projekte, Aktivitäten und Fördermittel unter das Dach des Themenjahres gestellt. Dennoch gibt es einzelne Fördermöglichkeiten für länderübergreifende Projekte zum Thema des Kulturerbejahres aus bestehenden europäischen Fördertöpfen, insbesondere aus dem Kulturförderprogramm „Kreatives Europa“.  Auch andere europäische Förderprogramme, wie das Forschungsförderprogramm Horizont 2020, „Europa für Bürgerinnen und Bürger“, „Erasmus+“ oder „INTERREG“, können Projekte zum Kulturerbe fördern – vorausgesetzt, diese entsprechen den jeweiligen Fördergrundsätzen. Insgesamt können aus den bestehenden EU-Förderprogrammen 8 Millionen Euro aus europäischen Mitteln für die Förderung von Projekten in allen 28 Mitgliedstaaten der EU in Anspruch genommen werden. Die vergleichsweise geringe Höhe der Summe unterstreicht noch einmal, dass die Europäischen Jahre vor allem dazu gedacht sind, Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken.

Träger von Projekten zum Europäischen Kulturerbe können ihr Projekt auf der deutschen Plattform zum Kulturerbejahr, „Sharing Heritage“ (Link siehe unten) registrieren, um so ihre Sichtbarkeit zu verbessern. Unter den bereits registrierten Pro-jekten finden sich aus kirchlicher Sicht beispielsweise das Projekt „Hörst Du nicht die Glocken…“ zur Erstellung einer Klangdatenbank aller Glocken und Geläute in Deutschland durch Jugendliche (Träger: EKD, Beratungsausschuss für das Glockenwesen, Hannover) oder das Projekt „Europäische Routen der Reformation“ (Träger: Thüringer Landgesellschaft).

Link zur Plattform „Sharing Heritage“: http://www.ekd.eu/156-JBuK-Sharing-Heritage

Nächstes Kapitel