Der Bevollmächtigte des Rates - Büro Brüssel Europa -Informationen Nr. 156

Zukunft der EU: Arbeitsprogramm der Kommission 2017: „Agenda für ein enger vereintes, stärkeres und demokratischeres Europa“Erste Art. 17-Dialogveranstaltung mit Vize-Präsidentin McGuinness

Ferdinand Auwärter (Praktikant)

Die Europäische Kommission hat am 24. Oktober 2017 ihr Arbeitsprogramm für 2018 vorgestellt. Unter dem Titel „Agenda für ein enger vereintes, stärkeres und demokratischeres Europa“ sind die Initiativen zusammengefasst, mit denen die Kommission das bestehende „Window of opportunity“ nutzen will, um die Zukunft der EU zu gestalten.

Das Arbeitsprogramm orientiert sich stark an Präsident Junckers Rede zur Lage der Union vom 13.  September 2017 (siehe Leitartikel) und wird die Grundlage für die Arbeit der EU-Kommission bis zur Wahl zum Europäischen Parlament 2019 bilden.

Die positive Entwicklung bei Arbeitsplätzen, Wachstum und Investitionen in Europa möchte die Kommission mit einer nachhaltigen Wachstumsstrategie unterstützen, die auf Investments, gesunden Staatshaushalten und Strukturreformen basiert. Dazu sei es notwendig, die Verordnungen zur Verlängerung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) und über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der EU (Omnibus) zu verabschieden, die die Zusammenführung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen erleichtern würden. Trotz der positiven Entwicklung der Wirtschaft in Europa müssten besonders EU-Mitgliedsländer mit einer hohen Arbeitslosigkeit weiter unterstützt werden, etwa mit der Umsetzung der Europäischen Agenda für neue Kompetenzen, die zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit von Absolventen und Arbeitslosen beitragen soll.

Ein zentrales Anliegen bleibt die Etablierung des digitalen Binnenmarkts. Die Kommission hat dazu seit 2015 bereits 24 Gesetzesinitiativen vorgelegt. Es liege nun an Parlament und Rat, die für die Vervollständigung des digitalen Binnenmarktes dringend benötigten Richtlinien und Verordnungen auf den Weg zu bringen. Letztendlich hänge der Erfolg des digitalen Binnenmarktes vom Vertrauen der Europäer in die Fähigkeit der EU ab, sie vor den Gefahren neuer Technologien schützen zu können. Dieses Vertrauen soll u.a. durch die Einrichtung von Cybersicherheitskompetenzzentren gestärkt werden.

Ein weiteres Anliegen der Kommission ist die Vollendung der Energieunion mit einem Fokus auf vorausschauender Klimapolitik. Dazu gehöre neben der Verabschiedung der Maßnahmenpakete „saubere Energie für alle Europäer“, „Klima“ und „Europa in Bewegung“. Daneben will die Kommission den Binnenmarkt vertiefen und gerechter gestalten. Neue legislative Initiativen für die Besteuerung der Digitalwirtschaft sollen die nationalen Haushalte besser vor schädlichen Praktiken der Steuervermeidung schützen. So soll 2018 ein Vorschlag für EU-Regeln zur Besteuerung der Gewinne, die multinationale Unternehmen durch die digitale Wirtschaft erzielen, veröffentlicht werden. Zu mehr Konvergenz in Europa wird nach Ansicht der Kommission die Europäische Säule sozialer Rechte beitragen. Auch mit der Einrichtung einer europäischen Arbeitsagentur, die die Rechte der Arbeitnehmer schützen soll und der Einführung einer europäischen Sozialversicherungsnummer will die Kommission zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen.

Den größten Schritt auf dem Weg zu einer tieferen und faireren Wirtschafts- und Währungsunion plant die Kommission mit Gesetzesvorschlägen zur Umwandlung des Europäischen Stabilitätsmechanismus in einen Europäischen Währungsfonds. Dadurch soll die Kontrolle der Währungsstabilität demokratischer werden.

Außerdem soll eine eigene Euroraum-Haushaltslinie im EU-Haushalt eingerichtet werden.
Mit einer ausgewogenen und progressiven Handelspolitik soll die Globalisierung für Europa nutzbar gemacht werden. In den Verhandlungen über neue Handelsabkommen möchte die Kommission die hohen europäischen Standards verteidigen und eine Balance zwischen Offenheit und Reziprozität und der Durchsetzung von Sozial- und Umweltstandards erzielen. Die Kommission wird auch weiterhin die Modernisierung der Handelsschutzinstrumente und den Aufbau eines multilateralen Investitionsgerichts verfolgen.

Damit Europa weiterhin ein Gebiet des Rechts und der Grundrechte basierend auf gegenseitigem Vertrauen bleibe, wird die Kommission Vorschläge machen, um die Verbraucher, den Zivilschutz und die Sicherheitsunion zu stärken. Dazu gehört ein „New Deal“ für europäische Verbraucher, mit dem Verbraucherrechte gestärkt werden sollen. Daneben strebt die Kommission die Verbesserung des grenzüberschreitenden Zugangs von Strafverfolgungsbehörden zu elektronischen Beweismitteln an und plant eine Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorzuschlagen. Als Bestandteil des Kampfes gegen Terrorpropaganda und andere illegale Inhalte im Netz wird die Kommission die Zusammenarbeit mit Social-Media-Unternehmen weiterhin fördern und, falls notwendig, auch Gesetzesinitiativen dazu anstoßen.

Für eine neue Asyl- und Migrationspolitik müsse laut Kommission die bereits angestoßene Reform des Dublins-Systems und des gemeinsamen Asylsystems bis Juni 2018 priorisiert werden. Zudem soll der Visa-Kodex im Rahmen des Ausbaus des Visa Informationssystems überarbeitet werden.

Mehr Gewicht auf der internationalen Bühne soll erlangt werden, indem die Implementierung des Europäischen Verteidigungsfonds und des Vorschlags eines Entwicklungsprogramms für die Europäische Verteidigungsindustrie vorrangig behandelt werden.

Die letzte Priorität der Kommission bis 2019 ist es, eine Union des demokratischen Wandels zu initiieren. Es sei notwendig, eine rechtliche Grundlage für den letztes Jahr eingeführten Europäischen Solidaritätskorps zu schaffen und die interinstitutionelle Vereinbarung für ein verpflichtendes Transparenzregister für alle drei EU-Institutionen zum Abschluss zu bringen.

Unter den Schlagworten eines enger vereinten, stärkeren und demokratischeren Europas fasst die Kommission Initiativen zusammen, die sie 2018 starten will und welche die langfristige Entwicklung der EU bis 2025 betreffen. Ein stärker vereintes Europa bedeutet für die Kommission in diesem Zusammenhang die Erweiterung der EU auf dem Balkan. Ebenso sei der Euro als Währung der gesamten Union gedacht und solle auch mit dieser Perspektive weitergedacht werden.

Angesichts der sich stetig ändernden Anforderungen an die EU fordert die Kommission die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken. Für den kommenden mehrjährigen Finanzrahmen (MFF) werde ein Budget benötigt, das bei der Erfüllung der Ambitionen der EU helfe. Die Entscheidungsfindung im Ministerrat müsse vereinfacht werden. Daher schlägt die Kommission vor, zu überprüfen, in welchen Fällen die Möglichkeit besteht, durch „Überleitungsklauseln“ Mehrheitsentscheidungen zu fällen.

Es sollen neue Impulse gesetzt werden, damit Europa von den Bürgern als demokratischer und effektiver wahrgenommen werde. Darunter fallen die Initiative zur Schaffung eines europäischen Wirtschafts- und Finanzministers, genauso wie die Initiative zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der EU. Die Aufgaben des gerade erst geschaffenen Europäischen Staatsanwaltes sollen um den Kampf gegen Terrorismus erweitert werden.

Das Arbeitsprogramm im Wortlaut finden Sie unter: http://www.ekd.eu/156-ZdEU-AP-Link

 

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